Benjamin Lüders vor seinem Geschäft in Springe. Foto: Christian Zett
Weniger wegwerfen: Vom Wert des Gestrigen
02. Dezember 2025Er war wohl ziemlich früh dran mit seiner Idee, Backwaren von gestern im eigenen Laden zu verkaufen. Benjamin Lüders macht das seit fast 15 Jahren.
Flaches Ding mit Zuckerguss: So heißen im Laden von Benjamin Lüders in Springe jetzt die Amerikaner. Über Facebook suchte er einen Namen für das Gebäck, zur Wahl standen auch Glasierte Diskusscheibe oder schlicht: „Das da“.
Der Mann hat Humor. Den bewies er auch Anfang 2016 bei „Wer wird Millionär“. Seine fünfstellige Gewinnsumme steckte er damals erklärtermaßen in sein noch relativ junges Geschäft. Dessen Name ist Programm: Gutes von Gestern.
Lüders arbeitet mit einer Bäckerei zusammen, holt nicht verkaufte Backwaren ab und bietet sie am nächsten Tag an. Etwa so viel wie eine sehr gut laufende Bäckereifiliale verkauft er täglich, so der Unternehmer. Nur ist der Umsatz eben geringer. Nach Corona beschäftigt er derzeit noch eine Mitarbeiterin. Ein Minijob könnte hinzukommen.
Vorbilder gab es nicht, als er vor fast 15 Jahren seine Idee aufs Gleis brachte. Abgesehen von seiner Mutter: Die hatte bereits ein solches Geschäft in Lemgo. Benjamin Lüders stand kurz vor der Eröffnung eines zweiten Geschäfts, setzte sich dann aber andere Ziele.
Inzwischen findet man unter der Bezeichnung Gutes von Gestern weitere Angebote. In Laatzen bei Hannover etwa ist der Backposten mit einem Selbstbedienungskonzept am Start, ausdrücklich unter der Fahne Lebensmittelverwendung statt Verschwendung. Bäckereien in Ostwestfalen oder Bremen zum Beispiel, die in eigenen Filialen Vortags-Backwaren anbieten. Auch in Restposten-Märkten kommen Lebensmittel in den stationären Handel.
Ein Netzwerk solcher Geschäfte gibt es bislang nicht, so Lüders. Könnte aber aus seiner Sicht interessant sein, schließlich sieht er sich und andere in einer Pionier-Rolle: Zum Beispiel muss er seine Brötchen in Beutel verpacken, bevor er sie verkauft. Nachhaltig ist das nicht. Der Inhaber eines Unverpackt-Ladens machte ihn auf Beutel aus Zuckerrohr aufmerksam. Nachhaltigkeit stand bei seiner Gründung aber nicht unbedingt im Vordergrund. Das hat sich geändert. Lüders schätzt, dass er durch sein Geschäft die Klimabilanz von zehn bis 15 Menschen in Mitteleuropa ausgleichen
könnte. Allerdings: „Ich glaube, unser Konzept reicht weiter als bis zur bloßen CO2-Ersparnis.“ Backwaren in Handwerksqualität seien kein Wegwerfprodukt: Seine Kundinnen und Kunden setzten sich mehr mit Lebensmitteln und ihrer Haltbarkeit auseinander, sagt der Gutes-von-Gestern-Gründer: „Wir geben der Ware wieder einen Wert und das ist, glaube ich, das Wichtigste daran.“
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