Der Schluss des großen Doppelinterviews mit Wirtschaftsminister Bernd Althusmann und IHKN-Präsident Helmut Streiff: Es geht um Berufschulen und ums Geld: Wohin sollen die Mittel des Landes fließen?
[/vc_column_text][vc_column_text]Stichwort Fachkräftemangel: Wie kann es gelingen vor allem die Berufliche Bildung an die Digitalisierung anzupassen?Wirtschaftsminister Bernd Althusmann: Um einem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Berufliche Bildung an die Digitalisierung anzupassen, laufen derzeit zwei Innovationsvorhaben „Digitalisierung in der Arbeitswelt – Industrie 4.0/Wirtschaft 4.0“ an den Standorten Goslar, Neustadt am Rübenberge, Osnabrück und Emden sowie „Lernen und Arbeiten 4.0 in der Berufsausbildung“ an den Standorten Lüneburg und Wolfsburg. Damit soll berufliche Kompetenz bei zukunftsweisenden digitalen Lern- und Arbeitsprozessen vermittelt werden, mit dem Ziel des Transfers auf andere niedersächsische berufsbildende Schulen, um entsprechende Bildungsangebote flächendeckend zu gestalten.
IHKN-Präsident Helmut Streiff: Hierzu ist die kontinuierliche Weiterentwicklung der Ausbildungsberufe unverzichtbar. Beispielhaft sind die Metall- und Elektroberufe. Diese sind in einer Rekordzeit von einem runden halben Jahr angepasst worden. Und es gibt einen neuen Beruf: Kaufmann/frau für E-Commerce. Dauern die Anpassungen der Berufsbilder in anderen Bereichen etwas länger, sollten wir entsprechende Zertifikatslehrgänge anbieten, um die Ausbildung mit modernen und zukunftsorientierten Elementen zu ergänzen. In den Unternehmen werden digitale Arbeitsmittel, Produktionsanlagen und Organisationsformen sowie vernetztes Arbeiten in hoher Geschwindigkeit Einzug halten. Es ist deshalb von hoher Bedeutung, dass Ausstattung und Ausrichtung der Schulen und Berufsschulen den betrieblichen Entwicklungen möglichst gut entsprechen können. Vor allem Berufsschulen benötigen moderne Maschinen und Ausstattungen, mit denen der Nachwuchs die Zukunft der Arbeitswelt kennenlernen kann, und sie benötigen qualifizierte Lehrkräfte. Leuchtturmprojekte wie „Lernen und Arbeiten 4.0 in der Berufsbildung“ weisen in die Richtung und sollten schnell übertragen werden.
Wie unterstützen Sie die Berufsschulen bei der Bewältigung der Herausforderungen der Digitalisierung im Interesse unserer Mitgliedsunternehmen?
Althusmann: Mit der Förderung von sechs „Smart Factories“ an den Standorten Emden, Osnabrück, Neustadt am Rübenberge und Hannover hat die Landesregierung begonnen, die Qualität der Berufsausbildung in überwiegend gewerblich-technischen Berufen zu verbessern. An den weiteren Standorten Lüneburg und Wolfsburg steht darüber hinaus die „Arbeitswelt 4.0“ im Vordergrund. Hier wird z. B. ein stärkeres Augenmerk auf die direkte Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern in kaufmännischen Ausbildungsberufen gelegt, Teamarbeit entlang der Wertschöpfungskette angeregt und Methoden des modernen Wissensmanagements eingebracht. Durch den Transfer aus den Modellprojekten heraus profitieren nicht nur andere Berufsschulen, sondern auch die KMU vor Ort.
Streiff: Wir bieten unsere Mitgliedsunternehmen eine Vielzahl von Info- und Netzwerk-Veranstaltungen, Trainings und Beratungsangeboten an, die gerade dem Mittelstand helfen sollen, Impulse aufzunehmen und konkrete Umsetzungen diskutieren zu können. Wir setzen dabei sowohl bei den Ausbildungsabteilungen der Unternehmen an, als auch bei Fach- und Führungskräften, die wir in der strategischen Unternehmensausrichtung unterstützen können. Das Angebotsspektrum greift weit: Es reicht unter anderem von der Entwicklung personaler und sozialer Kompetenzen über Datenschutz bis hin zu digitalen Prozess- und Vertriebsfragen.
Weiterbildung und Qualifizierung vieler Mitarbeiter müssen um digitale Inhalte erweitert werden. Gibt es dafür Orientierungshilfen?
Althusmann: Wir haben dank verschiedener Projekte und in der Zusammenarbeit mit den Arbeitsmarktpartnern, insbesondere im Rahmen der Fachkräfteinitiative, gelernt, dass es mehrerer Ansätze bedarf. In den regionalen Fachkräftebündnissen befassen sich einzelne Projekte mit branchenspezifischen Ansätzen bzw. orientieren sich an den regionalen Bedarfen. In den Berufsschulen werden didaktische Konzepte einerseits innerhalb einzelner Ausbildungsberufe entwickelt, andererseits für berufsübergreifende Zusammenhänge. Auch im Rahmen beruflicher Weiterbildungen gewinnt die Digitalisierung immer mehr an Bedeutung und eröffnet vielen Beschäftigten eine neue Flexibilität hinsichtlich Zeit und Ort der Bildungsmaßnahme. Was mir auch wichtig ist: Es sind nicht nur technische Kenntnisse, die im Zuge der Digitalisierung erworben werden müssen. Auch soziale und personale Kompetenzen, wie zum Beispiel Führung, Kommunikation und Resilienz spielen eine viel bedeutendere Rolle in der Arbeitswelt 4.0.
Streiff: Ja sicher. Gerade die neuen Metall- und Elektroberufe oder der Kaufmann/frau für E-Commerce setzen sogar formale Rahmen, an denen sich auch Facharbeiter und Facharbeiterinnen orientieren können. Und wer bei den IHKs in ihren Netzauftritten stöbert, findet zu vielen Themen umfangreiche Angebote. So werden zum Beispiel IHK-Zertifikatslehrgänge zum Social Media Manager (IHK) angeboten, und nicht nur als klassischer Präsenzkurs, sondern auch als Live-Online-Seminar (Webinar).
Die Landesregierung hat zugesagt, die Digitalisierung mit 1 Mrd. Euro zu fördern. Für welche Maßnahmen und Projekte sollen diese Gelder eingesetzt werden? Reichen diese Mittel aus?
Althusmann: Ich kann nur begrüßen, wenn die Anbieter so in ihr Netz investieren. Wir haben das Ziel definiert, dass den Bürgern in Niedersachsen bis 2025 zuverlässige Anschlüsse mit Gigabitgeschwindigkeiten zur Verfügung stehen. Das Kabelnetz in Niedersachsen ist gut ausgebaut. Wenn die Technik es zulässt, zuverlässig Gigabit-Geschwindigkeiten im Kabelnetz zu erreichen, dann könnte dies ein zusätzlicher Weg für Niedersachsen als Gigabit-Land sein.
Streiff: Aus Sicht der Wirtschaft sind die „Gigabit-Offensiven“ verschiedener Anbieter zu begrüßen. Dazu gehört grundsätzlich auch die Aufrüstung der Kabelnetze. Für Privatkunden ist der ertüchtigte Kabelanschluss mittelfristig eine gute Möglichkeit, um einen Gigabit-Anschluss zu erhalten. Für die Wirtschaft ist jedoch ein symmetrischer Gigabitanschluss erforderlich, der ausschließlich über einen Glasfaseranschluss gewährleistet werden kann. Die Zukunft ist Glasfaser. In Gewerbegebieten und an Gewerbestandorten muss der Breitbandausbau zukünftig ausschließlich mit Glasfaser erfolgen.
Hier geht’s zu Teil 1 des Althusmann-Streiff-Interviews.
Und hier zu Teil 2.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]