Einfach zu gut für die Tonne: Sandra Herbst rettet Lebensmittel in Sibbesse.
Weniger wegwerfen: Vereinbarungen - Ziele - Angebote
03. Dezember 2025Es wird zu viel weggeworfen – Lebensmittel, die eigentlich noch genießbar wären, wandern zu Hause, aber auch in Supermärkten, Bäckereien, Hotels, Restaurants oder der Produktion in die Tonne. Lebensmittelverschwendung zu vermeiden, ist erklärtes Ziel der Bundesregierung. Und auch in der Wirtschaft gibt es viele Wege, um das Wegwerfen einzudämmen.
Lebensmittel für die Tonne: Zum deutlich überwiegenden Teil passiert das in Privathaushalten. Rund 58 Prozent gehen auf das Konto von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Das zeigen die Werte für 2023. Es sind die derzeit aktuellsten Zahlen, wie sie im Sommer dieses Jahres vom Bundesumweltministerium an Eurostat gemeldet wurden.
Im Vergleich zum Jahr davor hat sich wenig getan. Die Gesamtmenge der Lebensmittelabfälle verringerte sich nicht, blieb nahezu konstant bei einem leichten Anstieg von 100.000 auf 10,9 Millionen Tonnen. Das sind 129 Kilo für jeden Bundesbürger, jede Bundesbürgerin.
Die Wirtschaft ist nach diesen Berechnungen für weniger als die Hälfte der Lebensmittelabfälle verantwortlich. Unterschieden werden dabei innerhalb der Wirtschaft vier Bereiche: Primärproduktion, Verarbeitung, Handel und Außer-Haus-Verpflegung.
Erklärtes Ziel der Bundesregierung: Das Aufkommen an Lebensmittelabfällen deutlich zu verringern. Nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit: Wenn laut aktuellem Welternährungsbericht fast 700 Millionen Menschen weltweit hungern, hat Lebensmittelverschwendung eine ethische Dimension.
Im Jahr 2019 wurde in Deutschland die Nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung auf den Weg gebracht. Und es wurden zwei Vereinbarungen geschlossen: Mit den Verbänden der Gastronomie und, etwas mehr im Rampenlicht, mit 14 Unternehmen des Groß- und Einzelhandels, darunter Discounter und Supermarktketten.
In diesem Pakt gegen Lebensmittelverschwendung wurden mit den Handelsunternehmen Mitte 2023 konkrete Ziele vereinbart. Bis Ende dieses Jahres soll der Lebensmittelabfall im Handel um 30 Prozent verringert werden, bis 2030 dann um 50 Prozent. Das gilt ebenso für den Bereich Gastronomie, mit dem Ausgangsjahr 2015.
Die Entwicklung im Handel wird vom Braunschweiger Thünen-Institut für Marktanalyse beobachtet. Und das meldete im ersten Jahresbericht ein fast schon überraschend positives Ergebnis mit einem Rückgang um insgesamt 24 Prozent. „Auf gutemWeg“, so die Einschätzung des Instituts. Der Bericht für 2024 wird in diesen Tagen veröffentlicht.
Neben den Zielen haben sich die Unternehmen des Handels auch zu einer Reihe von Maßnahmen verpflichtet. Dazu gehört zum Beispiel, für 90 Prozent aller Standorte eine feste Zusammenarbeit vorrangig mit sozialen oder gemeinnützigen Einrichtungen zu vereinbaren. Ausdrücklich genannt: die Tafeln. Ziel ist es grundsätzlich, Lebensmittel so gut wie möglich zu verwerten: Wenn sie für Menschen nicht mehr geeignet sind, möglicherweise noch als Tierfutter oder zur Energiegewinnung.
Nach den für 2023 erhobenen Zahlen liegt der Anteil des Handels am Lebensmittelabfall leicht verringert gegenüber dem Vorjahr bei sechs Prozent. Der Anteil der Lebensmittelverarbeitung liegt bei 17 Prozent, in der Gastronomie sind es 16 Prozent.
Um das nahezu unveränderte Gesamtaufkommen des Lebensmittelabfalls zu senken, gibt es verschiedene Ansätze. Die Plattform „Zu gut für die Tonne“ richtet sich seit 2012 mit ganz praktischen Tipps bis hin zu Resterezepten und Beispielen vor Ort an Privathaushalte (www.zugutfuerdietonne.de). Mit der Kompetenzstelle Außer-Haus-Verpflegung beobachtet das Thünen-Institut, ähnlich wie im Handel, die Entwicklung in der Gastronomie. Verbunden mit der Kompetenzstelle ist die Plattform United Against Waste (www.united-against-waste.de), auf der sich rund 100 Mitglieder aus dem Bereich Außer-Haus-Verpflegung – neben der Gastronomie auch Kantinen, Krankenhäuser oder Schulen – versammelt haben, um gegen Lebensmittelverschwendung zu arbeiten. Ansatzpunkt: Rund 30 Prozent der 1,7 Millionen Tonnen an Abfällen gelten als vermeidbar. Und seit Anfang dieses Jahres arbeitet die Kompetenzstelle zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen, kurz KLAV (www.klav.de). Die richtet sich mit ihren Angeboten an alle Bereiche der Wirtschaft.
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Online-Optionen
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