Rückblickend zeigt sich die Entstehung von Industrie 4.0 als sehr zielgerichter Ansatz, um Deutschland in einem Bereich der IT weltweit sichtbar zu machen: Ein industriepolitischer Coup.

 

Das Zusammentreffen dieser drei bei der Hannover Messe hat schon etwas Historisches, obwohl der Grund dafür gerade mal etwas mehr als ein Jahrzehnt her ist: Wolfgang Wahlster, Henning Kagermann und Wolf-Dieter Lukas blickten zurück auf die Entstehung von Industrie 4.0. Die drei haben den Begriff aus der Taufe gehoben. Ende 2010 war das, und ein paar Monate später schob der Informatik-Professor und KI-Spezialist Wahlster die Industrie 4.0 ins Scheinwerferlicht der Messeeröffnung in Hannover.

Und im Rückblick wird deutlich, dass mit Industrie 4.0 auch ein industriepolitischer Coup gelang. Stellvertretend kamen mit den dreien die Bereiche Forschung, Wirtschaft und Politik zusammen. Neben Wolfgang Wahlster als Chef der Deutschen Forschungsinstituts für Künstliche Intelligenz als SAP-Mitgründer Henning Kagermann und Wolf-Dieter Lukas als Staatssekretär im Bundesforschungsministerium. Aus politischer Sicht, das machte Lukas in Hannover deutlich, ging es darum, Deutschland im IT-Bereich sichtbar zu machen – und das in einem Bereich, in dem die deutsche Wirtschaft anerkannt stark ist. In vielen anderen Bereichen, in der Plattformökonomie zum Beispiel, war der Zug abgefahren. Aber über das Internet der Dinge, die Vernetzung von Maschinen, Anlagen und Geräten, wurde gerade diskutiert, und das passte zum Kern deutscher Ingenieurskompetenz. Was in diesem Bereich in Deutschland passiert, musste in den USA oder in Japan ernst genommen werden. Das war die Überlegung am Anfang von Industrie 4.0.

Der Name entstand, weil man mit einem Begriff wie „cyber-physikalische Systeme“ nicht überzeugen konnte, auch wenn er stimmt. Und es steckt eine Menge drin: Die – manchem zu enge – Festlegung auf Industrie. Die auf Software-Versionen und damit auf Informationstechnologie verweisenden Ziffern. Und die Ausrufung der vierten industriellen Revolution. Ein schwieriges Wort allerdings, Revolution. In Teilen der Wirtschaft, in manchen Unternehmen und Institutionen konnte man damit zunächst wenig anfangen, man bevorzugte das Evolutionäre. Aber auch Revolutionen brauchen ihre Zeit, und vom Ende gedacht ist es eine umwälzende Entwicklung.

Aber zunächst ging es ganz schnell. Wahlster, Kagermann und Lukas setzten zunächst auf die Unterstützung der Politik, die das Konzept adoptieren musste. Und tatsächlich war der erste Versuch erfolgreich: Wolfgang Wahlster moderierte 2011 den Hermes Award, warf dabei Industrie 4.0 in den Raum, was Bundeskanzlerin Angela Merkel sofort aufnahm. Die Industrieverbände VDMA, ZVEI und Bitkom griffen die Idee auf, und natürlich die Hannover Messe. Sie machte sich zur Plattform von Industrie 4.0: Sicher auch ein Grund, warum die Idee weltweit erfolgreich war. So kommt zum Beispiel Indonesien als Partnerland der Industriemesse 2023 mit dem Slogan „Making Indonesia 4.0“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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