Energie und Fachkräfte sind Schwerpunktthemen einer Delegationsreise nach Marokko von Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies, der mit rund 60 Unternehmerinnen und Unternehmern aus Niedersachsen vom 25. bis 28. Juni in dem Land unterwegs ist. In Casablanca und Rabat sollen marokkanische Unternehmen besucht sowie Gespräche mit Politik und Wirtschaft geführt werden. Die IHK-Länderreferenten Beate Rausch und Dirk Redent berichten für uns aus Marokko in einem Reisetagebuch.
„Marokko präsentiert sich als attraktiver Markt und Investitionsstandort für die deutsche Wirtschaft – ich bin überzeugt, dass wir durch intensiven Austausch und Zusammenarbeit gemeinsame Lösungen und nachhaltige Partnerschaften entwickeln können. Besonders in Zeiten globaler Herausforderungen sind starke, internationale Kooperationen von großer Bedeutung. Diese Reise wird nicht nur dazu beitragen, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Niedersachsen und Marokko zu stärken, sondern auch konkrete Projekte und Investitionsmöglichkeiten – insbesondere im Energiesektor – aufzuzeigen. Wir wollen gemeinsam die Zukunft gestalten und voneinander lernen“, sagte Minister Lies vor Beginn der Reise.
Potenzial für niedersächsische Unternehmen sieht Olaf Lies in Marokko auch bei der Gewinnung von dringend benötigten Fachkräften. Marokko verfügt über gut ausgebildete Fachkräfte. Minister Lies: „Uns ist bei der Fachkräfteanwerbung wichtig, dass ein sogenannter „Brain Drain“, also die Abwerbung von Experen, die Marokko selbst benötigt, vermieden wird. Unterm Strich profitieren dann sowohl Niedersachsen wie auch Marokko“.
Donnerstag 27. Juni:
Nachmittags ging es von den Unternehmensbesuchen direkt nach Rabat: Abschluss der Delegationsreise des Landes Niedersachsen in der Residenz des Deutschen Botschafters Robert Dölger in Rabat. Der kurze, aber sehr intensive Besuch Casablancas und Rabats fand bei einem schönen und entspannten Abend – vielen angeregten Gesprächen mit marokkanischen Gästen, Vertretern deutscher Niederlassungen in Marokko – im Garten der Residenz des Botschafters seinen Ausklang. Vielen Dank allen, die uns diesen Einblick ermöglicht haben und „au revoir“ in Niedersachsen oder Marokko.
Der Donnerstagmorgen beginnt für die gesamte niedersächsische Delegation früh, erneut mit drei parallel laufenden Unternehmensbesuchen:
OCP liegt in Jorf Lasfar, ca. 2 Stunden von Casablanca entfernt. Das Unternehmen ist eines der größten Phosphatproduzenten der Welt. Das Unternehmen wurde 1920 gegründet und verfügt heute über vier Standorte in Marokko. Spezialisiert ist OCP auf die Gewinnung, Herstellung und Vermarktung von Phosphaten und deren Derivaten (Düngemittel, Phosphorsäure). Highlight für die Delegation: die Führung über das Produktionsgelände von grünem Wasserstoff, inkl. Meerwasserentsalzungsanlage. Moulay Bensalem Maaroufi, Othman El Yaalaoui , Khadija EZAOUI und Zaynab Ajdir geben einen Einblick in wichtige technische Aspekte der Produktion, der Logistik von Phosphaten nach Jorf Lasfar, die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens sowie das Energieprogramm des Unternehmens, das auf Kraft/Wärme-Kopplung und Wind- und Solarenergie fußt. Bei einem gemeinsamen Mittag gibt es für die Delegation Zeit noch viele Fragen an die Gastgeber zu stellen.
Bereits seit 1971 existiert der Automobilzulieferer LEONI in Marokko. Allein in Marokko arbeiten über 6000 Mitarbeiter an drei Standorten an Kabeln, Glasfaserkabeln und Kabelsystemen für die Automobilindustrie und andere Industriezweige. Hicham Hannioui, Werksleiter von LEONI Bouskoura und amtierender Leiter der Personalabteilung Marokko hat die niedersächsische Gruppe empfangen und einen Überblick über LEONIs Aktivitäten gegeben. Von besonderem Interesse auch die LEONI-Ausbildungs-Akademie. Während einer Führung durch die Produktion konnten sich die Teilnehmenden nicht nur einen Überblick über die modernen Anlagen verschaffen, sondern auch über die gut ausgebildeten marokkanischen Fachkräfte in der Produktion. Zeit für Fragen gab es bei einem gemeinsamen Imbiss mit verantwortlichen Mitarbeitenden der Firma LEONI.
Die dritte Gruppe besuchte das Projekt Agropole in Béni Mellal. Agropole ist ein Großprojekt, das im Rahmen des Plan Maroc Vert entwickelt wurde, um die Verarbeitung und Vermarktung regionaler Produkte zu stärken. Realisiert wurde es durch eine öffentlich-private Partnerschaft zwischen der Regierung, Privatunternehmen und Investoren. Es erstreckt sich über eine Fläche von 208 Hektar und besteht aus 963 Grundstücksparzellen. Seit 2018 existiert auf rund 2,63 Hektar ein Areal „Lebensmittel“, auf dem z.B. Labore der ONSSA, INRA und Moroco Foodex gegründet haben. Zu den Kernthemen von Agropole gehören Oliven, Zitrusfrüchte, Gemüse (auch Nischenprodukte) und die Viehwirtschaft. Nach dem Auftakt im Centre Region d‘Investissement Beni Mellal durch Adil Azmi ging es mit Karim El Alaoui Cherifi in die Laborbereiche des Projekts.
Mittwoch 26. Juni:
Beim Networking-Abend mit marokkanischen Gästen in der Panoramic Lounge Bar des Kenzi Tower Hotels konnten im Laufe des Tages entstandene Kontakte vertieft, neue Kontakte aufgebaut oder auch die Eindrücke des Tages bei einem atemberaubenden Blick über das abendliche Casablanca verarbeitet werden.
Dem Nachmittagsprogramm sind die niedersächsischen Schwerpunkte Fachkräfteeinwanderung, Energie, Automotive und Produktion im Agrar-, Ernährungssektor gewidmet.
Während im Hotel eine Fachkräfteinformationsveranstaltung mit wichtigen Akteuren wie der marokkanischen Arbeitsagentur ANAPEC, THAMM Plus, AHK, Bundesagentur für Arbeit, Welcome Center Hannover und Niedersachsen.next und rund 20 Niedersachsen stattfand, flankiert von einem „Speed-Dating“ für interessierte niedersächsische Teilnehmende, begab sich der Rest der Delegation auf drei parallel laufende Unternehmensbesuche.
Das Cluster „Fachkräfte“ auf der Delegationsreise war ein großer Erfolg!
Inspirierende Initiativen, Akteure und Projekte haben sich vorgestellt, und gezeigt wie weit fortgeschritten die Zusammenarbeit zwischen Marokko und Deutschland im Fachkräftebereich ist. Natürlich wurde auch diskutiert, wie man diese Beziehung weiter stärken und ausbauen kann. Zurück in Niedersachsen geht es darum, diese und weitere mit Leben zu füllen.
Magideutz S.A. mit seinem Hauptsitz in Casablanca beliefert die Industrie, die Landwirtschaft und die Küstenfischerei mit einer breiten Palette von Hochleistungsprodukten. Eine Gruppe von rund 18 niedersächsischen Delegationsteilnehmern erhielt vor Ort vom Geschäftsführer Abderrazzak Askaoui einen Einblick in die Aktivitäten des Unternehmens in Marokko und der Region. Highlight war die Führung durch die Montagehallen.
Bosch Household Appliance wurde 2008 in Marokko gegründet, heute ist das Unternehmen in allen Geschäftsbereichen wie Mobilitätslösung, Industrietechnologie, Konsumgüter und Gebäudeenergietechnologie aktiv. Mehdi El Boury Geschäftsführer, Bosch Marokko, begrüßte die Niedersachsen. Gesprächsthema neben den originären Bosch-Aktivitäten in Marokko auch der Neubau der Zentrale in Casablanca: dieser ist klimafreundlich, grün und nachhaltig, 100% des Energiebedarfs wird über Solaranlagen gewonnen
Die Groupe des Boisson du Maroc ist eine marokkanische Unternehmensgruppe mit Fokus auf Getränkeproduktion. Boisson du Maroc stellt Wein, kohlensäurehaltige Getränke, Bier, Trinkwasser und Olivenöl her und vertreibt über 11 Ladengeschäfte auch direkt an den Konsumenten. Frederic lopez Directeur Activité Vin & Export und sein Braumeister Hassan empfingen die niedersächsische Gruppe. Besonders spannend war die Führung durch die Produktion und die im Anschluss ermöglichte Bier-Verkostung.
Das Königreich Marokko mit seinen 37,5 Millionen Einwohnern hat sich zu einem wichtigen stabilen Partner und Industriezentrum für Investoren aus der ganzen Welt entwickelt, so Stefan Bantle, Gesandter der Deutschen Botschaft in Rabat, AHK Marokko, GTAI und KWS Maroc während des Briefings. In unmittelbarer Nähe zu Europa ist das Land außerdem ein interessanter Logistikstandort. Es lockt ausländische Unternehmen mit einer guten Infrastruktur und steuerlichen Anreizen. Drei von der AHK Marokko vorbereitete, parallel laufende Runde Tische zu den Branchen Automobil/Luftfahrt, Energie sowie Infrastruktur und Produktion und praxisnahe Berichte aus der marokkanischen Unternehmerschaft liefern am 26. Juni vormittags viel Wissenswertes und Wichtiges über das Land.
Vertiefende Gespräche und die individuelle Vernetzung niedersächsischer und marokkanischer Unternehmensvertreter stehen im Anschluss, beim gemeinsamen Mittag im Fokus.
Dienstag, 25. Juni:
Heute beginnt die Delegationsreise des Landes Niedersachsen nach Marokko. Besucht werden bis zum 27. Juni Casablanca und Rabat. Die rund 70-köpfige Delegation wird von Olaf Lies, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung angeführt. Das erste gemeinsame Treffen und Kennenlernen der gesamten Delegation findet bei einem gemeinsamen Abendessen im Delegationshotel in Casablanca statt. In den kommenden zwei Tagen stehen viele Gespräche, Unternehmensbesuche und Netzwerktreffen auf dem Programm.