Anerkennungspartnerschaft: In wenigen Wochen von der Türkei nach Garbsen
12. November 2025Gerade in der Gastronomie fehlen niedersachenweit Arbeitskräfte. Mit einer Anerkennungspartnerschaft können sich Betrieb und ausländische Fachkraft schon während des Visum-Prozesses im Berufsalltag kennenlernen. Dabei hilft das Welcome & Business Center.
Im Restaurant By Gurme in Garbsen herrscht Hochbetrieb. Chai-Gläser klappern, aus den Lautsprechern tönt orientalische Musik und es duftet nach frischem Brot und Fleischgerichten. Zur Mittagszeit nehmen die ersten Gäste Platz, während im Service und in der Küche gearbeitet wird. Orhan Kizilboga schaut zufrieden auf das Treiben. Der Geschäftsführer kennt aber auch Sorgenfalten auf der Stirn. Denn um das Restaurant in der Bremer Straße in Garbsen langfristig erfolgreich zu betreiben, braucht es nicht nur zahlreiche Gäste, sondern auch Mitarbeitende. Einen davon fand er in der Türkei und holte ihn mithilfe des Welcome & Business Centers der IHK Hannover (kurz WBC) innerhalb weniger Wochen nach Deutschland. Möglich war dies durch das noch relativ neue Instrument der Anerkennungspartnerschaft.
Weiterhin Probleme mit Personalengpässen
„Ohne Fachkräfte sind wir verlassen”, erklärt Kizilboga. Seiner Erfahrung nach gäbe es zu wenig Nachwuchs, der sich für die Arbeit in der Gastronomie interessiert. Dazu kommt der allgemeine Weggang vieler Fachkräfte während der Corona-Pandemie und viele Renteneintritte der „Babyboomer”, die personelle Lücken in Unternehmen hinterlassen. Auch ein Blick auf die aktuellen Zahlen bestätigt das Gefühl des Gastronomen. So berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung erst Anfang Oktober darüber, dass in Niedersachsen weiterhin qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Das hatte das Arbeitsministerium in Hannover bekanntgegeben. Zwar sei die Zahl im Jahresdurchschnitt 2024/2025 von vormals 60 000 auf etwa 46 000 gesunken, doch der niedersächsische Arbeitsminister Andreas Philippi machte im Gespräch mit der Zeitung klar: „Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele niedersächsische Betriebe Probleme mit Personalengpässen haben.”

Um Unternehmen bei dieser Herausforderung zu unterstützen, hat die IHK Hannover Anfang 2025 das Welcome & Business Center IHK ins Leben gerufen. Sowohl Mitgliedsunternehmen als auch ausländische Fachkräfte finden dort kostenlose Beratung, Hilfe bei der Bürokratie und Unterstützung von fachkundigen Mitarbeitenden im gesamten Prozess der Fachkräfteeinwanderung. Eine von ihnen ist Fachkräfteberaterin Alina Richter. „Ich bin froh, dass ich Frau Richter im WBC getroffen habe. Sie hat mir viel Arbeit abgenommen”, sagt Kizilboga, „Das hat mir Mut gegeben”.
"Das hat mir Mut gegeben." - Orhan Kizilboga, stellvertretender Geschäftsführer
Kennenlernen – während das Visumsverfahren noch läuft
Nach einem ersten Gespräch, in dem deutlich wurde, was und wen genau das Garbsener Restaurant sucht, ging alles sehr schnell. In Antalya fand Kizilboga den 24-Jährigen Mahmut Gümüstas. Er arbeitete in seiner türkischen Heimat in einem 5-Sterne-Hotel und kam über einen Freund in Kontakt mit dem Garbsener Restaurant. „Alle Versprechungen wurden gehalten”, sagt Gümüstas und macht deutlich, dass er sich im Betrieb wohlfühlt.

Um diesen gemeinsamen Weg zu beginnen, entschieden sich Kizilboga und Fachkräfte-Beraterin Richter nach einem ersten Gespräch für den Weg der Anerkennungspartnerschaft. Bei dem seit März 2024 geltenden neuen Instrument verpflichten sich das Unternehmen und die Fachkraft aus einem Drittstaat, gemeinsam die Anerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse nach der Einreise in Deutschland zu beantragen. Die Einstellung im Betrieb erfolgt somit schon vor dem Abschluss des beruflichen Anerkennungsverfahrens. Dies ist für gewöhnlich die Voraussetzung, um ein Visum erteilt zu bekommen. Mit der Anerkennungspartnerschaft kann die Fachkraft somit früher im Unternehmen arbeiten. Das war sowohl für Gümüstas als auch Kizilboga ein echter Gewinn.
Internationale Fachkräfte schneller einstellen
„Es lohnt sich”, versichert Kizilboga und will damit auch anderen Unternehmen Mut machen. „Man braucht aber jemanden an seiner Seite, der weiß, wo der Hase langläuft.” In WBC-Mitarbeiterin Richter hätte er genau so jemanden gefunden. „Ohne Frau Richter hätten wir es in dieser Zeit nicht schaffen können.” Damit meint er, dass es nur wenige Wochen zwischen der Antragsstellung und dem Arbeitsbeginn seines neuen Mitarbeiters Gümüstas brauchte.
“Man braucht aber jemanden an seiner Seite, der weiß, wo der Hase langläuft. Ohne Frau Richter hätten wir es in dieser Zeit nicht schaffen können.” - Orhan Kizilboga, stellvertretender Geschäftsführer
Die Anerkennungspartnerschaft ermöglicht es Unternehmen, dass internationale Fachkräfte aus Drittstaaten schneller bei ihnen arbeiten können. Dadurch ist die Partnerschaft eigentlich besonders attraktiv. Trotzdem ist das Instrument als schneller Weg zur Fachkraft bei vielen Unternehmen bislang noch unbekannt. „Es gibt sicherlich zunächst Sorgen, sowohl auf Unternehmensseite als auch bei den ausländischen Fachkräften, dass irgendetwas nicht wie gewünscht funktioniert. Denn natürlich ist das auch ein Wagnis für beide Seiten”, berichtet WBC-Beraterin Richter. „Aber gerade die Anerkennungspartnerschaft bietet große Chancen. Sie kann Geld und Zeit sparen, auch die Ausländerbehörden werden entlastet.”
Kizilboga und Gümüstas haben sich bereits gefunden und freuen sich nun auf die gemeinsame berufliche Zusammenarbeit im Restaurant. „Ich möchte meine Deutsch-Kenntnisse weiter verbessern”, erklärt Gümüstas. Sein Chef fügt hinzu: „Er bringt seine Fähigkeiten gut im Team ein. Wir sind sehr zufrieden.” Einzig die hauseigene Zubereitung der Fleischgerichte über ein spezielles Grillverfahren müsse sich der junge Mann noch weiter aneignen. Doch auch da bleibt Kizilboga optimistisch.
Diese erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem Gastronomen, der Fachkraft und dem WBC hat auch der NDR als Anlass für einen Radiobeitrag genutzt.



