
IHK-Kommentar: Hybride Bedrohung
01. August 2025Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Hannover, kommentiert:
"Kaum zu glauben, doch im letzten Jahr waren laut Bitkom vier von fünf deutschen Unternehmen Ziel von Cyberangriffen,
Spionage oder Sabotage. Der Schaden geht in die Milliarden. Aber das ist es nicht allein. Denn hinter diesen Attacken stehen nicht nur kriminelle Organisationen, sondern immer öfter staatliche Stellen anderer Länder. Wir sehen uns einer wachsenden hybriden Bedrohung gegenüber.
Mehr und mehr Unternehmen, etwa aus der Energieversorgung oder Telekommunikation, stellen sich auf mögliche Krisenlagen ein. Sie definieren Zuständigkeiten, investieren in IT-Sicherheit und Zutrittskontrollen oder schulen ihre Mitarbeitenden. Resilienz rückt zunehmend in den Fokus unternehmerischer Verantwortung. Gleichzeitig ist sie mit Aufwand und Kosten verbunden – insbesondere kleine und mittlere Unternehmen stehen hier vor besonderen Herausforderungen. Es braucht politische Unterstützung, um entsprechende Maßnahmen umzusetzen.
Ebenso richtig wie überfällig ist der Kurswechsel in der Sicherheitspolitik. Die angekündigten Investitionen in die militärische Verteidigungsfähigkeit sind notwendig, um die Bündnisfähigkeit Deutschlands zu erhalten und um Abschreckung zu gewährleisten. Finanzbedarf gibt es natürlich auch an anderen Stellen. Aber Sicherheit ist eine unverzichtbare Grundlage für die Wirtschaft.
Die Verteidigungswirtschaft wiederum benötigt Planungssicherheit: langfristige Aufträge, verlässliche und unbürokratische Beschaffungsprozesse sowie klare Aufträge an die Forschung. Niedersachsen, mit seinen starken Wissenschaftsclustern und Standorten der relevanten Industrie, profitiert schon jetzt. Ebenso wichtig ist das Zusammenwirken staatlicher Ebenen, die Krisenszenarien aus der Zeit des Kalten Krieges in die Zukunft übersetzen müssen. Nur durch ein Zusammenspiel zwischen Bund, Land und Kommunen, Wirtschaft, Zivilschutz, Militär und Gesellschaft kann das gelingen. Mit der Ankündigung des Sicherheitspolitischen Dialogs Niedersachsen hat Ministerpräsident Olaf Lies ein positives Signal gesendet. Bisher ist es bei dieser Ankündigung geblieben. Aber Zeit ist ein knappes Gut. Jetzt müssen alle an einen Tisch: Die Wirtschaft ist bereit, ihren Beitrag zu leisten.
Sicherheit ist ein existenzielles Thema wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Dringende Schritte hin zu mehr Resilienz für Wirtschaft und Gesellschaft müssen jetzt gegangen werden. Denn die Wirtschaft gerät nicht morgen ins Fadenkreuz – dort steht sie schon heute."