Sidy Diop hat Freude an seinen Unternehmen in seinem Geburtsland Senegal. Mindestens zwei Mal im Jahr kommt er aber auch nach Deutschland. Foto: Henning Scheffen

Sidy Diop: Erfolgreich in zwei Welten

01. August 2025 | von Georg Thomas

Ein Zufall führte ihn zurück in den Senegal, wo er mit 61 Jahren als Unternehmer richtig aktiv ist: Sidy Diop. In Hildesheim machte er sich als langjähriger Transnorm-Geschäftsführer einen Namen.

 

Geboren und aufgewachsen im Senegal, studiert und gearbeitet in Deutschland und dann ungeplant zurück in das westafrikanische Land: Es ist vielleicht das einzige Problem, für das Sidy Diop keine Lösung hat. Im Senegal bleibt er immer „der Deutsche“ und hierzulande „der Senegalese“. Dabei habe er mehr Zeit seines Lebens in Deutschland verbracht als in seinem Geburtsland, sagt der Unternehmer, von dem man nicht annehmen würde, dass er wirklich 61 Jahre alt ist.

Viele Menschen gerade im Raum Hildesheim dürften Sidy Diop noch als Kopf der Harsumer Transnorm kennen. Diop hat im Jahr 2000 bei dem Unternehmen als Ingenieur begonnen und 2012 die Geschäftsführung übernommen. In den Jahren nach der Jahrtausendwende wurde aus dem 50-Mann-Betrieb ein führender Anbieter von Transportsystemen, die in rund 300 Flughäfen weltweit in der Gepäckabfertigung  zum Einsatz kommen. 2018 wurde Transnorm für einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag an Honeywell verkauft. „Ich schied dann 2019 auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen aus“, sagt Diop, der als Geschäftsführer selbst auch an Transnorm beteiligt war.

Heute lebt Sidy Diop wieder in dem Ort, in dem er 1964 geboren wurde und sein Abitur machte – in Diourbel, einer Großstadt 150 Kilometer östlich der senegalesischen Hauptstadt. Die Rückkehr in sein Geburtsland war nie geplant. Es war ein Zufall. „Covid ist schuld“, sagt Diop selbst und lächelt. Er war im Urlaub, als wegen der Pandemie alle Grenzen geschlossen wurden. Und dann habe er sich gefragt, wieso er nicht einfach im Senegal bleibe – aber nicht, um einen ausgedehnten Urlaub oder den Vorruhestand dort zu verbringen. „Ich wollte mich mit meinem Know-how einbringen und dem Land etwas zurückgeben“, sagt Diop, der sich in zwei Ländern zu Hause fühlt. Seine Kinder leben in Deutschland und im Senegal.

Sein erstes Projekt: Er kaufte das Gelände einer alten Müllkippe mitten im Zentrum von Diourbel und machte aus dem Schandfleck eine beliebte Grünanlage. Mit Unterstützung der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), einer der deutschen Institutionen für Entwicklungshilfe, gründete er ein Ausbildungszentrum für Technik: Daaratech. Diop nutzte ganz bewusst das Wort „Daar“, das in einer im Senegal weit verbreiteten Sprache für Schule steht. „Das sollte vertrauensbildend wirken.“ Aufgrund der Kolonialzeit seien viele Senegalesen skeptisch, wenn es heißt, sie sollten etwas lernen. Das erfolgreiche Ausbildungszentrum ist Teil seines nachhaltigen Gewerbegebiets Eco-Park. In seiner Unternehmensgruppe Sidio Group hat er all‘ seine Geschäftsfelder zusammengeführt. Die zwei großen Standbeine bilden das Agrarbusiness (Afrago) und Baol Invest. In der Agrarwirtschaft arbeitet er auch als Berater für die Regierung des Senegals, weswegen er häufig anderthalb Stunden Auto in die Hauptstadt fährt. Zudem berät er gern deutsche Unternehmen oder NGOs beim Start im Senegal oder anderen Ländern. Deswegen hat er sein Knowhow auch gern bei der ersten norddeutschen Wirtschaftskonferenz Afrika eingebracht, die Ende Juni in der IHK Hannover stattfand. 

Aber wie kam Sidy Diop überhaupt auf die Idee, in Deutschland zu studieren? Er hatte sich in mehreren europäischen Ländern um ein Stipendium beworben – und sogar mehrere Gesellschaften mit seinem Können überzeugt. Sein Vater hatte im Zweiten Weltkrieg gegen Deutschland gekämpft und dennoch habe er keine Einwände gegen ein Studium seines Sohnes in Deutschland gehabt. Vielleicht habe er ihm sogar dazu geraten. Der heute 61-Jährige setzte sich im Auswahlverfahren der Carl Duisberg Gesellschaft gegen mehr als hundert Bewerber durch und begann 1987 nach Sprachkursen und Praktika sein Maschinenbau-Studium in Lübeck. Später arbeitete er für mittelständische Unternehmen und den VW-Konzern. Mit Wolfsburg verbindet er aber auch die Erinnerung an einen rassistischen Angriff auf ihn und seine Frau. „Idioten gibt es leider überall“, sagt er heute. Angesichts der vielen Krisen der heutigen Zeit betont er immer die Gemeinsamkeiten. „Wir sind alles Menschen. Und wir leben alle in einer Welt“.

Beitrag im Vorfeld der 1. Norddeutschen Wirtschaftskonferenz Afrika in Hannover (22.5.2025)