
Zeitenwende in den Köpfen
09. April 2025IHK-Präsident Gerhard Oppermann kommentiert:
"Innerhalb weniger Wochen wurden jahrzehntelang geltende Gewissheiten weggerissen. Der Freihandel als Grundlage für Wohlstand, die Verlässlichkeit von Verträgen, die Anerkennung von Rechtsnormen. Und vor allem das Vertrauen in gemeinsame Werte.
Verwirrung ist zur Methode geworden. Unternehmen erfahren morgens von neuen Zöllen, die abends erstmal ausgesetzt werden. Welche Märkte übermorgen noch erreichbar sind, welche Lieferketten Bestand haben, ist kaum absehbar. Nicht nur das trifft die Wirtschaft, sondern auch die zunehmende globale Unsicherheit, die als düstere Wolke über den Menschen hängt.
Es ist eine Zeitenwende ohne Rückkehr, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Darauf muss sich die Wirtschaft, müssen sich Unternehmen, jeder und jede Einzelne einstellen. Es muss in den Köpfen ankommen. Und Jeder, Jede wird sich in dieser neuen Welt selbst hinterfragen müssen: Was muss ich bei mir ändern? Welchen Beitrag kann – oder muss – ich leisten?
Zwar ist es gut, wenn die Politik milliardenschwere Signale sendet. Aber nur, weil mehr Geld für Verteidigung da ist, wird Ihre Unternehmens-IT nicht sicher. Eigeninitiative ist gefragt.
In den Plänen, wie sie seit 2022 erarbeitet werden, spielt die Wirtschaft bei der Sicherheit unseres Landes eine wesentliche Rolle – umso mehr, je ernster die Bedrohung wird. Norddeutschland, unsere Region, wird für die Logistik eine entscheidende Rolle spielen. Unternehmen werden davon nicht nur betroffen sein, sondern unterstützen müssen: Können Sie das leisten? Wobei tatsächlich noch unklar ist, was genau auf die Wirtschaft zukommt.
Die IHK Hannover wird einen neuen Schwerpunkt genau bei diesen Fragen setzen und sich mit der Verteidigungswirtschaft insgesamt beschäftigen. Das gab es seit den 80er Jahren nicht mehr.
Angesichts dieser Aufgaben darf man aber auch nicht vergessen, dass die Wirtschaft in Niedersachsen, in Deutschland insgesamt noch vor ganz anderen Herausforderungen steht: Das Konjunkturtal überwinden, einen Ausweg aus der Strukturkrise finden, manche sagen: Ein neues, wohlstandserhaltendes Geschäftsmodell entwickeln. Ganz abgesehen davon, dass Klimawandel, Demografie oder Digitalisierung als große Aufgaben bleiben.
Unternehmen haben immer wieder bewiesen, dass sie solche Herausforderungen bestehen können. Dazu muss man sie aber lassen. Die Wirtschaft braucht Freiräume und Freiheiten: Beides gehört nicht nur zu unserer freiheitlichen, marktwirtschaftlichen und zugleich sozialen Grundordnung. Beides ist auch notwendig, um sie zu verteidigen. Heute mehr als selten zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik."