Interview bei einer Konjunktur-Pressekonferenz mit NDR-Mikrofon IHK-Konjunkturumfrage: Maike Bielfeldt vor der Presse in Hannover.

Konjunktur: Quälend langsam

14. Juli 2025 | von Klaus Pohlmann

Die Aufwärtsbewegung ist minimal, und die gerade erst eingeläutete nächste Runde im Verwirrspiel um die US-Zölle ist dabei noch nicht berücksichtigt: Die Konjunktur in Niedersachsen bleibt in der Flaute und erholt sich nur sehr langsam. Das ergab die aktuelle IHK-Umfrage.

 

Nicht gut, immerhin nicht mehr so schlecht: Für den IHK-Konjunkturklimaindikator ging’s um drei auf jetzt 92 Punkte nach oben. Er bleibt damit weiter ziemlich deutlich unter dem langjährigen Mittel von 102. Aktuell sieht IHKN-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt die wirtschaftliche Entwicklung an einem neuralgischen Punkt. Auf der einen Seite nimmt die Wirtschaft erste Reformen nach dem Regierungswechsel wahr. Dagegen stehen aber auch Enttäuschungen, etwa bei den Unternehmen, die nicht von der Stromsteuer entlastet werden. Ihre Geschäftslage beurteilen weiterhin mehr Unternehmen ihre Geschäftslage mit schlecht als mit gut – „anders als erwartet“, so Bielfeldt.  

Vor allem aber steht nach aktuellem Stand möglicherweise erst Anfang August fest, wie hoch die US-Zölle und mögliche Gegenmaßnahmen der EU ausfallen. Die jüngsten Ankündigungen aus dem Weißen Haus gingen noch nicht in die IHK-Umfrage ein. 

Andererseits: Bereits von Zöllen betroffene Unternehmen haben schon reagiert. Und nach dem Wirrwarr der vergangenen Monate ist auch ungewiss, ob Unternehmen sich von bloßen Ansagen noch beeindrucken lassen. Dass Zölle kommen, gilt als wahrscheinlich. Verhandeln sei richtig, so Maike Bielfeldt. Aber für die Wirtschaft stehe im Vordergrund, endlich Klarheit zu haben.

Sie sprach sich auch dagegen aus, eigene Zollschranken aufzubauen, wenn durch die amerikanische Außenhandelspolitik Warenströme nach Europa umgeleitet werden. „Das entspricht nicht unseren Vorstellungen von Freihandel“, so Bielfeldt. Vielmehr sprach sie sich dafür aus, wie Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu verbessern, insbesondere über die Kosten.

Interessant auch dieses Stimmungsbild: Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine werden aus den Daten der IHK-Umfrage die Geschäftslage der Investitionsgüterindustrie und der energieintensiven Industriezweige - etwas Chemie, Glas, Metallerzeugung oder Papier und Pappe – gegenübergestellt. Nachdem die energieintensiven Branchen lange deutlich schlechter abschnitten, ist der Abstand heute wieder auf den Punkt genau so wie Anfang 2022 – nur dass die Lage in beiden Sektoren heute deutlich negativer ausfällt als vor gut drei Jahren.

Bei den meisten erfragten Indikatoren zeigt sich ein ähnliches Bild: Die schlechten Beurteilungen überwiegen weiterhin, sind aber leicht zugunsten der positiven Stimmen zurückgegangenen. Das gilt etwa für die erwartete Geschäftslage, aber auch für die Auftragseingänge der Industrie.

Auch die nach wie vor unterdurchschnittlichen Exporterwartungen niedersächsischen Unternehmen haben sich leicht aufgehellt. Aber hier ist das Ende noch offen, solange in den USA die künftig geltenden Zölle noch nicht festgelegt wurden. Allerdings haben viele Unternehmen bereits reagiert, suchen neue Märkte in Lateinamerika, Asien und insbesondere Indien und zunehmend auch in Afrika, so IHKN-Hauptgeschäftsführerin Bielfeldt. 

In dieser insgesamt eher mauen Situation geben immerhin zwei Trends Anlass zu gewissem Optimismus: Sowohl die Investitions- als auch die Beschäftigungspläne der Unternehmen haben sich zuletzt vergleichsweise deutlich nach oben entwickelt. Besonders positiv stechen dabei die Hersteller von Investitionsgütern heraus.

Insgesamt ist der dringend benötigte Befreiungsschlag für die Wirtschaft noch nicht in Sicht. Bielfeldt verwies auf die OECD-Prognosen, die Deutschland für 2025 als Schlusslicht sieht. 

„Wir brauchen einen echten Stimmungswechsel“, sagte die IHKN-Hauptgeschäftsführerin Mitte Juli in Hannover. Abgesehen von der unwägbaren Zollproblematik viele Themen aber schon seit langem ungelöst auf dem Tisch: Bürokratie, Fachkräftemangel, Energiepreise gehören dazu. Die Top-Konjunkturrisiken aus Sicht der niedersächsischen Wirtschaft sind neben den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen die Inlandsnachfrage und gleichauf die Arbeitskosten, außerdem Fachkräftemangel sowie Energie- und Rohstoffpreise.

Hier muss die Politik aus IHK-Sicht auch die Hebel ansetzen: Bezahlbare Energie für alle steht weiterhin ganz oben auf der Liste des unbedingt Notwendigen. Außerdem: „Wir brauchen einen grundsätzlichen Vorrang für Infrastrukturinvestitionen, so wie es die niedersächsische Landesregierung für Funkmasten und Glasfasernetze anstrebt“, so Maike Bielfeldt. Mehr unternehmerische Freiheit durch weniger Bürokratie, mehr digitale Prozesse in der Verwaltung – „sowie echte Strukturreformen in der Sozialversicherung, um die hohen Lohnnebenkosten wieder in den Griff zu bekommen.“ 

Konjunkturumfrage der IHK NIedersachsen