Wirtschaft trifft Politik mit klaren Erwartungen: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat sich bei seiner Rede beim Auftakt der IHK Hannover für niedrigere Energiekosten, Planungssicherheit und weniger Bürokratie ausgesprochen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil fand beim Auftakt der IHK in Hannover deutliche Worte: „Dieses Jahr muss das Jahr der Trendwende werden“. Eine neue Bundesregierung muss wieder mehr Vertrauen und Planungssicherheit aufbauen, sodass Unternahmen auch wieder investieren und der Investitionstau aufgelöst werde. „Wir müssen weg von der Einzelfallprüfung, hin zu wirksamen klaren Anreizen für Investitionen“, sagte Weil. „Eine gesunde Wirtschaft ist die Grundlage für eine gesunde Gesellschaft“.
Weil bekräftigte, dass er ganz klar dafür ist, alles dafür zu tun, dass unser Land ein Industrieland bleibt.
Die Wettbewerbsfähigkeit für die großen Unternehmen – und natürlich auch die vielen Kleinen – zu sichern und zu erhalten, sieht der Ministerpräsident daher als unheimlich wichtige Aufgabe, als „Leitmaxime“ an.
Netzentgelte müssen gesenkt werden
Weil machte deutlich, dass die Energiekosten nach wie vor ein Problem für die Wirtschaft darstellten, insbesondere die gestiegenen Netzentgelte. Es gehörte daher zu den wichtigen Aufgaben einer neuen Bundesregierung, die Netzentgelte zu stabilisieren, in einem zweiten Schritt sie zu senken und langfristig einen Weg der Finanzierung wie bei anderen Infrastrukturprojekten zu finden. Aus Sicht des Ministerpräsidenten dürfe dies auch gern vor der Bundestagswahl geschehen, da man doch wisse, dass es einige Zeit brauche, bis eine neue Bundesregierung solche Vorhaben umsetzen könne. „Bei der Absicherung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft sollten wir keine Zeit verlieren“, sagte Weil.
Stephan Weil sprach sich zudem dafür aus. mehr Großspeicher für Strom in Niedersachsen aufzubauen, der aus Wind- oder Solarenergie gewonnen wurde. Aktuell würden jährlich 3 Mrd. Euro an Kosten für sogenannten Überstrom entstehen, wenn Anlagen abgeregelt werden müssten. Auch im Hinblick auf die Dunkelflauten, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, hofft der Ministerpräsident so, das Geld anders und sinnvoller ausgeben zu können.
Staatsreform gegen die Überregulierung
Im Hinblick auf die „Überregulierung in allen Lebensbereichen“ sprach sich Stephan Weil für eine Staatsreform aus. Alle Vorgänge müssten „einfacher, schneller, günstiger“ werden anstatt kompliziert und teuer.
Die niedersächsische Landesregierung habe sich das Herzen genommen und bei der Novelle der Niedersächsischen Bauordnung umgesetzt, bei der vieles vereinfacht und digitalisiert worden sei, sagte Weil. Geplant sei noch eine weitere Novelle. Zudem plane die Landesregierung Unternehmen stärker miteinzubeziehen, wenn neue Gesetze geplant werden. Es soll „Praxischecks geben, bevor wir neue Regeln setzen“, erklärte Weil. Zudem sollten Fördermittel einfacher und unbürokratischer über die NBank vergeben werden.
Niedersachsen sei dabei Energieland Nr. 1 zu werden
Weil verwies auch auf die Erfolge, die Niedersachsen beim Aufbau einer Energiewirtschaft gemacht hat. „Wir sind dabei das Energieland Nr. 1 in Deutschland zu werden“. Neben den Wirtschaftszweigen Industrie, dem Agribusiness erwachse die Energiewirtschaft zu einem weiteren wichtigen Sektor, der so zu einer zukunftssicheren, belastbaren Wirtschaftsstruktur des Landes beitrage.
Als Beispiel für den großen Handlungsbedarf, den es aktuell im Land gibt, verwies Ministerpräsident Weil auf die Bauwirtschaft und die extrem niedrige Zahl neuer Baugenehmigungen und ebenso niedrige Zahl der Fertigstellungen.
Podiumsdiskussion mit Dr. Kai Schiefelbein und Maike Bielfeldt
Was braucht die Wirtschaft, um wieder in die Spur zu kommen, wurde Dr. Kai Schiefelbein, Vorsitzender der Geschäftsführung der Stiebel-Eltron-Gruppe, zu Beginn der Diskussion gefragt. Und der Unternehmer aus Holzminden zählte sogar vier Punkte auf, die es aus seiner Sicht anzugehen gilt. Deutschland müsse erkennen, dass es ein Einwanderungsland ist, es brauche politische Stabilität und eine Halbwertzeit von Gesetzen über eine Legislaturperiode hinaus, die Wirtschaft brauche zudem Finanzierungsinstrumente, die auch antizyklische Investitionen ermöglichen und natürlich Entbürokratisierung – ein Thema, bei dem sich beim Auftakt alle einig zeigten.
Dr. Schiefelbein berichtete, dass Stiebel Eltron inzwischen seit dem Jahr 2022 seinen Wareneingang am Stammsitz Holzminden erweitern möchte. Er rechne damit, dass in wenigen Wochen endlich die Baugenehmigung vorliege. „In zwei Jahren baut man in Osteuropa ein ganz neues Werk“, bemerkte der Unternehmer.
IHK-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt sprach sich für eine Renaissance der Sozialen Marktwirtschaft aus. „So wie bisher darf es auf jeden Fall nicht weitergehen“, sagte Bielfeldt, die in diesem Zusammenhang die Idee von Ministerpräsident Weil für eine Reform der Verwaltung unterstützte. Die IHK-Chefin rief die Unternehmen auch dazu auf, unnötige Bürokratie zu melden. Die IHK hat dazu im vergangenen Jahr einen neuen Bereich auf ihrer Internetseite geschaffen.
Bielfeldt machte deutlich, dass ein wirksamer Abbau von Bürokratie nur im Rahmen einer gemeinsamen Anstrengung gelingen könne und dass man bei der erfolgreichen Digitalisierung in der Verwaltung „auch liebgewonnene Aufgaben“ einmal kritisch hinterfragen müsse.