Die Keramischer OFENBAU GmbH aus Hildesheim gehört zu den führenden Anlagenbauern weltweit für Öfen, die zur Herstellung von Porzellan, Sanitärprodukten, Dachziegeln, Technischer Keramik und Batteriepulvern zum Einsatz kommen.

Wenn man der Krise etwas Positives abgewinnen möchte, dann sind es die Innovationen, die sie hervorbringt. Was bis vor ein paar Monaten undenkbar schien, beweist sich nun in der Praxis: Sogar große Industrieanlagen wie Öfen, die zur Herstellung von Porzellan, Bau-, Sanitärkeramik oder auch Kathodenpulver für Batterien gebraucht werden, können aus der Ferne in Betrieb genommen werden.

Datenbrille statt Dienstreise
Die Keramischer Ofenbau GmbH* aus Hildesheim hat es im Sommer vergangenen Jahres das erste Mal getestet. Als die Pandemie das Reisen praktisch unmöglich machte, setzte der Anlagenbauer auf Datenbrillen. Sie ermöglichten es der Firma, sich über das Internet mit der Baustelle vor Ort zu verbinden und zielgerichtet Instruktionen durchzugeben. Gleichzeitig konnte der Ingenieur in Hildesheim das Geschehen stets im Blick behalten. Dies hat inzwischen bei mehreren Projekten gut funktioniert. Es gibt sogar Kunden, die jetzt gezielt nach dieser Möglichkeit für Maßaufnahme, Bau und Inbetriebnahme fragen“, berichtet David McGuinness, der zusammen mit Thomas Alten die Geschäftedes Unternehmens führt. Auch wirtschaftlich sei das durchaus interessant. Nicht nur die Reisekosten entfielen, mitunter könne ein Ingenieur so auch mehrere Projekte leichzeitig betreuen.

Die Geschäftsführer David McGuinness (li.) und Thomas Alten in den Räumen von Keramischer Ofenbau in Hildesheim. Foto: Georg Thomas.

In Ägypten, Thailand, Indonesien, den USA und China haben die Hildesheimer zuletzt große Industrieöfen aufgebaut, die bis zu 150 Meter lang sein können. Bei Temperaturen zwischen 800 und 1800 Grad Celsius brennen sie verschiedene Produkte. Fachleute sprechen vom Sintern, einem Verfahren, bei dem Hitze und Druck die Korngrenzen zu einem festen, glatten Material zusammenwachsen lassen. Je nach Form und Aufbau sind es Rollen-, Tunnel- oder Herdwagenöfen, die die Hildesheimer Spezialisten an Kunden auf der ganzen Welt verkaufen – pro Jahr sind es bis zu 20 neue Öfen und bis zu 30 Modernisierungen älterer Öfen. Zu den Abnehmern gehören namhafte deutsche und europäische Hersteller von Porzellan, Sanitärprodukten, Dachziegeln oder Steinzeugrohren, wie etwa Villeroy & Boch, Geberit, Duravit und Wienerberger sowie internationale Gruppen wie Lixil, Fiskars oder Le Creuset. „Bei den Top-10-Produzenten weltweit kommen bei sieben bis acht unsere Öfen zum Einsatz“, sagt Geschäftsführer Thomas Alten.

Keramischer Ofenbau überzeugt dabei vor allem mit dem Thema Energieeffizienz. „Da sind wir weltweit führend“. Die sparsamsten Modelle verbrauchten 30 und sogar bis zu 50 Prozent weniger Gas, so Alten. angesichts von Ener-giekosten von rund 800 000 Euro pro Jahr, die etwa bei einem Porzellanhersteller anfallen, sei das für viele Kunden ein wichtiger Faktor. „Die Energieeffizienz ist zusammen mit der Qualität unser Alleinstellungsmerkmal. Billig können wir nicht“, sagt Geschäftsführer Alten.

Auf Hildesheimer Fundamenten
Der Diplomingenieur hat das Unternehmen vor 25 Jahren mit zwölf anderen zusammen aufgebaut, von denen vielezuvor für den Hildesheimer Ofenbauer Heimsoth gearbeitet hatten. Dieser war 1994 von einem Investor aus Hongkong übernommen worden, der ein globales Unternehmen mit Sitz in Aachen aufbauen wollte. „Vermutlich war die Entscheidung für Aachen tatsächlich ein entscheidender Grund dafür, dass bei einigen die
Idee entstand, sich mit einem eigenen Unternehmen selbstständig zu machen“, erinnert sich Alten. Als Start-up hätten sie damals alle Höhen und Tiefen erlebt. Wie prägend und verbindend diese Zeit für das Unternehmen war, wurde ihnen erst später deutlich. „Wir hatten bis vor ein paar Jahren praktisch keine Fluktuation“, erklärt Prokuristin Anne Zumhasch, die auch seit Anfang an dabei ist. In Hildesheim zählt Keramischer Ofenbau heute rund 50 Beschäftigte. Zwar gibt es keine eine eigene Produktion, aber Vertrieb, Planung, Forschung, Entwicklung, Konstruktion und Programmierung der Anlagen sind am Firmensitz angesiedelt. Die Abstimmung mit denUnternehmen, die beispielsweise Metallbauteile oder die Ofenwände zuliefern, übernehmen die Hildesheimer. „Unsere Kunden kaufen bei uns ein fertiges Produkt“, erklärt Geschäftsführer Alten. Viele würden es sehr begrüßen, das auch einheimische Unternehmen beteiligt sind oder dies sogar verlangen. Das Verfahren habe nicht nur Vorteile, aber man habe inzwischen in vielen wichtigen Ländern Partnerfirmen, mit denen man bereits gut zusammengearbeitet habe. Den gesamten Aufbau eines neuen Ofens begleitet in der Regel immer ein Ingenieur von Keramischer Ofenbau vor Ort, der dann auch die Anlage in Betrieb nimmt, testet und an den Kunden übergibt. Komplett neue Anlagen sind in Deutschland inzwischen eher selten geworden. Hier gehe es oft darum, bestehende Systeme zu optimieren oder sparsamer zu machen. Insbesondere die Optimierung von Öfen aller Art, also auch anderer Hersteller, mit der eigenen effizienten Technik ist ein wesentliches Geschäftsfeld von Keramischer Ofenbau. Weltweit sieht Thomas Alten aber durchaus noch Wachstumspotenziale, nicht zuletzt, weil die Industrieöfen aus Hildesheim auch beim Herstellen von Batteriepulver eingesetzt werden, das in Lithium-Ionen-Batteriezellen verwendet wird.

80 bis 90 Prozent Exportgeschäft
Der Exportanteil des Unternehmens liegt zwischen 80 und 90 Prozent. Beim Jahresumsatz bewegen sich die Hildesheimer zwischen 10 und 20 Mio. Euro. „Das hängt bei uns immer stark davon ab, wann wir ein größeres Projekt abschließen“, erklärt Alten. Die Corona-Pandemie hat das Unternehmen im letzten Jahr schwer getroffen. Der Umsatzeinbruch war massiv. „Das haben wir in diesem Jahr aber schon wieder annähernd reingeholt.“ An die Zeit des ersten Lockdowns mögen die beiden Geschäftsführer aber dennoch nur ungern zurückdenken. „Wir hatten damals mehr als 100 Seecontainer mit Material an verschiedenen Baustellen weltweit stehen. Und wir konnten nicht hin.“ Deswegen sind sie froh, dass sich aus dieser Notlage weitere Schritte in der Digitalisierung entwickelt haben, wie etwa die Datenbrille zur Bauüberwachung.

*Aus Gründen der Lesbarkeit haben wir auf die korrekte Schreibweise Keramischer OFENBAU GmbH verzichtet.

Keramischer OFENBAU

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