120 Teilnehmer aus Nigeria, Burkina Faso, Namibia und weiteren Ländern Afrikas informierten sich am 12. November beim Business Round Table auf der Agritechnica über Erfolgsbeispiele und Herausforderungen auf dem Kontinent.
Afrika und die Agritechnica – das passt eigentlich nicht. Zumindest wiesen gleich mehrere Referenten der Veranstaltung „Zukunftsmarkt Afrika!“ darauf hin, dass die auf der Landtechnik-Messe in Hannover gezeigten Maschinen und Traktoren zwar durchaus spannend anzuschauen, für den Einsatz in Burkina Faso, Nigeria oder Mali aber gleichzeitig viel zu groß seien. Ein einzelner Farmer bewirtschafte dort meist maximal nur einen Hektar Fläche. „Für Afrika braucht es andere Maschinen, kleinere und günstigere“, bemerkte ein Agrarunternehmer aus Nigeria. Das wissen auch die meisten der knapp 140 Teilnehmer der Veranstaltung, die die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Congresszentrum auf dem Messegelände in Hannover organisiert hatte. Etwa die Hälfte von ihnen war aus Afrika angereist, die übrigen kamen aus Deutschland oder anderen europäischen Ländern. Der sogenannte Business Round Table sollte einerseits über erfolgreiche Geschäftsmodelle und Möglichkeiten der Finanzierung informieren und gleichzeitig Gelegenheit zum Austausch bieten.
Und warum Zukunftsmarkt Afrika? Es ist einerseits das Wachstum des Agrarsektors, weswegen die Länder des Kontinents für viele deutsche Unternehmen aus der Branche in den Fokus gerückt sind. „Der Markt wird in den nächsten Jahren stark wachsen, und das nicht nur bei der Bewirtschaftung von Äckern, sondern auch in nachgelagerten Prozessen wie etwa der Lagerung, dem Transport oder der Verarbeitung zu Produkten“, erklärte Dr. Michael Wimmer vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Auf den Agrarsektor entfällt in vielen Ländern des Kontinents rund ein Viertel der Wirtschaftsleistung. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung sei nach wie vor in dem größten und wichtigsten Bereich beschäftigt. Verbesserungen, wie Steigerungen der Produktivität, wirkten sich daher auch sehr unmittelbar positiv auf die Gesamtlage in den Ländern aus. „Investitionen in die Mechanisierung der Landwirtschaft sind der Schlüssel zur wirtschaftlichen Entwicklung in ländlichen Regionen Afrikas“, so Wimmer. Denn was vielen hierzulande gar nicht so bewusst ist: Auch in Afrika zieht es die junge Bevölkerung in die Städte. Arbeitskräfte sind knapp – die Landwirte müssten daher die Mechanisierung vorantreiben.
Ungeachtet der Attraktivität der Märkte gebe es für europäische Unternehmen, die den Schritt nach Afrika planten, auch viele Herausforderungen, die bewältigt werden müssten. Allein die Tatsache, dass „Afrika nicht Afrika ist“, und jedes Land andere Vorgaben macht oder Regularien vorschreibt, erschwere den Markteintritt.
Die Bundesregierung, besser gesagt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, will Unternehmen auf dem Weg in neue Märkte unterstützten und hat deshalb bereits vor bald 20 Jahren das Programm develoPPP.de gestartet. Es hilft dort, wo unternehmerische Chancen und entwicklungspolitischer Handlungsbedarf zusammentreffen. Das BMZ unterstützt im Rahmen von DeveloPPP Unternehmen, die in Entwicklungs- und Schwellenländern tätig werden wollen oder bereits sind, finanziell und fachlich. Die Hälfte der Kosten werden übernommen. „Seit diesem Jahr können sich auch afrikanische Firmen für die Unterstützung bewerben“, erklärte Wimmer. Mit dem Programm sind auch die EZ-Scouts, wie Roberto Duarte von der IHK Hannover, vertraut, die Unternehmen beim Markteinstieg in Afrika individuell beraten und unterstützen.
Förderung auch für Firman aus Afrika
Die Finanzierung ist nach wie vor ein großes Problem bei der weiteren Entwicklung des Agrarsektors in Afrika. Wie Fortschritte zu erzielen sind, zeigt das Beispiel Nirsal aus Nigeria, eine von der dortigen Zentralbank 2013 gegründete Institution, die ein System entwickelt hat, dass es auch kleineren Betrieben erleichtert, von Banken Kredite zu erhalten. Wie Aliyu Abbati Abdulhameed, Managing Director von Nirsal, erklärte, habe man unter anderem ein Schulungsprogramm für Bankangestellte aufgelegt, um diesen ein landwirtschaftliches Grundwissen zu vermitteln.
German Desks – unmittelbare Hilfe
Ein anderes gutes Beispiel ist das von Abrhame Endrias, der in Äthiopien ein Unternehmen mit 27 Beschäftigten aufgebaut hat, das sich mit seinen Angeboten vor allem an Kleinbauern richtet, die sich allein niemals einen Traktor anschaffen könnten. Mit seinem „One-Stop-Farming-Konzept“ bietet er alles aus einer Hand an, was den Bauern ihre Arbeit deutlich erleichtert. Sie können sich Maschinen ausleihen, Saatgut über ihn beziehen oder auch im Umgang mit bestimmten Ackerbaumethoden geschult werden.
Um deutschen Unternehmen beim Schritt nach Afrika zu helfen, gibt es seit einigen Jahren die sogenannten German Desks in Ghana, Nigeria und Kenia. Die Anlaufstellen helfen bei der Kontoeinrichtung, bei Dienstleistungen für Handelsfinanzierungen genauso wie bei Kreditlinien oder Investitionsfinanzierungen für lokale Unternehmen, die etwa deutsche Anlagen erwerben wollen. Das besondere ist, die Ansprechpartner der „Desks“ beherrschen sowohl die Landessprache als auch Deutsch und dienen auch als Bindeglied zur lokalen Bank. „Der unmittelbare Ansprechpartner in Afrika erleichtert es vielen Unternehmen, den Schritt zu gehen“, sagte Matthias Böhning von der Agentur Piron, die bei vielen Projekten mit der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) zusammenarbeitet, die als Bank Unternehmen beim Schritt in neue Märkte begleitet.
Wie schwierig der Markteintritt in Afrika sein kann, zeigt das Beispiel der Be-Grow GmbH aus Neustadt an der Weinstraße. Das Unternehmen hat ein Produkt entwickelt, das Pflanzen stärkt und ihre Erträge nachweislich um bis zu 50 Prozent steigert. „Dies würde vielen kleinen Landwirten in Afrika enorm helfen“, sagt Geschäftsführer Maik Schacht, der das Produkt einst bei BASF betreut hat. Aber er dringe in den verschiedenen Ländern telefonisch gar nicht bis zu den richtigen Ansprechpartnern in den Ministerien durch, die die Einfuhr oder einen Piloteinsatz genehmigen müssten. Umso glücklicher ist er, beim Roundtable bereits einige Kontakte geknüpft zu haben, „Das ist wirklich großartig. Wo gibt es sonst die Möglichkeit, fünf Delegationen zu treffen? Und es sind zum Teil sogar die Ansprechpartner aus den Ministerien hier. Das ist für uns Gold wert“, sagt Schacht. Wenn er die Ansprechpartner in Afrika besuchen wollte, hätte ihn allein die Vorbereitung der Reise mehrere Wochen gekostet.
Übrigens erwähnten gleich mehrere Referenten, dass der Titel der Veranstaltung eigentlich falsch gewählt sei, es müsse vielmehr „Present market“ heißen, denn es gibt den Agrarsektor in Afrika bereits. Aber es gibt auch noch einiges an Potenzial.