Das Jubiläumsjahr 2021 mit seinen massiven Herausforderungen hat Continental mit schwarzen Zahlen abgeschlossen. Angesichts der Situation in Osteuropa bleibt die Unsicherheit groß. Unmittelbar vor der Bilanzpressekonferenz gab der Konzern bekannt, die Produktion im russischen Kaluga bis auf Weiteres einzustellen.
Mit Freude, aber noch nicht zufrieden: So blickt Continental-Chef Nikolai Setzer auf Ergebnis des vergangenen Geschäftsjahres. Das operative Ergebnis drehte mit 1,8 Mrd. Euro ins Plus, nach minus 428 Mio. Euro im Vorjahr. Das Nettoergebnis erreichte plus 1,5 Mrd. Euro, nach einem Verlust nahezu in Milliardenhöhe 2020. Und das bereinigte Ebit kletterte um fast 38 Prozent auf 1,9 Mrd. Euro. Auf dieser Ergebnisgrundlage plant der Konzern eine Dividende von 2,20 Euro pro Aktie. Nach Abspaltung der Antriebssparte in der Vitesco Technologies AG im vergangenen Herbst setzte Continental 33,8 Mrd. Euro um und damit sechs Prozent mehr als im ersten Coronajahr 2020. Die Bewertung des Continental-Chefs: Operativ gut behauptet angesichts der zahlreichen Herausforderungen, Weichen für die Zukunft mit einer neuen Konzernstruktur gestellt.
Folgen des Krieges noch nicht Teil der Prognose
Wobei die nähere Zukunft massiv von Unsicherheit geprägt ist. Natürlich vor allem durch den Krieg in der Ukraine: Angesichts der sich nach wie vor schnell ändernden Lage gehen die Auswirkungen des Konflikts noch nicht in die Prognose für das laufende Jahr ein. Danach peilt Continental für 2022 einen Konzernumsatz zwischen 38 Mrd. und 40 Mrd. Euro an sowie eine bereinigte Ebit-Marge von rund 5,5 bis 6,5 Prozent und damit mindestens auf dem Niveau dieses Jahres. Stand heute erwartet der Automobilzulieferer bei einem weiteren Unsicherheitsfaktor eine gewisse Entspannung: Ab dem zweiten Halbjahr sollte sich der Nachschub bei Halbleitern verbessern, der Mangel wird sich aber wohl auch noch auf das kommende Jahr erstrecken. Die Engpässe hatten das Geschäft von Continental belastet, weil auch die weltweite Automobilproduktion eingeschränkt war. Aber trotz aller Hoffnung auf ein nach und nach besseres Umfeld: Die von Osteuropa ausgehenden Spannungen können eine nachhaltige Störung in Produktion, Lieferketten und Nachfrage verursachen, so Continental, und weist vorsorglich darauf hin, dass je nach Ausmaß sowohl Umsatz als auch Ergebnis aller Unternehmensbereiche und damit des Konzerns insgesamt niedriger ausfallen als im Vorjahr. Continental hat die Produktion im 2014 eröffneten Werk Kaluga und auch den Handel mit Russland eingestellt. Das Geschäft dort macht jedoch weniger als ein Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Spekulationen über weitere Abspaltungen
Andere Unsicherheiten wurden zuletzt durch Spekulationen von außen ins Unternehmen getragen. Dabei ging es um mögliche Pläne, weitere Bereiche aus dem Konzern herauszulösen. Das gipfelte bei der Bilanzpressekonferenz im März in der Frage, ob denn die aktuelle Struktur mit drei Säulen – das traditionelle Reifengeschäft, Kunststoff- und Gummiprodukte bei Contitech sowie der stark softwaregetriebene Automotive-Bereich – noch sinnvoll sei. Zu den Spekulationen wollte sich Nikolai Setzer nicht äußern, legte aber ein klares Bekenntnis zur aktuellen Struktur ab. Die sei unter anderem technologisch und wegen der sich gegenseitig verstärkenden Präsenz bei den Kunden richtig.
Ertragsseitig stehen die drei Unternehmensbereiche aber noch sehr unterschiedlich da: Für das laufende Jahr erwartet Continental im Bereich Automotive erwartet Continental einen Umsatz zwischen rund 18 Mrd. und 19 Mrd. Euro bei einer bereinigten Ebit-Marge zwischen 0 bis 1,5 Prozent. Mit Reifen will der Konzern zwischen rund 13,3 Mrd. und 13,8 Mrd. Euro umsetzen, aber eine bereinigten Ebit-Marge zwischen rund 13,5 und 14,5 erwirtschaften. ContiTech schließlich wird bei gut 6 Mrd. Euro gesehen wie einer bereinigte Ebit-Marge zwischen rund 7 und 8 Prozent. Fragen nach den Maßnahmen, mit denen der Automotive-Bereich nachhaltig profitabel gemacht werden soll, beantwortete Finanzvorständin Katja Dürrfeld mit dem Hinweis auf das seit 2019 laufende Transformationsprogramm des Konzerns. Dürrfeld hatte Ende 2021 Job von Wolfgang Schäfer übernommen, dessen überraschendes Ausscheiden im Zusammenhang mit Manipulationen bei Dieselmotoren steht. Für mögliche Folgen einer Verstrickung des Continental-Konzerns in den Komplex die Beeinflussung von Abgaswerten habe man eine Rückstellung im hohen zweistelligen Millionenberech gebildet, so Dürrfeld. Zum laufenden Verfahren will sich das Unternehmen nicht äußern.
Offen für Technologie-Kooperationen
Die heutige Continental wurde 1871 in Hannover gegründet und wurde damit im vergangenen Jahr 150 Jahre alt. In den 1990er Jahren entwickelte sich das bis dahin vor allem durch die Reifenproduktion geprägte Unternehmen zum Autozulieferer mit einem Portfolio zunächst im Bereich Bremsen und Fahrgestell. Heute stehen das autonome Fahren und Hochleistungscomputer für Autos in der Priorität weit oben. Hier betonte Continental-Chef Nikolai Setzer ausdrücklich die Offenheit für Kooperationen: Die Herausforderungen ließen sich nur über eine Zusammenarbeit verschiedener Partner bewältigen, sagte er. Am Vortag der Bilanzpressekonferenz des hannoverschen Konzerns im März war von der Open-Source-Organisation The Eclipse Foundation die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft für so genannte Software-definierte Fahrzeuge bekanntgegeben worden, an der sich neben Continental auch Microsoft oder der ZF-Konzern beteiligen.