Südniedersachsen ist eine von bundesweit zwölf Aufsteigerregionen, und in Niedersachsen gibt es noch zwei weitere: Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft.
Ein bisschen ist es so, als ob man eine Tabelle auf den Kopf stellt, wie das manchem Fußballtrainer nachgesagt wurde. Dass Südniedersachsen jetzt als Aufsteigerregion in Deutschland eingestuft wurde, kam ziemlich unvermittelt, nachdem in der Vergangenheit zumeist auf die Schwächen dieses Landesteils hingewiesen wurde. Aber offenbar steckt ein längerer Aufholprozess dahinter. Denn das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, das den positiven Befund ermittelte, hat sich die Entwicklung in den Jahren 2011 bis 2019 angesehen.
Aufsteigerregionen, so heißt es in der Studie, zeichnen sich dadurch aus, dass sie ausgehend von einem unterdurchschnittlichen Ausgangsniveau eine besonders positive Entwicklung genommen hätten und sich damit sehr erfolgreichen Regionen annäherten. Das bestätigt nur die Sicht, dass es in Südniedersachsen einiges zu tun gab. Kommunen, Wirtschaft und Hochschulen reagierten darauf 2004 mit der Gründung der Südniedersachsenstiftung.
Das IW hat die Aufsteiger unter den 96 deutschen Raumordnungsregionen – die südniedersächsische besteht aus den Landkreisen Göttingen, Northeim und Holzminden – mit einem kühlen, an Zahlen orientierten Blick ausfindig gemacht. Erfasst wird die Entwicklung von sieben Standortfaktoren: Arbeitslosenquote, Kaufkraft, Durchschnittsalter, Breitbandausstattung, Bevölkerungsdichte und die private sowie die kommunale Verschuldung – eine Art Cocktail, mathematisch zusammengemixt, wobei die Zutaten jeweils stellvertretend für bestimmte Entwicklungsaspekte stehen. Die Breitbandausstattung beispielsweise soll die Versorgung sowohl privater Haushalte als auch von Unternehmen mit moderner Infrastruktur widerspiegeln. Übrigens: Bei der Breitbandversorgung beobachteten die IW-Forscher in allen drei niedersächsischen Aufsteigerregionen – neben Südniedersachsen auch das Emsland und Oldenburg – eine gute Entwicklung.
Die IW-Studie beschreibt Entwicklungen, nennt aber keine Gründe für den Aufstieg. Bei der Südniedersachsenstiftung, die sich seit mehr als 15 Jahren für die Region einsetzt, freut man sich über das Ergebnis, will aber den Zusammenhang mit der eigenen Arbeit auch nicht überbewerten. Denn die in der Studie untersuchten Faktoren kann die Stiftung nicht unmittelbar beeinflussen. Andererseits passt vieles natürlich zusammen. Die Studie nimmt ausdrücklich auch Städte mit ihrem funktionalen Umland in den Blick. Damit, so die Forscher, könnten scheinbar unbedeutende und ländlich geprägte Landesteile in den Fokus rücken, deren vorteilhafte Entwicklung allzu leicht in der politischen Diskussion übersehen werde. Bei der Südniedersachsenstiftung hat man an dieser Stärke aber nie gezweifelt, sie ist vielmehr eine Grundlage der Arbeit: „Wir haben die gesamte Region Südniedersachsen im Blick – Stadt und Land, Zentrum und Umland. Wir sind überzeugt, dass ein starkes Oberzentrum ein attraktives Umland braucht wie auch umgekehrt. Und dass die Fläche als Lebensraum vor allem dann interessant ist, wenn sie an starke Wirtschafts- und Wissenschaftsräume grenzt“, sagt der Vorstandsvorsitzende Dr. Martin Rudolph. Deshalb seien die Projekte der Stiftung jeweils auf alle Landkreise in Südniedersachsen und die Stadt Göttingen ausgerichtet.
Mit diesen Projekten arbeitet die Südniedersachsenstiftung gemeinsam mit ihren Partnern insbesondere auf zwei Themenfeldern, die zumindest mittelbar mit den vom IW herangezogenen Kriterien zu tun haben: Fachkräfte und Innovationskraft. Bereits 2013 wurde mit Topas – das steht für Top-Arbeitgeber Südniedersachsen – eine Initiative ins Leben gerufen, damit sich regionale Unternehmen im bundesweiten Wettbewerb um hochqualifizierte Fachkräfte behaupten können. Auch das Fachkräftebündnis Südniedersachsen, das Welcome Centre sowohl für Göttingen als auch für die gesamte Region sowie das gerade entstehende Regionale Fachkräftemarketing zielen in diese Richtung. „So unterstützen wir die Akteure vor Ort konkret in ihrer Entwicklung und präsentieren Südniedersachsen zugleich nach außen als attraktiven Arbeits- und Lebensraum. Auch die Innovationskraft von Unternehmen hängt ein gutes Stück weit davon ab, ob sie gute Mitarbeiter finden.“, so Rudolph weiter. Darüber hinaus sieht die Stiftung jedoch großes Potenzial in der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft, wie sie in Südniedersachsen im Rahmen des SüdniedersachsenInnovationsCampus (SNIC) mittlerweile beispielhaft funktioniere. Nicht von ungefähr weist die IW-Studie eigens darauf hin, dass sich Göttingen als guter Universitätsstandort auszeichne.
Die Südniedersachsenstiftung sieht sich als Plattform in der Region, auf der sich Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen auf Augenhöhe begegnen. „In diesem Jahr haben wir beispielsweise mit insgesamt rund 70 Partnern bereits Drittmittel in Höhe von 2,5 Mio. Euro bei Bund und Land beantragt“, sagt Dr. Tim Schneider, seit Januar Geschäftsführer der Stiftung. Das Wasserstoff-Projekt ViridisH2 Südniedersachsen etwa wurde vom Bundesforschungsministerium für eine Konzeptförderung ausgewählt. Darüber hinaus stehen regionale Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen hinter dem Vorhaben.
Grünes Licht für die nächste Stufe des regionalen Wasserstoff-Projektes viridisH2
Mit drei Aufsteigerregionen von insgesamt zwölf ist Niedersachsen in der IW-Liste vertreten. Weitere sechs – darunter die vier Top-Platzierten – liegen im Osten Deutschland. Nach den Göttinger Erfahrungen ist das gute Abschneiden des Landes kaum verwunderlich: „Wir erfahren ressort- und fraktionsübergreifend große Unterstützung durch die Landesregierung“, sagt Martin Rudolph, der auch Leiter der IHK-Geschäftsstelle in Göttingen ist. Die habe mit dem Südniedersachsenprogramm einen Prozess ins Leben gerufen, der die Region weiter zusammengeschweißt und die Voraussetzungen für eine abgestimmte Regionalentwicklung geschaffen hat. Drei Viertel der geförderten Projekte hätten mittel- oder unmittelbar einen direkten Bezug zur regionalen Wirtschaft. Diese Erfolgsgeschichte werde mit der Regionalstrategie Südniedersachsen bis ins Jahr 2025 fortgeschrieben, wobei man weiter auf die Zusammenarbeit mit dem Amt für regionale Landesentwicklung Braunschweig und dessen Projektbüro Südniedersachsen setzt: „Dort haben wir Ansprechpartner, die die regionalen Gegebenheiten kennen und engagiert in Hannover vertreten.“
Die vollständige Studie finden Sie auf der Website des Instituts der Deutschen Wirtschaft: https://t1p.de/mym5
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Klaus Pohlmann
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