Diskussion bei einer IHK-Veranstaltung, fotografiert von Moritz Frankenberg Diskussion beim Jahresempfang: IHK-Chefin Maike Bielfeldt, Moritz von Soden, Maike Neuenroth und Sarah Baensch (v,l,) Foto: Clemens Heidrich

Von kurzen und langen Wegen im ländlichen Raum

06. Juni 2025

Herausforderungen und Chancen im ländlichen Raum: Darum ging es in einer Diskussionsrunde beim Jahresempfang der IHK Hannover in Hildesheim. Konkret ebenso um lange Pendlerstrecken wie kurze Wege bei gemeinsamen Lösungen. 

 

Wie Optimismus geht, das machten beim IHK-Jahresempfang in Hildesheim drei Unternehmen deutlich, die im ländlichen Raum zu Hause sind. Und damit noch besondere Herausforderungen zu bewältigen müssen, um Erfolg zu haben. Welche das sind, und ob dem auch Chancen gegenüberstehen, lotete IHK-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt mit Gespräch mit zwei Unternehmerinnen und einem Unternehmer aus. 

In Aufbruchsstimmung

In Delligsen im Leinebergland, als Hidden Champion versteckt zwischen Alfeld und Einbeck, hat die Bornemann Gewindetechnik ihren Sitz. Wer deren Chef Moritz von Soden erlebt wie auf der Bühne des Hildesheimer Jahresempfangs, ahnt sofort, warum das in fast 60 Länder exportierende Unternehmen in diesem Jahr den niedersächsischen Außenwirtschaftspreis gewonnen hat. Von Soden verkörpert geradezu Aufbruchstimmung, und angesichts voller Auftragsbücher ist nicht die wirtschaftliche Lage sein „Hauptfeind“, sondern: Bürokratie. Der müsse man notfalls auch mit rabiaten Mitteln begegnen, sagt er. Aber setzt ganz pragmatisch erstmal auf die low hanging fruits, die leichten Erfolge. Und vor allem erstmal: „Ämter digitalisieren. Faxgeräte abschaffen.“

Bürokratie aber ist nun keineswegs ein Problem, dass Unternehmen im ländlichen Raum vorbehalten wäre. Manchmal sogar im Gegenteil: Kürzere Wege können helfen, sagte Maike Neuenroth, als Chefin der Neuenroth Systemgastronomie am Firmensitz in Holzminden und an sechs weiteren Standorten mit McDonald’s-Restaurants vertreten. Ein Satz, der ihr Applaus im Publikum einbrachte: Vorteil Land.

Verpackungssteuer - in Holzminden gerade abgewendet

Aber dann sind da auch Vorhaben wie die Verpackungssteuer – „zum Glück im Landkreis Holzminden gerade abgewendet.“ Neuenroth regte an, für Probleme gemeinsam Lösungen zu finden. Statt bloß Regeln vorzugeben, denn: „Wir bürokratisieren uns tot.“ Und Seitenhieb in Richtung Berlin: Im Bürokratieentlastungsgesetz komme die Gastronomie gar nicht vor. 

Dass allerdings Bürokratie von der Wirtschaft keineswegs samt und sonders über einen Kamm geschoren wird, machte Sarah Baensch von der Ölmühle Solling deutlich. Die NIS-2-Richtlinie der EU, mit der die Cybersicht verbessert werden soll, habe zwar einiges an Aufwand gekostet, ihr Unternehmen aber auch einen Schritt weitergebracht.

Fachkräfte: Immer schwieriger gerade auf dem Land

Die Ölmühle liegt in Boffzen, am westlichen Solling-Rand, zwischen Höxter und Beverungen dicht am Porzellanort Fürstenberg. Was die Gründerfamilie Baensch fort seit fast 30 Jahren herstellt, hilft bei einer Herausforderung, die – anders als die allgegenwärtige Bürokratie – vor allem den ländlichen Raum trifft: Fachkräfte. Nachhaltigkeit, Biolebensmittel, Transparenz: Das hilft, Mitarbeitende zu gewinnen. Aber aus Hannover, Göttingen, Hameln oder Paderborn nach Boffzen zu pendeln, das funktioniert für viele eben nicht auf Dauer: „Da muss man, irgendwie, etwas bieten.“

Der Delligser Moritz von Soden schlägt in die gleiche Kerbe. „Was hält die Leute, was führt sie zu uns?“ Das müsse man analysieren. Und nennt ein Ergebnis: „Klassische Hierarchie, top-down: Damit holen Sie keinen mehr ab.“

Und, natürlich, ist Ausbildung ein Faktor. Dafür sorgen gerade mittelständische Unternehmen vor Ort im ländlichen Raum: Denn schließlich, so von Soden, sorgen kleine und mittlere Unternehmen für 70 Prozent der Ausbildung in Deutschland.