Business Improvement Districts (BIDs) sind ein wirksames Instrument, um Standorte zu stärken und für die Zukunft fit zu machen. Niedersachsen plant nun als elftes Bundesland eine gesetzliche Grundlage dafür.

Das Land Niedersachsen ist nach langjährigen Diskussionen auf die Zielgerade eingebogen: Mit dem „Niedersächsischen Gesetz zur Stärkung der Quartiere durch private Initiativen (NQG)“ soll in Niedersachsen als elftem Bundesland eine gesetzliche Grundlage für Business Improvement Districts (BIDs) gelegt werden.
BIDs, ursprünglich aus Nordamerika stammend, sind ein wirksames Instrument, um Standorte zu stärken und für die Zukunft fit zu machen. Dazu sind die ansässigen Eigentümer, Gewerbetreibenden, Handwerksbetriebe und Freiberufler gefordert. Sie entwickeln ein standortangepasstes Maßnahmenbündel für ihr Quartier – und finanzieren dieses auch selbst. Die Haus- und Grundeigentümer spielen hierbei die zentrale Rolle: Von ihnen gehen in der Regel die Initiativen für ein BID aus. Und sie sind es auch, die unmittelbar zur BID-Finanzierung herangezogen werden. Aber für eine schlagkräftige Quartiersgemeinschaft mit kreativen spannenden Konzepten und Maßnahmen sind auch aktive und attraktive Betreiberstrukturen in Handel, Gastronomie und Dienstleistungen wichtig. BIDs können sowohl für Citylagen und Ortskerne, aber etwa auch für Stadtteilzentren mit wirtschaftlich tragfähigen Strukturen, aktiven Standortgemeinschaften und kreativen Eigentümern eine Chance bieten, sich im Standortwettbewerb zu behaupten. Gegenwärtig sind in sechs Bundesländern 23 BID-Quartiere aktiv – häufig bereits in zweiter oder dritter Laufzeit. Etliche weitere Projekte sind zwischenzeitlich auch wieder beendet worden. Die Budgets sind breit gefächert: Das größte Budget weist das Hamburger BID Mönckebergstraße mit 10,3 Mio. Euro auf, das geringste Finanzvolumen das hessische BID Baunatal mit 160?000 Euro. Häufig werden in der ersten Laufzeit die aufwändigsten Maßnahmen getätigt.

Zum Beispiel: das BID Tibarg
Das 2010 gegründete Hamburger BID-Quartier Tibarg befindet sich bereits kurz vor dem Ende der zweiten Laufzeit. Bis 2015 wurden mit einem Budget von 1,75 Mio. Euro Maßnahmen aus den Bereichen Bau und Renovierung, Service und Marketing realisiert. Dazu zählen die „Möblierung“ mit zahlreichen zusätzlichen Fahrradabstellbügeln, neue LED-Straßenbeleuchtung, Spielflächen für Kinder, Brunnenanlage, Saisonbepflanzungen Marktplatz, professionelles Quartiersmanagement, ein zusätzlicher Winterräumdienst sowie zusätzliche Straßenreinigung, Weihnachtsbeleuchtung und Vermarktung. Ab 2016 hat das BID mit einem reduzierten Finanzansatz von 1,2 Mio. Euro Unterhaltungsmaßnahmen unter anderem für den Betrieb der Brunnenanlage, Saisonbepflanzung, Kinderspielbereiche, professionelles Quartiersmanagement, Fortführung der Räum- und Reinigungsdienste, vielfältige Digitalisierungsprojekte und Weihnachtsbeleuchtung umgesetzt.

Das Hamburger BID Tibarg.

Das Hamburger BID Tibarg. Foto: Fotostudio Snpshotz.

Motivation und Tipps für den Start
„Um ein BID auf die Beine zu stellen, bedarf es einiger sehr engagierter Akteure vor Ort – insbesondere von Seiten der Grundeigentümer, aber auch von Seiten der Gewerbetreibenden und der Stadt -, die sich mit Verbundenheit zu ihrem Standort und mit Begeisterung auf den Weg machen“, erklärt Nina Häder, Geschäftsführerin der Stadt + Handel City- und Standortmanagement BID GmbH und verantwortlich für die Umsetzung des BID-/Quartiersmanagement Tibarg in Hamburg. „Der Stadt kommt hierbei häufig eine Anstoßfunktion zu, indem sie engagierte Akteure gezielt auf die Möglichkeiten des Instruments BID anspricht. Standorte mit aktiven Standortgemeinschaften oder engagierten Einzelpersonen bilden für BIDs eine gute Basis. Bestehende Netzwerke können genutzt und auf vorhandene Projekte kann aufgebaut werden. Wenn dann bei den lokalen Akteuren der Funke überspringt, gelte es, für die Initiative weitere Mitstreiter auf Seiten der Grundeigentümer für die Idee zu gewinnen, das BID-Gebiet grob abzugrenzen und erste Ideen für Maßnahmen zu sammeln. Häder: „Mein Rat ist, keine Angst zu haben vor dem neuen und auf den ersten Blick sehr komplexen Instrument. Fangen Sie einfach an. Holen Sie die maßgeblichen Akteure an einen Tisch und überlegen Sie gemeinsam, was ein BID für Ihren Standort mit welchen Maßnahmen erreichen kann. Verwaltung, IHKs und BID-Experten sollten als Unterstützer und Förderer von Beginn an eingebunden werden.“

Um ein BID seriös zu planen und im Quartier die notwendige Akzeptanz und Unterstützung zu erreichen, dauert es rund eineinhalb bis zwei Jahre. Interessierte können sich daher – auch wenn der niedersächsische Gesetzentwurf noch nicht beschlossen ist – bereits auf den Weg machen.

Merkmale und Verfahren
Die „richtige“ Abgrenzung des BID-Quartiers ist eine wichtige Erfolgsvoraussetzung, denn Größe, Struktur und Lage entscheiden wesentlich über die wirtschaftliche Tragfähigkeit und Steuerungsfähigkeit, aber auch über die von der Rechtsprechung geforderte Homogenität des Quartiers. Die Laufzeit beträgt in der Regel drei oder fünf Jahre. Als Rechtsrahmen benötigen BIDs auf Landesebene ein Gesetz (Niedersachsen: NQG) und auf der Ortsebene eine Quartierssatzung. Je nach Größe, Struktur, Situation, Finanzkraft und Zielsetzungen weisen BIDs ein individuelles Portfolio an quartiersangepassten Maßnahmen aus den Bereichen Bau, Sanierung, Renovierung, Service, Marketing auf – on top zu den kommunalen Leistungen und Angeboten. Die verpflichtende BID-Abgabe ist in der Quartierssatzung verankert, wird von der Kommune mit der Grundsteuer erhoben und an das Quartier (Gemeinschaft bzw. Aufgabenträger) ausgekehrt.

Um ein BID starten zu dürfen, muss zunächst der Antrag an die Kommune auf Erlass einer Quartierssatzung mit Angaben zur räumlichen Abgrenzung, zum Zeitraum und zum Maßnahmen- und Finanzierungskonzept gestellt werden. Dieser muss grundstücks- und flächenbezogen von den Eigentümern von mindestens 15 Prozent der Anteile im vorgesehenen Quartier unterstützt werden (Beteiligungsquorum). Schließlich muss ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen Quartier und Kommune geschlossen werden.
Im öffentlich-rechtlichen Abstimmungsverfahren darf der Widerspruch von Eigentümern aus dem Quartier gegen den Entwurf der Quartierssatzung und das Maßnahmen- und Finanzierungskonzept weder grundstücksbezogen noch flächenbezogen mehr als 30 Prozent der Gesamtheit im Quartier betragen (Widerspruchsquorum). Vor Erlass der Satzung muss es eine Beteiligung von Öffentlichkeit und Trägern öffentlicher Belange geben.

Die Quartierssatzung enthält dann die Abgrenzung, Maßnahmen und die grundstücksbezogene Abgabe, das Finanzkonzept, den Verteilungsmaßstab (laut Gesetzentwurf: Einheitswert, Grundstücksfläche, Grundstückslänge an der Erschließungsanlage) sowie die Regelung von Ausnahmen.
Für die Arbeit des BID ist eine vertrauensvolle Kooperation mit der Kommune enorm wichtig: sie führt das Verfahren durch, prüft die BID-Ziele und -Maßnahmen, schließt den Vertrag mit dem Quartier, führt Aufsicht und ist bei Maßnahmen im öffentlichen Raum naturgemäß mit im Boot.

Ansprechpartner zum Thema BID bei der IHK:
Hans-Hermann Buhr, Tel. 0511/3107-377, buhr@hannover.ihk.de.

Umfassende Informationen, auch zur Geschichte und zum Stand der BIDs in Niedersachsen auf der Internetseite der IHK Hannover 

 

Lesen Sie weitere Artikel unseres Fokusthemas: 

Ein Rundgang durch die Innenstadt von Hildesheim

Business Improvement Districts: Neue Chancen für Quartiere in Niedersachsen

Die Innenstadt verändern – aber wie?

 

Jetzt Artikel teilen!