Mehr Attraktivität, Flexibilität und internationale Anschlussfähigkeit in der beruflichen Bildung – das sind wichtige Ziele, die mit dem modernisierten Berufsbildungsgesetz (BBiG) erreicht werden sollen. Die neuen Regelungen sind zum 1. Januar in Kraft getreten. Die wichtigsten Neuerungen.

Mindestausbildungsvergütung
Die neue Mindestausbildungsvergütung gilt erstmals für Ausbildungsverhältnisse mit Vertragsabschluss ab dem 1. Januar 2020. Die Höhe ist geregelt bis zum Jahr 2023. Danach passt sich ihre Höhe jährlich an die durchschnittliche Entwicklung aller Ausbildungsvergütungen an und wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung jeweils im November des entsprechenden Vorjahres bekannt gegeben.
Wichtig: Wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, gilt die tarifvertraglich festgesetzte Höhe der Ausbildungsvergütung. Tarifverträge haben Vorrang vor der Mindestausbildungsvergütung. Ist der Ausbildungsbetrieb nicht tarifgebunden, darf er den branchenüblichen Tarif um höchstens 20 Prozent unterschreiten, jedoch nicht unter die Mindestausbildungsvergütung.
Die Ausbildungsvergütung hängt davon ab, in welchem Kalenderjahr die Ausbildung beginnt.

Die ab 2020 geltenden Mindestausbildungsvergütungen:

Teilzeitausbildung erweitert
Jeder Auszubildende kann ab dem 1. Januar 2020 den betrieblichen Teil seiner Ausbildung in Teilzeit absolvieren. Anders als bislang muss hierfür kein besonderer Grund mehr nachgewiesen werden.
Das Einverständnis des Ausbildungsbetriebes vorausgesetzt, kann ein Teil oder die gesamte Ausbildungszeit in Teilzeit absolviert werden. Ein Anspruch des Auszubildenden auf Teilzeitausbildung besteht jedoch nicht. Die Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit darf 50 Prozent einer Vollzeitausbildung nicht übersteigen. Die Dauer der Ausbildung verlängert sich entsprechend, höchstens jedoch bis zum anderthalbfachen der regulären Ausbildungsdauer. Das heißt, bei einer regulär dreijährigen Ausbildung darf die Ausbildung in Teilzeit maximal 4,5 Jahre dauern. Der Antrag auf Eintragung des Berufsausbildungsvertrages in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse für eine Teilzeitausbildung kann mit einem Antrag auf Verkürzung der Ausbildungsdauer nach § 8 BBiG Absatz 1 verbunden werden.
Die Berufsschule ist an eine im Ausbildungsvertrag vereinbarte Teilzeit nicht gebunden. Die Einbeziehung der Berufsschulzeiten in das Teilzeitmodell muss deshalb zwischen Betrieb, Auszubildenden und Berufsschule abgestimmt werden.

Gleichstellung volljähriger und minderjähriger Auszubildender bei Freistellung
Erwachsene Auszubildende werden jugendlichen Auszubildenden bei der Freistellung für Berufsschul- und Prüfungszeiten gleichgestellt:
Beginnt der Berufsschulunterricht vor 9 Uhr, so darf ein volljähriger Auszubildender nicht mehr vorher in seinem Ausbildungsbetrieb beschäftigt werden.
Auch ein volljähriger Auszubildender ist von seinem Ausbildungsbetrieb freizustellen:
? an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden
von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche,
? in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen,
? an dem Arbeitstag unmittelbar vor dem Tag der schriftlichen Abschlussprüfung.

Durchlässigkeit der Berufe verbessert
Bei aufeinander aufbauenden Ausbildungsberufen mit gestreckter Abschlussprüfung ist es künftig möglich, dass Auszubildende, die die Abschlussprüfung eines drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufs nicht bestanden haben, auf Antrag den Abschluss des zweijährigen Ausbildungsberufs erwerben können. Dafür müssen sie im ersten Teil der Abschlussprüfung mindestens ausreichende Leistungen erreicht haben.
Hinweis: Abhängig von der genauen Formulierung eines in einem Ausbildungs- oder geltenden Tarifvertrag vorgesehenen Anspruchs auf Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung kann der Auszubildende diesen Anspruch auch für den Fall der Zuerkennung des zweijährigen Berufes geltend machen.
Außerdem werden Auszubildende vom ersten Teil der Abschlussprüfung oder Zwischenprüfung eines drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufes befreit, wenn sie die Abschlussprüfung des zweijährigen Berufes bestanden haben.
Beide Varianten setzen voraus, dass die jeweiligen Ausbildungsordnungen die Durchlässigkeit ausdrücklich vorsehen. Bestehende Ausbildungsordnungen müssen daher noch angepasst werden, bevor die neuen Regelungen greifen können.

Modernere Bezeichnungen für Fortbildungen eingeführt
Das neue Berufsbildungsgesetz führt die Abschlussbezeichnungen „Geprüfter Berufsspezialist“, „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ für die Fortbildungsabschlüsse ein. Die neuen Begriffe bringen die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung zum Ausdruck und unterstreichen die Praxisnähe und besonderen Fähigkeiten von Industriemeistern, Fachwirten oder Bilanzbuchhaltern. Der Zusatz „Professional“ gewährleistet die Abgrenzung zu akademischen Abschlüssen. Die neuen Bezeichnungen sind zudem ein wichtiger Beitrag zur Gleichwertigkeit beruflicher mit akademischer Bildung, zum internationalen Nachweis der beruflichen Handlungsfähigkeit und
unterstützen die Mobilität unserer Fachkräfte.
Die bisherigen, tradierten Abschlussbezeichnungen (zum Beispiel Meister) können erhalten bleiben und stehen vor der weiteren neuen Bezeichnung der Fortbildungsstufe. Die Umstellung auf die neuen Bezeichnungen erfolgt nicht automatisch. Hierzu ist eine Anpassung in den jeweiligen Fortbildungsordnungen durch das Bundesministerium und eine Anpassung der Rechtsvorschriften durch die Industrie- und Handelskammern erforderlich. Eine rückwirkende Anpassung ist nicht vorgesehen.

Jetzt Artikel teilen!