Hilfsangebote, Digitalförderung für Gründer und der neue Mobilfunkstandard 5G: Hier geht es weiter im Doppelinterview mit Wirtschaftsminister Bernd Althusmann und IHKN-Helmut Streiff.
[/vc_column_text][vc_column_text]Gerade mittelständische Unternehmen brauchen fachliche Unterstützung für die Entwicklung von Digitalisierungsstrategien. Was kann das Land bzw. was können die Kammern hier an Unterstützung anbieten?Wirtschaftsminister Bernd Althusmann: Seitens des Landes und der Kammern existiert bereits ein umfangreiches Beratungsangebot, bei dem Unternehmer auf ausgewiesene Fachexperten kostenlos zurückgreifen können. Für den Bereich der innovativen und additiven Fertigung sowie des 3D-Drucks existiert beispielsweise das „Niedersachsen ADDITIV – Zentrum für additive Fertigung“. Dort können sich Unternehmer die zugrunde liegenden Prozesse und Vorteile der additiven Fertigung anschaulich erläutern lassen. In Niedersachsen existiert eine Vielzahl themenspezifischer Beratungsangebote. Um die breit aufgestellten Aktivitäten künftig zu bündeln und transparenter darzustellen, werden wir einen zentralen Ansprechpartner initiieren.
IHKN-Präsident Helmut Streiff: Für viele Unternehmen bedeutet Digitalisierung Transformation ihrer Geschäftsprozesse, ihrer Organisation und Produktion sowie ihres Vertriebes in ein neues Marktumfeld. Die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter wird von herausragender Bedeutung sein, und dass alles vollzieht sich in höchster Geschwindigkeit. Die Unternehmen sind gefordert, ihre bisherigen erfolgreichen Geschäftsmodelle abzusichern und gleichzeitig disruptive Veränderungen zuzulassen. Wir brauchen deshalb vor allem für den Mittelstand Unterstützung bei Innovationen und bei Investitionen. Deshalb sollte die steuerliche Forschungsförderung auf Bundesebene nun zügig umgesetzt werden und das Land könnte IT-Investitionen des Mittelstandes unterstützen. Zur Verbesserung der personellen Ausstattung mittelständischer Betriebe und zur Begleitung von Digitalisierungsprojekten sollte das Land zudem sogenannte Digitalisierungsassistenten befristet fördern. Die IHKs bieten Beratung und Weiterbildung an – auch in neuen Online-Formaten – und organisieren Netzwerke zum überbetrieblichen Erfahrungsaustausch und individueller Beratung.
Hierbei ist die Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum „mit uns digital“ sehr wertvoll. Die Bündelung von Know-how und Fachkompetenz geschieht dort ausgezeichnet. Dessen Experten besuchen in Kooperation zum Beispiel mit den Innovationsberatern der IHKs kleinere Unternehmen, sensibilisieren für das Thema „Digitalisierung“ und bieten Unterstützung bei der Umsetzung an. Ich gehe davon aus, dass sich die Landesregierung gegenüber dem Bund nachdrücklich für eine Fortsetzung der Förderung des Kompetenzzentrums „Mittelstand 4.0“ einsetzt, das aktuell unter dem Leitthema „mit uns digital!“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanziert wird. Nicht zuletzt sind mehrere Universitäten mit entsprechend ausgerichteten Instituten Partner des Zentrums, das unter anderem mit Expertenfabriken, Projekten und Roadshows gelungene Anwendungen der Digitalisierung zeigt und für und mit kleineren Unternehmen Anwendungsmöglichkeiten erörtert. Auch der Innovationsverbund „Smart Hybrid“ an der Universität Osnabrück ist ein Beispiel für gelungene Kompetenzbündelung und Wissensvermittlung in den Mittelstand. Wünschenswert ist ergänzend ein Förderprogramm des Landes, um durch zeitlich begrenzten Einsatz der von mir unter Frage 4 so bezeichneten Digitalisierungsassistenten aus der Wissenschaft einen „Wissenstransfer über Köpfe“ zu den Chancen der Digitalisierung zu unterstützen.
Wie sollten Start-Ups bei der Digitalisierung gefördert werden?
Althusmann: Start-ups weisen eine hohe Innovationskraft und die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Als Land müssen wir die Start-ups dabei unterstützen, die Geschäftsmodelle, Produkte und Services von morgen umzusetzen und die Unwegsamkeiten, die gerade zu Beginn einer Gründung Schwierigkeiten verursachen können, erfolgreich zu bestehen. Ein oftmals wesentliches Problem ist die Verfügbarkeit von genügend Kapital. An dieser Stelle bietet das Land Niedersachsen bereits unterschiedliche Förderprogramme wie NSeed oder künftig noch ein Wagnis-Kapital-Fonds. Eine große Unterstützung können aber auch die Netzwerke sein, auf die branchenspezifischen Netzwerkmanager des Innovationszentrums Niedersachsens Zugriff haben. Diese können Geschäftskontakte oder Partner vermitteln.
Streiff: Start-Ups basieren in den meisten Fällen auf digitalen Geschäftsmodellen. Sie sind oftmals ausgesprochen wachstumsorientiert und können an ihren Standorten spürbare Impulse setzen. Die gezielte Förderung in diesem Bereich sollte deshalb zentraler Baustein einer Digitalisierungsstrategie sein. In Niedersachsen gibt es derzeit acht Start-Up-Zentren, die stärker untereinander vernetzt werden sollten und nicht nur für zwei sondern für mindestens fünf Jahre vom Land unterstützt werden sollten, bevor eine Evaluierung dieser Zentren erfolgt. Darüber hinaus sollte für diese Gruppe ein zielgerichtetes Förderprogramm entwickelt werden, das sowohl Coaching- und Mentoringelemente umfasst, die jungen Unternehmen den Kontakt zu möglichen etablierten Kooperationspartnern eröffnet als auch Auslandsreisen für Start-Ups anbietet zu den digitalen Hotspots, beispielsweise in Skandinavien, dem Baltikum oder auch Israel.
Niedersachsen wird gern als Mobilitäts- und Logistikland Nr. 1 beschrieben. Wie realistisch ist es, dass wir beim Aufbau des 5G-Netzes eine Vorreiterrolle übernehmen?
Althusmann: Ich sehe in Niedersachsen große Potenziale für die Anwendungen, die mit 5G möglich werden. Beispielhaft möchte ich Intelligente Mobilität, Smart Cities und Smart Villages, Smart Farming und E-Health nennen. Es wird erwartet, dass durch die vielen Anwendungsbereiche ein marktgetriebener Ausbau stattfinden wird. Weil es Potenziale für diese Anwendungen in Städten wie in ländlichen Räumen gibt müssen wir allerdings dafür Sorge tragen, dass die Infrastruktur auch in der Fläche zur Verfügung steht. Der Ausbau der Glasfaserinfrastruktur muss deshalb auch dem Ziel der Konnektivität mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G und seinem flächendeckenden Ausbau in den ländlichen Regionen Rechnung tragen. Wir wollen auch bei den Versorgungsauflagen für die neuen 5G-Frequenzen ambitionierte Versorgungsziele durchsetzen. Aus Sicht Niedersachsens ist es erforderlich, den Telekommunikationsunternehmen im Rahmen der Lizenzierung Ausbauauflagen aufzuerlegen, die die Qualität der Mobilfunkinfrastruktur auch in der Fläche weiter verbessern und zu einer schnellen und erfolgreichen Einführung von 5G-Diensten beitragen. Darüber hinaus möchte ich mit den Telekommunikationsunternehmen für Niedersachsen zu Vereinbarungen kommen, die eine Versorgung über die Erfüllung der Auflagen hinaus sicherstellen. Ziel für mich ist eine möglichst flächendeckende Mobilfunkversorgung.
Streiff: 5G ist die Basisinfrastruktur für Autonomes Fahren. Ohne 5G wird die hierfür erforderliche Echtzeitkommunikation zwischen den Fahrzeugen und den Telematikdienstleistern nicht möglich sein. Als Mobilitäts- und Logistikland Nr. 1 besitzen wir in Niedersachsen beste Voraussetzungen, um die Vorreiterrolle beim Thema Autonomes Fahren einzunehmen und unsere Automobilindustrie und Logistik für die Zukunft aufzustellen. Die Landespolitik muss sich nun bei der Bundesnetzagentur und beim Bund dafür einsetzen, dass Niedersachsen Pilotregion und Vorreiter bei der Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G wird. Neben der Vollversorgung der Verkehrswege an Land ist beim Aufbau des 5G-Netzes auch darauf zu achten, dass die Hafengebiete und die Fahrrinnen für die Seeschifffahrt in den küstennahen Gewässern flächendeckend mit dem Mobilfunkstandard der Zukunft versorgt werden. 5G basiert auf Glasfasernetzen, sodass für ein flächendeckendes 5G-Netz die Mobilfunkmasten mit Glasfaser versorgt werden müssen.
Hier geht’s zu Teil 1 des Althusmann-Streiff-Interviews.
Und hier zu Teil 3.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]