Eisenbahnschienen auf einer grünen Wiese unter dramatischem Himmel Foto: Pixabay/Larisa-K

Streiflicht, die Freitags-Kolumne: Was bringt's digital?

08. August 2025 | von Klaus Pohlmann

Da entwickelt sich ja sowas wie ein 6. Sinn, morgens, unter den Pendler und Pendlerinnen in Deutschland. So ein Ziehen im Hinterkopf: Besser mal die Zugverbindung prüfen, in diesem Fall: die S-Bahn.

Oberleitungsstörung. Aha, deshalb das komische Gefühl. Aber, zum Glück, die Bahn um drei nach sieben soll ja pünktlich fahren. 

So meldet es auch noch die Anzeige am Bahnsteig. Gut. Und so steht es auch noch um 20 nach sieben angeschlagen. Der Verdacht keimt auf: Mit pünktlich wird es nix. In der Bahn-App ist der Zug übrigens schon verschwunden. Wahrscheinlich, weil die App glaubt, er würde fahrplanmäßig fahren. Jede Wette: Das macht er nicht.

Zwischendurch wird dann noch mal angezeigt, der der Zug um drei nach sieben eine halbe Stunde später fahren soll, im Abstand von einer Minute zum nächsten. Oder umgekehrt. Da braucht man keinen Computer: Das wird nicht klappen. Und so kommt es auch.

Und dann auch noch die Plastikstimme, die in gleichmäßig-gleichgültigem Ton Dinge verkündet, denen man entweder nicht traut oder die schon überholt sind.

Das alles ist digital. Und kein Fortschritt. Wie wünscht man sich die genervte, menschliche Ansage zurück, die einfach sagt: „Oberleitungsstörung. Keine Ahnung, wann es weitergeht. Tut mir leid für Sie, und ich bin auch genervt.“ Das würde schon helfen.

Aber irgendwer kommt bestimmt auf die Idee, dass man so eine menschelnde Stimme auch künstlich erzeugen kann. Wahlweise mit Akzent aus dem Ruhrgebiet oder aus Berlin. Ein Fortschritt allerdings wäre auch das nicht. Und vor allem kommt man auch nicht pünktlicher an. Digitalisierung hin oder her: Sie muss schon was bringen. Sonst ist es nur der Anstrich von Modernität und jede Verbesserung. (pm)