Eine der Stärken Hannover: Digitalisierung in der Medizin - ein großes Thema der KnowledgeMove-Premiere. Foto: Photovision-DH Gmbh/hannoverimpuls

KnowledgeMove: Forschung für die Wirtschaft sichtbar machen

20. Juni 2025 | von Klaus Pohlmann und Barbara Dörmer

Premiere in Hannover: Die KnowledgeMove bot einen Streifzug durch die hannoversche Wissenschaftslandschaft. Zum Beispiel Medizin, Optik, Fertigungstechnik, Energie - und immer verbunden mit der Frage, wie Spitzenforschung für die Wirtschaft nutzbar wird. Die Initiative zur Konferenz kam von Hannoverimpuls. Die Niedersächsische Wirtschaft war dabei. 

 

Es ist kein leichtes Ziel, das sich Doris Petersen gesetzt hat. „Wir möchten mit der KnowledgeMove ein möglichst adäquates Bild unserer Wissenschaftslandschaft zeigen“, sagte die Chefin der Wirtschaftsfördergesellschaft Hannoverimpuls. Und weist fast im gleichen Atemzug auf allein 80 Studiengänge an der Leibniz-Universität und 70 an der Hochschule Hannover hin. Hinzu kommen im Wissenschaftsbetrieb der Landeshauptstadt unter anderem die Schwergewichte Medizinische Hochschule und die Tierärztliche Hochschule.

Symbol der KnowledgeMove 2025.

Die KnowledgeMove ist eine neue Veranstaltung, ein Konferenzformat, getragen von Hannoverimpuls, der Leibniz-Uni, der Hochschule Hannover und unterstützt von vielen weiteren Institutionen, darunter die IHK Hannover sowie die „Niedersächsische Wirtschaft“ als Medienpartnerin. Natürlich wäre es leichter gewesen, sich auf einzelne Gebiete zu konzentrieren, erklärte Petersen bei der Premiere. Aber ganz bewusst habe man sich für die Vielfalt entschieden, obwohl das die Sache eben nicht leichter mache.

Es geht, darauf deutet schon der Name hin, um Wissenstransfer von der Forschung in die Wirtschaft. Wobei Prof. Dr. Volker Epping, Präsident der Leibniz-Universität Hannover, gleich präzisierte: Nicht die Einbahnstraße, also den bloßen Transfer wolle man erreichen, sondern vielmehr den Austausch mit der Wirtschaft. 

Podiumsdiskussion bei Hannover Impuls mit Teilnehmern
Diskutierten zum Auftakt der KnowledgeMove: Prof. Martin Grotjahn (Hochschule Hannover), Doris Petersen (Hannoverimpuls), Moderatorin Lis Blume und Prof. Volker Epping (Leibniz-.Uni). Foto: Photodivision-DH GmbH/Hannoverimpuls

Was Prof. Dr. Martin Grotjahn, Vizepräsident der Hochschule Hannover, umgehend bekräftigte: Schließlich heißen die ehemaligen Fachhochschulen heute Hochschule für angewandte Wissenschaft, was die Einrichtung unmittelbar an der Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft verortet. So Grotjahn. 

Rund 200 Teilnehmede zählte die Premiere. Als Veranstalterin sieht Doris Petersen, Geschäftsführerin von Hannoverimpuls, Potenzial für die Zukunft: „Die große Resonanz zeigt: Es gibt einen echten Bedarf an diesem Austauschformat." Petersen wünscht sich weitere, regelmäßige Auflagen der KnowledgeMoive mit mit wechselnden Jahresthemen und weiteren Partnerorganisationen.

Forschung, Ausgründung, Zusammenschlüsse: An nahezu 30 Einzelbeispielen wurde bei der KnowledgeMove Mitte Juni einen ganzen Tag lang die Wissenschafts-DNA der Region Hannover gezeigt. Bei aller Vielfalt standen aber dann noch vier Themengebiete im Mittelpunkt: Nachhaltigkeit, Gesundheit, Infrastruktur, Digitalisierung. Im Themenraum „Digitale Innovationen und Gesundheit“ reichten die Beiträge von KI-basierter Entscheidungsunterstützung über Gefäßprothesen aus dem 3D-Drucker bis hin zu Erfahrungsberichten, die die Fallstricke und Erfolgsfaktoren von Technologietransfer zeigten. Hier weitere Beispiele:

 

Corlife – Ausgründung der MHH 

Eine Ausgründung aus der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist „Corlife“. Das 2006 in Hannover gegründet Unternehmen entwickelt innovative Implantate für das Herz und das Gefäßsystem und ist heute der führende Anbieter von zellfreien kardiovaskulären Allotransplantaten in Europa. Vorläufer des Unternehmens war ein Labor, in dem Prof. Dr. Axel Haverich, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax, Transplantations- und Gefäßchirurgie der MHH, Technologien zur Dezellularisierung von Transplantaten auf Gefäße und Herzklappen anwendete. Dr. Michael Harder, Geschäftsführer der Corlife oHG, erläuterte, wie zellfreie Herzklappentransplantate eine natürliche Alternative zu herkömmlichen Prothesen bieten. Das Unternehmen bearbeitet Gewebespenden, um sie für ein breites Spektrum von Patientinnen und Patienten verträglich zu machen. Diese zellfreien Herzklappentransplantate haben etwa gegenüber Herzklappen aus Carbon den Vorteil, dass sie nicht klappern. Diese Transplantate seien jedoch sehr teuer, so der Mediziner, und würden vor allem bei jungen Menschen von den Krankenkassen bezahlt.

 

Anomalie-Detektion

Prof. Dr. Bodo Rosenhahn arbeitet am Institut für Informationsverarbeitung der Leibniz Universität Hannover und ist Direktor des auf KI und digitale Transformation spezialisierten Forschungszentrums L3S. Der studierte Informatiker skizzierte, wie es möglich ist Anomalien - etwa in der Produktion – zu erkennen. Mit sogenannten Normalizing-Flows ist es möglich, Produktionsanlagen zu optimieren und zu verhindern, dass die Produktion unterbrochen werden muss. Das KI-Service Zentrum KISSKI bietet hier einen niederschwelligen Zugang an.

 

Hulls: Forschung zur Stadtentwicklung

Da lohnt sich mal eine Abkürzung: Hulls steht für Hannover-Hildesheim Urban Living Lab for Sustainability. Und dahinter verbirgt sich ein Forschungsprojekt zur nachhaltigen Stadtentwicklung, konkret vor Ort in einem hannoverschen Stadtteil. Dabei werden verschiedenste Themen verknüpft, etwa Bebauung, Versorgung, Mobilität. Als Kooperationsprojekt weist Hulls über die Region hinaus: Vorgestellt wurde das Projekt bei der KnowledgeMove durch Prof. Dr. Maylin Wartenberg von der Hochschule Hannover zusammen mit Prof. Dr. Till Böttger von der HAWK, der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst mit den Standorten in Hildesheim, Holzminden und Göttingen. 

 

Optisch industriell anwendbar machen

Zu den Aushängeschildern der hannoverschen Forschungslandschaft gehört die Optik. Unter anderem seit vielen Jahren mit dem Laser Zentrum Hannover. Dr. Moritz Hinkelmann arbeitet ist dort an einem Projekt, das vom Land und von der Volkswagenstiftung gefördert wird. Es geht darum, räumlich und technische aufwendige Technologien für die industrielle Anwendung tauglich zu machen – „sie auf einen Chip zu bringen“, wie Hinkelmann erklärte: kleiner, energieeffizienter und für die Massenproduktion geeignet. 

 

Kulturerbe unter Wasser schützen

Nochmal Optik und Laser: Im europaweiten Projekt Nerites – so heißt in der griechischen Mythologie der Wagenlenker des Meeresgottes Poseidon – geht es darum, im Meer versunkenes Kulturgut zu schützen. Aus Hannover kommt eine Lasertechnik, dies es ermöglicht, Veränderungen zu erfassen. Zum Beispiel an Schiffswracks: Ein Pilotstandort ist Fournoi in der Ägäis, wo vor einigen Jahren fast 60 zum Teil antike Wracks entdeckt wurden – die höchste Dichte, so der im Laserzentrum für Nerites zuständige Dr. Marcel Rieck. Bedeutung einer solchen Technik für die Wirtschaft? Das Vorgängerprojekt Robust nutzte die Lasertechnik zur Rohstoffanalyse.

 

 IHK-Angebote für den Wissenstransfer 

Christian Treptow, Innovationsexperte der IHK Hannover. Foto: Barbara Dörmer

Christian Treptow, Experte für Innovation, Forschung und Transfer bei der Industrie- und Handelskammer Hannover, die die KnowledgeMove unterstützt hat, skizzierte, wie die IHK ihre Angebote für den Transfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft organisiert und Projekte dadurch in die Umsetzung kommen. Die „IHK-Praxistour Industrie 4.0“ zeige seit 2016 praxisnah und kompakt neue Möglichkeiten, technische Entwicklungen und Anwendungen in einem kleinen Teilnehmerkreis. Das von der IHK mit Partnern angebotene Format biete eine Gelegenheit, aktuelle Entwicklungen mit anderen Fach- und Führungskräften aus Unternehmen sowie Expertinnen und Experten zu diskutieren. Im Gesprächskreis „Lean" treffen sich hauptsächlich Fachleute aus dem produzierenden Gewerbe zum Informations- und Erfahrungsaustausch über Erfolge und Probleme auf dem Weg hin zu einer „schlanken" Produktion und effizienteren Abläufen der indirekten Bereiche.