Markus Herbst, IV NUIF Regionalbotschafter für Niedersachsen, im Porträt Markus Herbst ist HR-Manager bei den Versorgungsbetrieben Hann. Münden und NUiF-Regionalbotschafter für Niedersachen.

Interview: "Integration funktioniert am besten lokal und praxisnah"

12. November 2025 | von Sabrina Kleinertz

Menschen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte werden für die niedersächsische Wirtschaft zusehends wichtiger. Wie das Finden und Integrieren, sowie die alltägliche Zusammenarbeit im Betrieb gelingt, dazu gibt NUiF-Regionalbotschafter Markus Herbst ein paar Tipp. 

 

Das Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge (kurz NUiF) ist eine gemeinsame Initiative der Deutschen Industrie- und Handelskammer und des Bundeswirtschaftsministeriums. Als Zusammenschluss von Unternehmen, die Menschen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte beschäftigen, ist es das größte seiner Art in Deutschland. Um die Vernetzung von interessierten Unternehmen zu fördern, gibt es seit 2019 sogenannte Regionalbotschafter. Diese teilen ihre Erfahrungen, um interessierte Betriebe zu unterstützen. Wir haben dazu mit Markus Herbst gesprochen. Er ist HR-Manager bei den Versorgungsbetrieben Hann. Münden und NUiF-Regionalbotschafter für Niedersachen.

Herr Herbst, welche Potenziale bringen Menschen aus dem Ausland für die niedersächsische Wirtschaft mit?

Markus Herbst: Menschen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte bringen wertvolle Kompetenzen und Perspektiven mit. Viele verfügen über berufliche Qualifikationen, praktische Erfahrung und eine hohe Lernbereitschaft. Sie sind motiviert, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung – gerade in Branchen, die händeringend Nachwuchs suchen.

Ein Beispiel aus unserem Unternehmen: Unser Auszubildender in unserem Freibad, Armin Nasirizad, kam erst vor zwei Jahren aus dem Iran nach Deutschland. Er war dort Berufstaucher und hat einen anerkannten Bachelor-Abschluss. Heute absolviert er bei uns die Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe. Dank seiner hervorragenden schulischen Leistungen darf er die Ausbildung um ein Jahr verkürzen – ein Erfolg, der nur durch unsere individuelle Sprachförderung möglich wurde. Viele Standard-Sprachkurse hätten hier nicht gepasst, deshalb haben wir gemeinsam einen Weg gefunden.

Armin Nasirizad stammt aus dem Iran und absolviert in Hann. Münden die Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe.

Und wir denken weiter: Direkt nach der Ausbildung bieten wir ihm die Perspektive, sich als Meister weiterzubilden. Dieses Beispiel zeigt, wie internationale Fachkenntnisse, Engagement und gezielte Unterstützung zusammenkommen und für beide Seiten einen Gewinn darstellen.

Welche Besonderheiten hat Niedersachsen und wie sollten Unternehmen das bei ihrer Planung rund um die Einstellung von Menschen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte beachten?

Herbst: Niedersachsen ist geprägt von einer starken mittelständischen Wirtschaft und vielen regionalen Versorgern wie uns. Das bedeutet: Integration funktioniert am besten lokal und praxisnah. Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass Sprachförderung und persönliche Begleitung entscheidend sind. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, Zeit in Sprachkurse und individuelle Unterstützung zu investieren.
Gerade in ländlichen Regionen ist es wichtig, Netzwerke zu nutzen - wie NUiF. Hier können Betriebe voneinander lernen und gemeinsam Lösungen entwickeln, weil der Austausch und Unterstützungsangebote vor Ort oft begrenzt sind. So schaffen wir nachhaltige Integration und sichern langfristig Fachkräfte.

Welche praktischen Tipps können Sie Unternehmen mit auf dem Weg geben?

Herbst: Zuerst einmal Geduld und Offenheit. Integration braucht Zeit auf beiden Seiten. Als Herr Nasirizad seine Ausbildung begann, hat es seine Zeit gedauert, bis auch die Kolleginnen und Kollegen sich geöffnet und Vertrauen gefasst haben. Doch mit seinem Können, seinem Engagement und seiner positiven Art hat er sie überzeugt. Heute ist er ein geschätzter Kollege. Geduld und gegenseitige Offenheit sind die Basis erfolgreicher Integration. 

Dann ist es wichtig, Sprachförderung zu ermöglichen. Ohne Sprache geht es nicht. Wir unterstützen unsere Auszubildenden aktiv bei Kursen und Prüfungen. Herr Nasirizad erhielt etwa einen Intensivsprachkurs und Zeit für Prüfungsvorbereitungen. Mit Sicherheit auch eine Grundlage dafür, dass er die Fachsprache sicher beherrscht und seine Ausbildung jetzt sogar verkürzen kann.

Nicht zu vergessen sind Mentoring und Teamarbeit. Ein starkes Team, das neue Kolleginnen und Kollegen unterstützt, ist der Schlüssel. Bei den VHM standen Herrn Nasirizad von Anfang an erfahrene Kollegen und Ansprechpartner und zur Seite. Außerdem empfehle ich es, Netzwerke zu nutzen. Der Blick über den eigenen Betrieb hinaus lohnt sich. Netzwerke wie NUiF bieten dabei wertvolle Impulse. Als Teil des Netzwerks hat die VHM zudem die Gelegenheit, sich auch überregional auf Bundesebene auszutauschen und von den Erfahrungen anderer Unternehmen mit ähnlichen Herausforderungen zu profitieren. Gleichzeitig hoffen wir, mit engagierten Kollegen wie Herrn Nasirizad die Zukunft unseres traditionellen Schwimmbads, dem Hochbad, langfristig zu sichern. Davon profitieren dann alle Menschen in Hann. Münden und der Region. 

Die Fragen stellte Sabrina Kleinertz

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Interessierte Unternehmen können sich über die NUiF-Website direkt mit den Regionalbotschaftern vernetzen. Wenn Sie eine individuelle Begleitung rund um das Einstellen, Integrieren und Entwickeln von Menschen mit Flucht- oder Zuwanderungsgeschichte benötigen, können Sie sich auch direkt an das Welcome & Business Center IHK wenden. Interessierte können direkt über die Website Kontakt aufnehmen und sich zu den kostenlosen Angeboten informieren.