Gruppe von Personen bei einer IHK Hannover Veranstaltung Sie waren beim Jahresempfang auf der Bühne: Moritz von Soden, Sarah Baensch, Karsten Krüger, Maike Bielfeldt, Gerhard Oppermann und Maike Neuenroth (v.l.).

IHK-Jahresempfang Hildesheim: Auch unter Druck nach vorne sehen

05. Juni 2025

Eine Zeit im Schwebezustand, im Ringen um Balance. Alles ist mit allem verbunden: Während sich rund 250 Vertreterinnen und Vertreter der regionalen Wirtschaft beim IHK-Jahresempfang in Hildesheim trafen, hatte Bundeskanzler Merz seinen Antrittsbesuch beim US-Präsidenten. Und dass von solchen Anlässen Schockwellen ausgehen können, ist längst klar. 

 

Die Sorge, was da über den Atlantik bis nach Niedersachsen schwappt, nahm auch IHK-Präsident Oppermann auf. Noch ohne den Verlauf des Gipfels in Washington zu kennen, über den der Spiegel online den Stoßseufzer verlor: “Was waren das noch für Zeiten, als ein Besuch eines deutschen Kanzlers oder einer Kanzlerin nicht im Livestream verfolgt werden musste.”

Präsident hält Rede auf einer Konferenz

Die erratische Wirtschaftspolitik made in USA sei risikoreich, entbehre jeder wissenschaftlichen Grundlage und konterkariere alle Erfahrungswerte der globalen Wirtschaftsordnung, machte Oppermann deutlich: “Diese Politik schafft Verunsicherung.” Und genau das braucht die Wirtschaft nicht, so der IHK-Präsident.

Auf keinen Fall weitere Bürokratie

Denn auch angesichts einer neuer politischer Konstellationen mit einer neuen Regierung im Bund und einem neuen Ministerpräsidenten im Land sind die Fragen der vergangenen Jahre immer noch akut: Energiepreise und Versorgungssicherheit, Fachkräftemangel und - auf der anderen Seite - die Möglichkeiten für die Migration von Fachkräften, ebenso Bürokratie und zu lange Genehmigungsverfahren. “Das Wort Bürokratieabbau kann der eine oder andere wahrscheinlich schon nicht mehr hören”, sagte auch der Hildesheimer IHK-Vizepräsident Karsten Krüger, aber: “Wir müssen da immer noch dringend ran!” Und auf gar keinen Falle weitere Bürokratie, betonte Krüger mit einer Klaren Absage an jegliche Pläne für eine Verpackungssteuer.  

Die Aufgaben  stehen also nach wie vor im Raum. IHK-Präsident Gerhard Oppermann sieht aber aktuell die Chance  auf einen Neustart in neuer Konstellation - im Bund, aber insbesondere auch im Land durch einen neuen Ministerpräsidenten, “mit dem uns eine lange und vertrauensvolle Zusammenarbeit verbindet.” 

Sicherheitspolitik als zentrales Anliegen

Neustart - aber gleichzeitig Zeitenwende. Eindringlich hob IHK-Präsident Gerhard Oppermann die Rolle der IHK in der neuen sicherheitspolitischen Lage hervor, die nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine entstanden ist. Cyberattacken auf Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, Drohnensichtungen, beschädigte Unterseekabel. Oppermann betonte die gesetzliche Aufgabe der IHK, die Wirtschaft im Bereich von Sicherheitspolitik, an der Schnittstelle zwischen militärischem und zivilem Bereich Unternehmenb zu beraten - “und manchmal auch wachzurütteln.” Es geht um solche Fragen: Ist ein Unternehmen geschützt gegen Cyberattacken? Wie hält man im Fall des Falles die Kommunikation mit den Mitarbeitenden aufrecht? Wer aus der Belegschaft ist überhaupt Reservist oder bei der Feuerwehr oder beim THW? “Resilienz ist vielleicht mit die größte Herausforderung in den nächsten Jahren”, so Oppermanns Mahnung. Verbunden mit Lob in Richtung Landesregierung, die einen sicherheitspolitischen Dialog einrichten will als Plattforn, auf der Politik, Verwaltung, Blaulichtorganisationen und Wirtschaft gemeinsam Lösungen suchen.

“Wir Unternehmerinnen und Unternehmer wissen aus früheren Krisen. Wir müssen uns selbst kümmern. Es wird niemand mit dem Rundum-Sorglospaket kommen. Es wird kein Staat da sein, der alle Probleme löst. Aber wir müssen uns koordinieren und gemeinsam agieren.”                                                       IHK-Präsident Gerhard Oppermann

Das alles in einer nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen Situation. IHK-Vizepräsident Karsten Krüger brach das auf die Region herunter, mit Blick etwa auf die im Raum Hildesheim stark vertretene Automobilindustrie: Die werde, trotz einzelner positiver Beispiele, mit voller Wucht getroffen. Er äußerte insbesondere die Hoffnung, dass der Hildesheimer Bosch-Standort erhalten bleibt. 

Gesamtattraktivität einer Region entscheidet

Aber auch unter Druck richtet Krüger den Blick nach vorn. Entscheidend sei die Gesamtattraktivität eines Raumes: “Dringend benötigte Fachkräfte entscheiden sich nicht nur für ein Unternehmen, sondern auch für oder gegen eine Region.” Bezahlbare Wohnungen sind ein Faktor, hier habe sich in Hildesheim zuletzt einiges getan, so der IHK-Vizepräsident, machte aber ebenso deutlich: Es gibt noch Luft nach oben. “Die Schaffung attraktiver Baugebiete würde letztlich auch wieder der regionalen Bauwirtschaft und dem Handwerk zugutekommen”, sagte Krüger.

Vizepräsident hält Rede auf einer Konferenz
IHK-Vizepräsident Karsten Krüger. Fotos (3): Clemens Heidrich

Standortfaktor Bildung

Die hohe Qualität des Bildungssektors mit Schulen und Hochschulen in Hildesheim und Holzminden sei ist ein absoluter Standortvorteil von Hildesheim und Holzminden. Und abgesehen von der Bedeutung für den Fachkräftenachwuchs: “Ich würde mir wünschen, dass wir die Hochschulen noch stärker in das städtische Leben einbinden können.” Hier sieht Krüger auch einen Ansatzpunkt zur Revitalisierung der Innenstädte. Bitter nötig: Mit Blick auf Hildesheim wies er darauf hin, dass es noch immer keine sinnvolle Nachnutzung der ehemaligen Kaufhof-Immobilie gebe. Nötig seien neue Ideen und Offenheit für für unkonventionelle Ansätze - und das nicht nur, um Innenstädte attraktiver zu machen. Karsten Krüger: “Wir müssen weg vom Inseldenken und unsere Region gemeinsam voranbringen.” 

Rückblick auf den IHK-Jahresempfang Hildesheim in Bildern und im Video.