Zum Jahresende hat sich die Stimmungslage bei den Selbstständigen verschlechtert. Aber auch in der Corona-Krise gibt es in vielen Bereichen gute Chancen für Gründer. Zahlenmäßig war 2020 bundesweit ein gutes Gründungsjahr. Mit der digitalen Gründungswoche bietet die IHK Hannover vom 8. bis 12. März umfassende Informationen.

 

Diana und Luis Souto Méndez haben Anfang November 2020 in Hannover ihren Weinladen „Zwei in Zwanzig“ in der Laportestrasse 20 in Linden-Süd eröffnet. Das Paar betreibt bereits seit 2012 einen Weinimport mit Fokus auf spanischen Weinen, die in Hotellerie und Gastronomie sowie im Weinfachhandel Abnehmer finden, und einen Online-Shop. Im vergangenen Sommer hat Luis Souto Méndez seinen Vertriebsjob bei einem Hamburger Unternehmen gekündigt, um sich mit voller Kraft um das gemeinsame Unternehmen zu kümmern. Am 5. November haben Diana und Luis Souto Méndez die Tür ihres Ladengeschäfts zum ersten Mal für die Kunden aufgeschlossen. Öffnungszeiten dienstags bis samstags, jeweils halbtags. Genau drei Tage nach dem Teil-Lockdown. Aber weil Weinläden vom Land Niedersachsen als Getränkeläden behandelt werden, dürfen sie ebenso wie Lebensmittelläden in der Corona-Pandemie offenbleiben. Ein Schild an der Tür informiert über die Regeln – Mund-Nasen-Bedeckung und Personengrenze im Laden. „Wir sind happy, dass wir aufhaben dürfen. Wir haben Kunden, die regelmäßig bei uns im Laden kaufen. Und im B2B-Bereich bekommen wir jeden Tag neue Kunden. Aber anders als in Spanien sind Restaurants und Hotels hier geschlossen“, stellt Luis Souto Méndez fest.

Nur etwas weniger Gründungen als 2019

Das „Zwei in Zwanzig“ ist eins von 610025 Unternehmen, die zwischen Januar und November 2020 gegründet wurden. Die Dezember-Zahlen hat das Statistische Bundesamt noch nicht veröffentlicht. Damit ist die Gesamtzahl der Gewerbeanmeldungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum lediglich um 2,3 Prozent gesunken. Vor dem Hintergrund, dass die Gründungen in Deutschland seit 2000 – damals gab es bundesweit rund 1,3 Millionen – deutlich rückläufig sind, erscheint diese Zahl beachtlich. Wie sieht es aber genauer aus, in den Zahlen des Statistischen Bundesamts?

Weniger Unternehmen mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung

Ein Blick in die Monats-Statistiken zeigt, dass es im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2019 zwischen März und August zwar eine Delle bei den Gewerbeanmeldungen gab; aber dafür waren die Anfangs- und Endmonate des Jahres umso erfreulicher. Gründe für den deutlicheren Rückgang seit März sind zum einen die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gewerbeämter selbst, die nur eingeschränkt arbeitsfähig waren. Zum anderen ist davon auszugehen, dass viele Gewerbetreibende aufgrund der allgemeinen Unsicherheit die weitere wirtschaftliche Entwicklung abwarten, bevor sie ein Gewerbe anmelden. Nimmt man die Zahlen für Betriebe mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung unter die Lupe, sieht die Lage wie folgt aus: Von Januar bis September 2020 (bis dahin liegen diese detaillierteren Zahlen des Statistischen Bundesamts vor) wurden in Deutschland rund 88 200 Betriebe gegründet, deren Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf eine größere wirtschaftliche Bedeutung schließen lassen. Das waren 6,4 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Allerdings lag die Zahl der von Januar bis September 2020 neu gegründeten Kleinunternehmen mit rund 104 100 deutlich unter dem Vorjahreswert (-18,1 %). Hingegen nahm die Zahl der neu gegründeten Nebenerwerbsbetriebe um 5,5 Prozent auf rund 216900 zu. Sinnvollerweise bezieht man in eine solche Betrachtung auch die Gesamtzahl der Gewerbeabmeldungen (Gewerbeaufgaben, Betriebsübergaben, Umwandlungen, Fortzüge in andere Meldebezirke) mit ein: Aber auch diese Zahl liegt für den Zeitraum Januar bis September 2020 mit 302800 Gewerbeaufgaben 16,5 Prozent unter dem Vorjahreswert (siehe Tabelle unten).

Startups: Gemischte Gefühle

Soviel zur Zahl der Neugründungen im Corona-Jahr 2020. Wie aber sieht es bei den Gründern stimmungsmäßig aus? Der IT-Verband Bitkom befragte für seinem im Dezember veröffentlichten „Startup Report 2020“ im Mai/Juni – also in einer Phase, in der die ersten Corona-Beschränkungen wieder gelockert wurden – rund 100 Tech-Startups auch zur Corona-Krise. Mit folgenden Ergebnissen: Auf die Frage „Inwieweit würdet ihr den folgenden Aussagen zustimmen bzw. nicht zustimmen?“ gaben 61 Prozent der Unternehmen an, dass sie die Sorge um die Zukunft ihres Startups belastet. 55 Prozent machten sich Sorgen um ihre Mitarbeiter. 30 Prozent litten unter Existenzangst. Bei 43 Prozent der Unternehmen ist der Umsatz gesunken. Vier von zehn Unternehmen haben Mitarbeiter in Kurzarbeit. Überraschenderweise scheinen sich die Gründer in ihren Rolle dennoch wohlzufühlen: Immerhin nur 20 Prozent der Befragten würde in der aktuellen Situation lieber in einem etablierten Unternehmen arbeiten. Und nur 8 Prozent der Befragten bereuen es in der aktuellen Situation, ein Startup gegründet zu haben.

Gründer im Vergleich optimistischer

Die Frage, wie Startups auf die Corona-Pandemie reagieren, hat auch der „8. Deutsche Startup Monitor 2020“ untersucht, den der Bundesverband Deutsche Startups und die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zusammen mit der Universität Duisburg-Essen erstellt haben. An der Umfrage, die im Mai und Juni lief, nahmen knapp 2000 deutsche Startups teil. In dieser Studie sehen sich 75 Prozent der Startups – Gründer, die sich durch hohe Innovativität und Digitalisierung auszeichnen – in der Geschäftstätigkeit beeinträchtigt. Trotzdem zeigen sich die Gründerinnen und Gründer damals noch optimistischer als die etablierte Wirtschaft. Sie planen, in den kommenden zwölf Monaten im Schnitt sechs neue Mitarbeitende einzustellen. Aufschluss gibt die Studie auch über die Situation nach Branchen: Am stärksten trifft die Corona-Pandemie der Studie zufolge die Branchen Tourismus (92 %), Medien und Kreativwirtschaft (86 %) sowie Human Resources (85 %). Auch die Textilbranche (84 %) sowie der Bereich der Industriegüter (83 %) sind stark betroffen. Etwas besser ist die Situation für Startups aus der Bildungsbranche, dem Bereich Finanzen/Versicherungen, im Medizin- und Gesundheitswesen sowie im Feld Chemie/Pharma und Biologie. In diesen vier Branchen, ebenso wie im Bereich Ernährung und Nahrungsmittel/Konsumgüter, sehen die Gründerinnen und Gründer anteilig häufiger eine positive Entwicklung der Geschäftstätigkeit. Auch eine Unterscheidung nach Geschäftsmodellen (analog, hybrid, digital) zeigt – wenig überraschend – dass analoge Modelle wie der stationäre Handel oder der Verkauf am stärksten von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind. Als Reaktionen auf die Corona-Krisen (siehe Grafik unten) nannten die Unternehmen am häufigsten „Fokussierung auf die Produktentwicklung“ (56 %), „Verschiebung von Investitionen“ (50 %), „Anpassung des bisherigen Geschäftsmodells“ (36 %) und „Schaffung spezifischer Angebote zur Bekämpfung der Corona-Krise“ (24 %). Etwas mehr als die Hälfte der befragten Startups nahm staatliche Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch. Mit einem Anteil von rund 36 Prozent wurde besonders häufig auf die Corona-Soforthilfe zurückgegriffen. Danach folgt mit rund 22 Prozent das Kurzarbeitergeld.

Weniger Gründungs-Pläne

Drastische Ergebnisse gegen Ende des Corona-Jahres zeigt dann aber eine im Dezember vom HDI veröffentlichte Studie: Mehr als ein Drittel der Angestellten, die vor Corona noch Pläne für eine Selbstständigkeit hatten, wollen dieses Ziel jetzt nicht mehr verfolgen. Die Studie, die vom HDI zusammen mit dem Institut YouGov durchgeführt wurde, beruht auf einer repräsentativen Befragung von mehr als 3600 Berufstätigen in Deutschland. Und birgt noch weitere Ergebnisse, die in eine ähnliche Richtung gehen: Deutschland droht nach der Corona-Krise ein nachhaltiger Aderlass an Selbstständigen: Weniger Unternehmerinnen und Unternehmer und die gleiche Tendenz im Bereich freier Beruf seien eine Langzeitfolge der Pandemie. So haben 38 Prozent aller Angestellten ihre Pläne für eine Selbstständigkeit in den vergangenen Monaten begraben. Und fast die Hälfte von ihnen ist überzeugt, dass es nach der Corona-Zeit hierzulande weniger Selbstständige als zuvor geben wird. Dazu passt, was die gleichzeitige Befragung von Selbstständigen im Rahmen der HDI-Untersuchung ergab: Rund 15 Prozent gaben an, bei passender Gelegenheit in ein Angestelltenverhältnis wechseln zu wollen. Jeder siebte sagt zudem, dass er seinen Kindern durch die Erfahrungen der Corona-Zeit nicht mehr zur beruflichen Selbstständigkeit raten könne. Die Ängste und Sorgen gehen weiter: 71 Prozent der Selbstständigen gaben an, „dass durch die Corona-Zeit die finanziellen Risiken für Selbstständige in Deutschland größer geworden sind.“ Etwa jeder fünfte Selbstständige hat seither persönlich finanzielle Existenzängste. Und zwei von drei der befragten Selbstständigen sagen, „dass es durch die Corona-Zeit zu einer Pleitewelle in Deutschland kommen wird“. Luis Souto Méndez wirkt nicht so, als ob er schnell ins Jammern verfällt. Aber auch er stellt fest: „Die Situation ist schwierig. Denn uns fehlt der ganze Umsatz des B2B-Geschäfts, das 90 Prozent ausmacht. Wahrscheinlich müssen wir auch auf Staatshilfen zurückgreifen.“

Hilfe von der IHK
Die IHK Hannover unterstützt Gründerinnen und Gründer mit einem umfassenden Angebot. Dazu zählen individuelle Beratungsgespräche (aktuell telefonisch oder als Videokonferenz), Basis-Informationen und Veranstaltungen zu Förderprogrammen, Franchising, Unternehmensnachfolge, Patenten sowie Stellungnahmen zu den Themen Gründungszuschuss, Förderdarlehen und Bürgschaften: www.ihk-startup.de. 

Und: Mit einer digitalen Gründungswoche bietet die IHK Hannover vom 8. bis 12. März kompakte Informationen und Hilfestellung beim Durchstarten in die Selbstständigkeit. Das Programm umfasst mehr als 20 Webinare und digitale Sprechtage zu allen relevanten Gründungsthemen, ergänzt um Online-Formate wie den Rütteltest für ein Start-Up, den Pitch von drei Geschäftsideen vor dem Web-Publikum und eine Diskussionsrunde mit jungen Unternehmerinnen und Unternehmern.

 

 

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