Kritisches Gegenüber: Avatar aus dem Präsentationsvideo der BBS Wilhelmshaven. Foto: Pohlmann

Kritische Kompetenz: KI-Preise für Berufsschulen

04. Dezember 2025 | von Klaus Pohlmann

In Hannover wurden jetzt sieben niedersächsische Berufsschulen für ihre KI-Projekte ausgezeichnet. Immer dabei im Blick: Medienkompetenz und verantwortungsvoller Umgang mit Künstlicher Intelligenz.

 

Wenn sich eines durch die Projekte der sieben mit dem KI-Innovationspreis ausgezeichneten zieht, dann dies: Wie geht man verantwortungsvoll mit Künstlicher Intelligenz um? Das gilt nicht nur für die drei, die zum Thema Demokratieförderung eingereicht wurden. Sondern auch für die KI-Projekte, die zusammen mit Partnern aus der Wirtschaft gemacht wurden und in denen es um konkrete Anwendungen ging.

KI-gestützte Kennzahlenanalyse an der BBS Einbeck

Zum Beispiel die BBS Einbeck. SAP4School trifft KI, so die Projektverantwortliche Anja Post: Kennzahlenanalyse, gestützt auf künstliche Intelligenz, gedacht für angehende Industriekaufleute, mit realistischen Trainingsdaten. Die kamen von der Global Bike Deutschland GmbH, einem virtuellen Unternehmen aus dem SAP-Umfeld. Aus dem richtigen Leben war das Beratungsunternehmen BA Business Advice GmbH mit im Boot. 

Vortrag bei der IHK mit Post und Döring am Rednerpult
Anja Post und Schulleiter Renatus Döring von der BBS Einbeck. Foto: Pohlmann

Wie wird eine KI trainiert, wie geht man mit den Ergebnissen um, und zwar datenschutzkonform? Für dieses Projekt, das aus Sicht auch der Jury Technik und Praxis verbindet, gab es für die BBS Einbeck den KI-Innovationspreis. Gefördert werden soll aber auch ausdrücklich die kritische KI-Kompetenz. Schulleiter Renatus Döring schlug bei der Preisverleihung die Brücke zur Demokratieförderung: „KI ist nur so lange großartig, wie wir in einer Demokratie leben.“ 

Wobei sich die Berufsschule Einbeck auf einige Erfahrung stützt, wenn es um Vermittlung von Digitalisierungswissen geht. Renatus Döring sieht das aktuelle Projekt im Rahmen einer Digitalisierungsstrategie. Dazu gehört auch, dass die BBS seit einigen Jahren iPad-Schule ist, das Apple-Tablet als verbindliches Unterrichts- und Lernmittel eingesetzt wird. 

Auch bei den anderen beiden ausgezeichneten Projekten im Bereich Wirtschaft ging es neben dem konkreten Ergebnis ganz wesentlich um Medienkompetenz und einen sorgsamen Umgang mit Künstlicher Intelligenz. An der BBS II in Celle etwa entwickelten Schülerinnen und Schüler eine KI-basierte Sortieranlage für Zahntechnik. Eine Frage hier: Welche Daten sind eigentlich erforderlich, um Künstliche Intelligenz zu trainieren?

Und die Berufsschule Wilhelmshaven erhielt den Preis für einen Chatbot, der vertragsrechtliche Fragen beantworten kann. Themen im Projekt unter anderem: Warum KI Fehler macht, warum sie nie menschliche Entscheidungen ersetzen darf, warum Datenschutz wichtig ist. Nicht KI ist das Problem, sondern die Kompetenz im Umgang damit, hieß es bei der Preisverleihung. 

Diskutieren lernen mit KI

Damit ist man schon nahe dran am zweiten Themenschwerpunkt: Demokratieförderung. Der Rhetorik-Trainer, der an der BBS I in Delmenhorst entwickelt wurde, trainiert zum Beispiel nicht in erster Linie Redegewandtheit, sondern Dialog, den kritischen Austausch von Argumenten. Und er hilft, auf der Grundlage von ChatGPT mit einem an der Schule entwickelten umfangreichen Prompt, Fake-Argumente zu erkennen. 

Auch die „Schnackbar“ der BBS Wechloy Oldenburg hat KI-gestütztes Kommunikationstraining im Angebot. Und das nicht nur mehrsprachig, sondern auch mittels VR-Brille immersiv: Die Schülerinnen und Schüler können in die Situation eintauchen, nicht nur in berufliche Dialoge. Schulleiter Oliver Pundt hob dabei insbesondere die Möglichkeiten eines KI-gestützten Unterrichts hervor: Gleichzeitig lernen, aber auf jeden Einzelnen abgestimmt mit individueller, ki-gestützter Rückmeldung. 

Nach Cloppenburg gingen gleich zwei Preise: Die BBS am Museumsdorf nutzt KI zur Stärkung der kritischen Medienkompetenz: Analyse digitaler Fußabdrücke, Erkennen von Fake News, Umgang mit ethischen Fragestellungen. Und die BBS Technik erhielt den Sonderpreis des Bündnisses Duale Berufsausbildung Niedersachsen, und zwar für die Entwicklung und Implementierung BBS Technik Cloppenburg: Entwicklung und Implementation einer Support-KI auf der Website eines Unternehmens.

Duale Ausbildung: Beweglich und zukunftsfähig

Der KI-Innovationspreis für Berufsschulen wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal vergeben, erneut in der IHK Hannover. „Duale Ausbildung ist beweglich. Duale Ausbildung ist zukunftsfähig.“ Das sagte bei der Preisverleihung Silke Richter, Abteilungsleiterin Berufliche Bildung & Fachkräfte der IHK sowie Jury-Mitglied des KI-Preises. „Mit diesem Preis machen wir auch das Engagement und die hohe Motivation der Lehrkräfte an den Berufsbildenden Schulen sichtbar“, sagte Richter, die auch schulpolitische Sprecherin der IHK Niedersachsen ists.

„Die Berufsbildenden Schulen in Niedersachsen packen beim Thema KI tatkräftig an“, so Kultus-Staatssekretär Stephan Ertner. Es sei beeindruckend, wie Schülerinnen und Schüler Künstliche Intelligenz nutzen, um komplexe Probleme zu analysieren und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Und: „Angesichts der Verbreitung von Fehlinformationen durch KI ist es besonders erfreulich, dass Künstliche Intelligenz auch zur Stärkung der Demokratie eingesetzt werden kann.“

Digitale Transformation gestalten

Staatssekretär Matthias Wunderling-Weilbier vom Wirtschaftsministerium betonte: „Ich sehe große Chancen, die niedersächsische Wirtschaft durch den Einsatz von KI zu stärken. Damit dies gelingt, bedarf es vor allem auch gut ausgebildeter Fachkräfte, die mit den Anforderungen der digitalen Transformation nicht nur Schritt halten, sondern sie aktiv gestalten können.“

Der KI-Innovationspreis ist mit jeweils 5000 Euro dotiert, der Sonderpreis des Bündnisses Duale Berufsbildung mit 2000 Euro. Die ausgezeichneten Projekte werden auch der IdeenExpo in Hannover im kommenden Jahr vorgestellt.

Gruppenfoto einer Veranstaltung des Niedersächsischen Kulturministeriums
Alle Preisträgerinen und Preisträger mit IHK-Vertreterin Silke Richter (2.v.r.) sowie den Staatssekretären Matthias Wunderling-Weilbier (6.v.r.) und links neben ihm Stephan Ertner. Foto: Pohlmann