Blick vom Meer auf Dakar, die Hauptstadt des Senegals. Foto: Jana/ stock.adobe.com

Von Sittensen in den Senegal

22. Mai 2025 | von Dirk Redent & Georg Thomas

Über den Export von Fahrzeugen zur eigenen Niederlassung in Westafrika: Wie dem Nutzfahrzeughändler Alga der Eintritt in den Senegal gelungen ist.

Der Senegal gilt seit Jahren als ein wirtschaftlicher Hoffnungsträger Westafrikas. Mit einem durchschnittlichen BIP-Wachstum von rund sechs Prozent vor der Pandemie und einer wirtschaftlichen Erholung im vergangenen Jahr bietet das Land attraktive Rahmenbedingungen – nicht zuletzt dank seiner stabilen politischen Lage, einer stabilen Währung (CFA-Franc) und der strategischen Lage am Atlantik als Tor zu weiteren westafrikanischen Märkten. 

„Im Senegal und anderen afrikanischen Märkten wächst die Nachfrage nach robuster, zuverlässiger Technik“, sagt Horst Gaßmann, Inhaber und Geschäftsführer der Alga GmbH & Co. KG aus Sittensen. Das niedersächsische Unternehmen handelt seit mehr als fünf Jahrzehnten mit neuen und gebrauchten Nutzfahrzeugen, Bussen und Baumaschinen und ist im Service-, Ersatzteil- und Reifengeschäft tätig. Im Senegal ist Alga seit vielen Jahren aktiv. Angefangen hat es mit dem Export von Fahrzeugen. Das Geschäft hat sich dann immer mehr auch auf den Dienstleistungsbereich ausgedehnt. „Wer langfristig erfolgreich sein will, muss mehr bieten als nur Produkte. Präsenz und Service vor Ort sind unerlässlich, denn die Nähe zum Kunden ist oft entscheidend für den Kauf. Besonders die zunehmende wirtschaftliche Präsenz Chinas in Afrika verdeutlichte, dass ein dauerhafter Marktzugang und die Begleitung von Kundenprojekten in Afrika eine eigene Betriebsstruktur vor Ort erfordern“, sagt Gaßmann. Als sich dann vor drei Jahren die Möglichkeit ergab, eine lokale Firmenstruktur eines deutschen Exportunternehmens in Nigeria und Malawi zu übernehmen, musste Alga nicht lange überlegen. Im gleichen Jahr entstand die eigene Gesellschaft im Senegal.

 „Die afrikanischen Länder mit stark wachsender Bevölkerung und entsprechender Infrastruktur und zunehmender Urbanisierung benötigen leistungsfähige Transport- und Baufahrzeuge. Als Partner auf Augenhöhe bringen wir hierfür nicht nur die Technik, sondern auch Know-how und Engagement mit - in Zukunft auch vor Ort“, erklärt Gaßmann. Neben seiner Niederlassung investiert das niedersächsische Unternehmen auch mit in den Aufbau eines 65 Hektar großen Industrieparks in der Region Diourbel, die etwa 100 Kilometer von der Hauptstadt Dakar entfernt liegt. Nachhaltigkeit soll im ECO-Industrie und Service Center Park groß geschrieben werden, in dem 500 neue Arbeitsplätze und ein Ausbildungszentrum entstehen sollen. Laut dem Unternehmer gebe es für weitere Investoren noch Möglichkeiten sich einzubringen. Für Gaßmann ist das Projekt in Diourbel eine Herzenssache: „Afrika liegt vor unserer Haustür. Den Senegal kann man sogar mit dem Auto oder einem LKW noch erreichen. Das haben viele gar nicht auf dem Schirm. Man spürt, dass die junge Bevölkerung des Landes Fortschritte erreichen wolle. Dies erinnert mich an Deutschland vor 50 Jahren.“

Zu den wichtigen Unterstützern beim Aufbau des nachhaltigen Industrieparks im Senegal gehört auch der Unternehmer Sidy Diop. Der in Deutschland ausgebildete Ingenieur war lange Vorstandsvorsitzender des Transportsystemherstellers Transnorm. Schon lange vor der Übernahme des Harsumer Unternehmens durch Honeywell kehrte er in seine Heimat zurück und baute Firmenstrukturen auf. Zunächst war Diop im lokalen Handel mit Kleidung tätig, es folgte die Herstellung von Crushed Ice – ein begehrtes Produkt in der Region. Nach und nach erweiterte er das Portfolio seiner Sidio Group um die Vertretung deutscher Marken wie Burnus (Kosmetik) und Köster (Bauchemie). Und auch im Aufbau und der Montage von Gepäckförderanlagen in verschiedenen afrikanischen Ländern wurde er unternehmerisch tätig. Diese Erfahrungen legten dann auch den Grundstein für die Gründung des Ausbildungszentrums Darratec, das Diop zusammen mit der GIZ nun in den neuen Industriepark integrieren möchte. Es wird im Rahmen der Sonderinitiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) „Invest for Jobs“ unterstützt.  

Sidy Diop (6.v.l.) mit den Mitarbeitenden seiner Crushed-Ice-Produktion und Faruk Aksoy (5.v.l.), einem Geschäftspartner. Foto: Alga
Sidy Diop (6.v.l.) mit den Mitarbeitenden seiner Crushed-Ice-Produktion und Faruk Aksoy (5.v.l.), einem Geschäftspartner. Foto: Alga

Heute ist die Sidio Group breit aufgestellt: Sie investiert nicht nur in die Nahrungsmittelproduktion (Reis und Ölverarbeitung), sondern auch in Stadtplanungs- und Umweltprojekte. So hat sie eine alte Mülldeponie saniert und zu einem Landschaftspark umgebaut. Auch im Agrarsektor engagiert sich Sidy Diop. Als Berater des senegalesischen Agrarministeriums arbeitet er an der Einführung lokal verankerter Agrargenossenschaftsmodelle – inspiriert von den Prinzipien, die schon im 19. Jahrhundert in Deutschland erfolgreich waren: Selbsthilfe, Kooperation und wirtschaftliche Teilhabe in ländlichen Regionen. 

„Was wir brauchen, sind langfristige Kooperationen, die vor Ort wirken – wirtschaftlich und gesellschaftlich“, sagt Diop. „Genau hier liegt auch das Potenzial des Industrieparks, in dem moderne Technik, Wissenstransfer und echtes Engagement auf lokale Erfahrung und Strukturen treffen.“

Norddeutsche Wirtschaftskonferenz Afrika am 19. Juni

Am 19. Juni findet in der IHK Hannover die 1. Norddeutsche Wirtschaftskonferenz Afrika statt – mit dabei sind auch Sidy Diop und Marc Hasenclever von Alga. Die Konferenz bringt norddeutsche Unternehmen mit afrikanischen Partnern, Institutionen und Marktkennern zusammen. Das Ziel: Anknüpfungspunkte für Kooperationen schaffen. Mehr Informationen und eine Anmeldemöglichkeit finden sich auf der IHK-Website