
Klimawandel: KWS - Schritt halten
04. August 2025 | von Georg ThomasBeim Klimawandel steht die Landwirtschaft besonders im Blick. Mittendrin Saatgutspezialist KWS in Einbeck. Vorstandschef Dr. Felix Büchting im Interview.
Vor welche Herausforderungen stellt der Klimawandel ein Saatzuchtunternehmen wie KWS?
Felix Büchting: Der Klimawandel verändert die Landwirtschaft grundlegend. Für uns als führendes Pflanzenzüchtungsunternehmen bedeutet das: Wir müssen Sorten entwickeln, die unter immer schwierigeren Bedingungenzuverlässig Erträge liefern – sei es bei Hitze, Trockenheit oder Starkregen. Gleichzeitig verschieben sich Anbauzonen, was zusätzliche Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit unserer Sorten stellt. Auch Krankheiten und Schädlinge breiten sich durch veränderte Klimabedingungen schneller aus. Unsere Aufgabe ist es, solche Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und unsere
innovative Züchtung darauf auszurichten. Diese Antizipation ist unverzichtbar, wenn man bedenkt, dass die Entwicklung einer neuen Sorte zwischen acht und zwölf Jahren dauert.
Wie sehen Sie angesichts dieser Herausforderungen Ihre Verantwortung?
Büchting: Kernaufgabe der Landwirtschaft ist es – auch vor dem Hintergrund klimatischer Veränderungen - ausreichend und qualitative hochwertige Nahrung für eine wachsende Weltbevölkerung ressourcenschonend zu produzieren. Die Pflanzenzüchtung ist ein Schlüsselfaktor bei der Bewältigung dieser Herausforderungen.
KWS sieht sich in der Verantwortung, durch innovative Pflanzenzüchtung einen
Beitrag zur Ernährungssicherheit und zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel zu leisten.
Benötigt werden Sorten, die unter wechselnden Bedingungen gedeihen, sowohl in
trockenen Jahren als auch in Jahren mit größeren Mengen an Niederschlag. Trockenstresstoleranz ist daher nie das einzige Kriterium – Pflanzengesundheit durch Resistenzen gegen Krankheiten und Schaderreger und Ertragsstabilität sind ebenso gleichwertige Züchtungsziele
Der Juli kam mit Hitzerekorden in Europa: Der Wandel scheint sich zu beschleunigen. Wie können Sie dem begegnen
Büchting: KWS begegnet dieser Entwicklung mit einem klaren Fokus auf Forschung und Innovation. Dabei nutzen wir modernste Technologien wie KI-gestützte Datenanalyse und Klimasimulationen in Gewächshäusern und Klimakammern. Ein konkretes Beispiel ist auch unsere eigene „PhenoFactory“, mit der wir das komplexe Merkmal „Trockenstress“ in Pflanzen untersuchen. In diesem von KWS entwickelten Robotersystem wird das äußere Erscheinungsbild der Pflanzen vollautomatisiert exakt vermessen und analysiert, um den Einfluss von Umweltfaktoren, aber auch gene-tischen Ressourcen der Pflanze zu erfassen.
Zudem testen wir unsere Sorten immer auch im Feld, sprich unter realen Bedingungen – bei einem trockenen Sommer in Deutschland muss auch unser Zuchtmaterial im Feld mit diesen Bedingungen zurechtkommen. Wir können somit direkt sehen, welches Material dafür besser und weniger gut geeignet ist.
Unsere internationale Aufstellung ermöglicht zudem unter anderem kontrasaisonale Züchtungsarbeiten – heißt, wenn auf der europäischen Halbkugel Winter herrscht, können wir beispielsweise in Chile Sorte unter sommerlichen Bedingungen testen und andersherum.
Wie wirkt sich das auf das Unternehmen aus, etwa auf die Forschungsausgaben, aber auch auf das Geschäft insgesamt?
Büchting: Innovationen sind der Schlüssel, um die Herausforderungen der Landwirtschaft zu meistern. Deshalb investiert KWS als Pflanzenzüchter einen signifikanten Anteil des Gesamtumsatzes in Forschung und Entwicklung – im vergangenen Geschäftsjahr mehr als 325 Mio. Euro.
Das zeigt sich auch in unserer Belegschaft: Rund ein Drittel unserer Mitarbeitenden ist im Bereich Forschung und Entwicklung tätig
Die Fragen stellte Klaus Pohlmann.
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