IHK-Blitzumfrage: Zolldeal belastet regionale Wirtschaft - Unsicherheit bleibt
06. August 2025 | von Klaus PohlmannBeitrag aktualisiert am 15. August mit den Ergebnissen der Umfrage für Niedersachsen insgesamt.
Nach dem Zolldeal zwischen der EU und den USA erwarten über 70 Prozent der exportiertenten Unternehmen im Bereich der IHK Hannover mit Belastungen im weltweiten Geschäft. Bei Firmen mit direktem US-Verbindungen fällt die Einschätzung noch drastischer aus: 90 Prozent rechnen mit negativen Auswirkungen der aktuellen US-Handelspolitik. Damit entspricht die Einschätzung in die IHK-Region Hannover ziemlich genau der in Niedersachsen ingesamt. Nach den von der IHK Niedersachsen (IHKN) veröffentlichten Zahlen spüren neun von zehn Unternehmen im US-Geschäft bereits jetzt negative Auswirkungen. Zwei Drittel erwarten weitere Belastungen.
IHKN-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt: „Die Stimmung der niedersächsischen Unternehmen mit US-Geschäft verschlechtert sich zusehends. Fast 60 Prozent rechnen mit deutlichen Handelsrückgängen. Das ist bei den USA als unserem drittwichtigsten Exportmarkt eine dramatische Entwicklung."
Unsicherheit eben nicht beseitigt
Bielfeldt weist noch ein auf anderes Ergebnis der Umfrage unter rund 400 niedersächsischen Unternehmen hin: Aus Sicht der Unternehmen gibt es auch nach der jüngsten Vereinbarung keine verlässliche Grundlage. “Besonders problematisch ist, dass die Einigung im Zollstreit die Unsicherheit nicht beseitigt hat”, so die IHKN-Hauptgeschäftsführerin. Gut 80 Prozent der Unternehmen sehen das so, verbunden mit der Sorge vor neuen Zöllen.
Besonders betroffen sind die Bereiche Maschinenbau, Metallindustrie, Chemie und Kunststoffe, Elektronik und die Fahrzeugindustrie.
Die zusätzlichen Kosten durch die Zölle wollen die niedersächsischen Unternehmen überwiegend ganz (63 % ) oder zumindest teilweise (23 %) an die US-Kunden weitergeben. Nur 14 Prozent geben an, die Zollkosten selbst tragen zu müssen, bei entsprechend verringerter Marge. Insgesamt werden aus Sicht der IHKN die neuen Zölle deshalb in den USA die Inflation beschleunigen.
Schranken auf dem Binnenmarkt beseitigen
Parallel zu der Abwärtsentwicklung im US-Geschäft richten die Unternehmen ihren Blick zunehmend auf andere Märkte. Der EU-Binnenmarkt wird dabei besonders häufig (71 %) als Ziel genannt. Maike Bielfeldt beklagte allerdings die hier nach wie vor bestehenden Schranken: Der Binnenmarkt sei noch nicht in dem Zustand, den sich Unternehmen erhoffen. "Das ist die drängende Aufgabe für die EU: die Geschäftstätigkeit auf dem Binnenmarkt zu erleichtern. Dann kann es gelingen, einen Teil des wegbrechenden US-Geschäfts aufzufangen,“ sagte die IHKN-Hauptgeschäftsführerin.
Niedersächsische Unternehmen exportierten im Jahr 2024 Waren und Dienstleistungen im Wert von 7,3 Mrd. Euro in die USA. Hauptexportgüter waren Fahrzeuge und Kfz-Teile (insgesamt 2,8 Mrd. Euro), Maschinen (1,2 Mrd. Euro) sowie Chemische Erzeugnisse (737 Mio. Euro).
Unter den Märkten, die angesichts der US-Handelspolitik aus Sicht der niedersächsischen Unternehmen Bedeutung gewinnen, liegt die Region Asien/Pazifik - ohne China - auf Rang zwei. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Asean-Staaten. Deshalb hat die IHK Hannover eine Webinarreihe zu wichtigen Asean-Staaten aufgelegt.
Mit Blick auf die weiter bestehende Unsicherheit angesichs der US-Handelspolitik erklärte Mirko-Daniel Hoppe, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Hannover: „Die Europäische Union ist in den kommenden Wochen gefordert, weiter zu verhandeln.“ Wichtig sei jetzt für die Unternehmen zumindest eine ausreichende Planungssicherheit, da noch nicht garantiert scheine, ob der aktuelle Kompromiss Bestand habe.
Unternehmen wollen Zollkosten möglichst weitergeben
In der Umfrage kündigten rund 60 Prozent der Unternehmen an, die Zollkosten direkt an ihre Kundschaft weiterzugeben und weitere 27 Prozent planen das zumindest anteilig. Mit der Sorge, künftig Marktanteile in den USA einzubüßen, richtet sich die regionale Exportwirtschaft stärker auf andere Märkte: Insbesondere der stabile EU-Binnenmarkt (41 %), Asien/Pazifik (33 %), Süd- und Mittelamerika (21 %), aber auch Kanada (16 %), China (14 %) und die EFTA-Staaten Großbritannien, Schweiz, Island und Lichtenstein (28 %) haben zugelegt.