Während der langen Trockenperiode im September 2018 war die Sösetalsperre im Harz nur noch zu knapp 30 Prozent gefüllt. Foto: Harzwasserwerke

Harzwasserwerke: Zwischen den Extremen

30. Juli 2025 | von Georg Thomas

Die Harzwasserwerke wollen mit verschiedenen Maßnahmen den Herausforderungen infolge des Klimawandels begegnen. Im nächsten Jahr sollen dazu Ergebnisse von Machbarkeitsstudien vorliegen. 

 

Drei Tage Dauerregen sorgten im Juli 2017 für ein Hochwasser, das die Menschen in Bad Salzdetfurth, Groß Düngen und weiteren Orten im Landkreis Hildesheim bis heute nicht vergessen haben. Die Schäden an Häusern und Infrastruktur konnten die sechs Talsperren der Harzwasserwerke mit ihrem Gesamtspeichervolumen von 187 Millionen Kubikmetern Wasser zwar nicht verhindern – ohne sie wäre die Lage damals aber wohl noch dramatischer geworden. 

Technischer Geschäftsführer Hendrik Rosch im Büro
Hendrik Rösch, Technischer Geschäftsführer der Harzwasserwerke

Hochwasser ist kein neues Phänomen – bereits beim Bau der ersten Talsperren im Westharz in den 1930er Jahren ging es neben der Trinkwassergewinnung und -speicherung auch darum, das Niederschlagswasser aus dem regenreichen und früher schneereichen Mittelgebirge zurückzuhalten und Überflutungen entlang der Flüsse zu verhindern. 

Erst trocken, dann viel zu nass

Neu ist, dass die Extreme zunehmen: Nach dem regenreichen Sommer 2017 folgten viele Monate mit weniger Niederschlägen als üblich, sodass die Harzwasserwerke im Sommer 2018 von einem Trockenjahr sprachen. Die Sösetalsperre, Trinkwasserspeicher im Süden des Harzes, war damals beispielsweise nur noch zu 36 Prozent gefüllt. Und auch im Folgejahr blieb es bei geringen Niederschlägen und ziemlich leeren Talsperren. 
„Die Veränderungen des Klimas haben wir seit Jahren verfolgt. Aber diese Abfolge der Extreme in kurzer Zeit hat den Klimawandel für uns das erste Mal so richtig sichtbar und greifbar gemacht“, sagt Hendrik Rösch, Technischer Geschäftsführer der Harzwasserwerke.

Deswegen rief das Unternehmen 2019 das Klimawandel-Projekt „Energie- und Wasserspeicher Harz“ ins Leben: Dabei erforschten die TU Clausthal, die TU Braunschweig sowie die Hochschule Ostfalia, wie sich wie sich das System der Harzwasserwerke und der Harz mit seinen multifunktionalen Aufgaben im Bereich der Wasserwirtschaft und des Energiesystems an den Klimawandel anpassen können. Das Ziel war es, Erkenntnisse zu gewinnen, um konkrete Maßnahmen zur Sicherung des Geschäfts und der Aufgaben der Harzwasserwerke zu erarbeiten. Das Land Niedersachsen unterstützte das Forschungsprojekt mit 1,6 Mio. Euro aus EU-Fördermitteln.

Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass durch den Bau neuer Talsperren, Überleitungen zwischen bestehenden Talsperren und den Umbau und Nutzung von bereits vorhandenen Bauten bis zu 90 Millionen Kubikmeter Wasser mehr im Harz gespeichert werden könnten. Aus den Ergebnissen wählten die Harzwasserwerke vier Ideen aus, die in Machbarkeitsstudien noch genauer untersucht werden:

  1. Erhöhung der Staumauer der Granetalsperre: Dadurch könnte die Kapazität erhöht werden, wodurch beispielsweise noch längere Trockenperioden ausgestanden oder Hochwasser zurückgehalten werden könnten. 
  2. Obere Innerstetalsperre: Beim Bau der Talsperre wurde auf Drängen der damaligen Bundesbahn auf eine inzwischen aufgegebene Bahntrasse Rücksicht genommen. Nun soll geprüft werden, ob durch den Bau eines zweiten Staudamms ein oberes Becken gebaut werden kann.
  3. Hochwasserschutz Goslar: Es sollen Möglichkeiten näher geprüft werden, um größere Wassermassen aus dem Gefahrenbereich in die Granetalsperre zu leiten, um den Schutz der Stadt zu verbessern.
  4. Pumpspeicherkraftwerk an der Okertalsperre: Ein nicht mehr genutzter Steinbruch oberhalb der Talsperre könnte zusammen mit der Talsperre als Pumpspeicherkraftwerk und so auch als Energiespeicher dienen.

In dem Forschungsprojekt war auch der Bau einer neuen Talsperre im Siebertal bei Herzberg als Möglichkeit vorgeschlagen worden – eine Idee, die die Harzwasserwerke aber nicht ernsthaft in Betracht ziehen. Neben den möglichen Kosten von deutlich mehr als 100 Mio. Euro würde wohl auch eine Genehmigung an Widerständen scheitern. „Ich halte den Neubau einer Talsperre im Siebertal weder für gesellschaftlich konsensfähig noch für ökologisch vertretbar“, sagt Geschäftsführer Hendrik Rösch.

Trockenheit in der Innerstetalsperre mit rissigem Boden und Herbstlandschaft
Die Innerstetalsperre in der letzten Trockenperiode vor wenigen Jahren. Foto: Harzwasserwerke

Hilfe vom Land wird nötig sein
Mit den Ergebnissen der Machbarkeitsstudien rechnen die Harzwasserwerke im kommenden Jahr. Allerdings ist schon jetzt klar, dass der Wasserversorger bei einer möglichen Umsetzung auch auf die Hilfe vom Land angewiesen sein wird. Mit einem Umsatz von etwa 80 Mio. Euro pro Jahr seien viele Projekte für die Harzwasserwerke ­einfach nicht zu finanzieren. Aktuell investiert das Unternehmen rund 30 Mio. Euro pro Jahr in die Instandhaltung seiner Talsperren.

Hoffnung macht den Harzwasserwerken, dass aktuelle Studien besagen, dass trotz Klimawandel die Summe aller Niederschläge in etwa gleich bleibe. „Die Ausschläge werden extremer, aber es wird weiterhin im Einzugsbereich der Talsperren regnen“, sagt Rösch. Allerdings tat es das auch zuletzt eher selten. In Clausthal-Zellerfeld war das Frühjahr 2025 das trockenste seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr 1857. Dort fielen nur 65 Liter pro Quadratmeter. Der Füllungsgrad aller Talsperren lag Ende Juli bei 52 Prozent – und damit weit unter dem langjährigen Mittelwert von 69 Prozent.

Die Harzwasserwerke sind Niedersachsens größter Trinkwasserversorger

Die Harzwasserwerke wurden 1928 gegründet. Vom größten Trinkwasser­versorger in Niedersachsen beziehen täglich zwei Millionen Menschen Wasser aus dem Harz. Die Gesellschafter der Harzwasserwerke sind seit der Privatisierung im Jahr 1996 zum überwiegenden Teil auch deren Kunden. So zählen nicht nur die Stadtwerke aus Göttingen, Hildesheim, Wolfsburg, Braunschweig und Bremen zu den Abnehmern, sondern auch eine Vielzahl kleinerer Kommunen in Niedersachsen.

Internetseite der Harzwasserwerke