
Körperliche Gewalt rechtfertigt fristlose Kündigung
14. Oktober 2025 | von Hendrik TilheinSchon ein Stoß oder Tritt kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen - eine Abmahnung ist in solchen Fällen nicht erforderlich. Und das auch, wenn keine erhebliche Gewalt angewendet wird. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen (LAG) vom 25. August 2025, in dem es um eine Tätlichkeit gegenüber einem Vorgesetzten ging.
Im konkreten Fall nutzte ein Arbeitnehmer während der Arbeitszeit sein privates Smartphone, obwohl dies ausdrücklich verboten war. Als der Gruppenleiter ihn darauf ansprach, reagierte der Arbeitnehmer aggressiv. Er rief „Hau ab hier!“, stieß den Vorgesetzten gegen die Schulter und trat nach ihm. Der Vorfall wurde per Video dokumentiert. Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin den Arbeitnehmer außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Das Arbeitsgericht hielt die Kündigung zunächst für unverhältnismäßig, da keine Abmahnung vorausging.
Das LAG Niedersachsen hingegen sah dies anders und betont in seinem Urteil: Körperliche Übergriffe am Arbeitsplatz zerstören das Vertrauensverhältnis so gravierend, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar ist. Selbst wenn keine erhebliche Gewalt vorliegt, reicht bereits ein Stoß oder Tritt aus, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Eine Abmahnung ist in solchen Fällen nicht erforderlich, da Arbeitnehmende nicht erwarten dürfen, dass Arbeitgebende körperliche Übergriffe tolerieren. Gewalt am Arbeitsplatz gefährdet nicht nur das direkte Verhältnis zwischen den betroffenen Parteien, sondern auch den Betriebsfrieden insgesamt.
Dieses Urteil zeigt, dass bereits geringfügige Übergriffe das Arbeitsverhältnis sofort beenden können. Zwar bezieht sich der konkrete Fall auf Gewalt gegenüber Vorgesetzten, jedoch ist die rechtliche Bewertung ebenso auf Situationen übertragbar, in denen Führungskräfte Mitarbeitende in vergleichbarer Weise behandeln. Vorfälle sollten sorgfältig dokumentiert und konsequent geahndet werden, um klare Grenzen zu setzen. Und natürlich sollten berufliche Konflikte ohnehin niemals körperlich ausgetragen werden.
Weitere Informationen zum Urteil des LAG Niedersachsen (AZ: 15 SLa 315/25) finden Sie hier.