Die SGH übernimmt mit 230 Beschäftigten und einer großen Niederlassung in Vietnam für Kunden individuelle kaufmännische Prozesse, von der digitalen Rechnung bis zum vollautomatisierten Skonto. Im Dezember feierte das Familienunternehmen aus Hildesheim 30-jähriges Bestehen.
Digitalisierung gehört praktisch zur DNA der Hildesheimer SGH-Gruppe. Denn neueste Technik nützte schon immer dem Geschäft des Unternehmens, das mit Buchhaltungsdiensten für Verbundgruppen groß wurde und heute digitale Geschäftsprozesse für Kunden aus der ganzen Welt abwickelt. Kerngeschäft der SGH ist die sogenannte Zentralregulierung, die das Unternehmen vor allem für Handelsverbünde, aber auch für den Mittelstand und Konzerne übernimmt. Das Verfahren, das Einkauf und
Rechnungslegung bündelt, haben die Hildesheimer in den vergangenen Jahren um
zahlreiche Dienstleistungen ergänzt. „Unsere Alleinstellungsmerkmale dabei: Wir sind
schneller, kostengünstiger und haben eine höhere Datenqualität als unsere Mitbewerber“, erklärt Gerrit Hoppen, der die Firma im Jahr 2006 offiziell von seinem Vater übernommen hat.
Gerrit Hoppen: Digital Native und Dj
Sein Lebensplan sah anders aus. „Rückblickend bin ich froh, dass sich alles so entwickelt hat und ich damals bei SGH mit eingestiegen bin“, erzählt der 49-jährige Geschäftsführer mit einem Lächeln. Eigentlich wollte er nach seinem Abi mehr Eigenständigkeit und ein Studium in Süddeutschland. Doch sein Vater überzeugte ihn, in der Region zu bleiben. Und Gerrit Hoppen begann ein Wirtschaftswissenschaften-Studium an der Leibniz-Uni in seiner Heimatstadt Hannover. Im Gegenzug bekam er Freiraum. Als er 1993 ein Internetunternehmen gründen wollte, musste er seinen Vater zwar überreden, aber es dauerte nicht lange. „Wir gehörten Mitte der neunziger Jahre zu den ersten Internetanbietern in der Region.“ Und Hoppen erinnert sich noch gut daran, den Stand von HP auf der Cebit mit einer 2-Megabit-Leitung ans Netz angeschlossen zu haben.
Digitale Erfahrungen zahlen sich aus
Für die SGH-Gruppe hat sich diese Zeit als enorm wichtig erwiesen. „Ich konnte persönlich meine unternehmerische Ader ausleben und wir hatten seitdem immer den
Zugriff auf die neueste Technologie“. Auch die Offenheit, neue Wege zu gehen, ist seitdem fester Bestandteil der Unternehmenskultur. Die Offenheit hat sich auch Gerrit Hoppen bewahrt, der neben seinem Job jahrelang im hannoverschen Club „Intensivstation“ als DJ auflegte. Seit zwei Jahren produziert der Familienvater House-Musik – als Ausgleich zum Job.
Internationale Zusammenarbeit
Seit elf Jahren hat SGH auch eine Niederlassung in Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam. Der Schritt habe sich damals schon länger abgezeichnet, da die einfacheren Dienstleistungen der SGH auf Dauer nicht mit dem deutschen oder europäischen Lohnniveau wirtschaftlich darstellbar gewesen seien. Aber die konkrete Umsetzung des Plans ging dann doch sehr schnell. „Die Vietnamesen sind die Preußen Asiens“, hatte Gerrit Hoppen in einer großen Tageszeitung gelesen. Nach einem Anruf bei der zuständigen Auslandshandelskammer stand der grobe Plan.
Heute arbeiten in Vietnam rund 130 Menschen für SGH. Und die Zusammenarbeit mit den Kollegen in Hildesheim ist eng. „Wenn nicht gerade Corona ist, finden mehrmals im Jahr Besuche und Austauschprogramme statt“, berichtet Hoppen. Es bestehen internationale Teams, die gemeinsam neue Entwicklungen vorantreiben. Und auch beim Tagesgeschäft gibt es eine enge Abstimmung.
Fintech in Hannover als Thinktank
In den letzten Jahren hat der technische Fortschritt das Geschäft des Unternehmens enorm verändert. Die Geschwindigkeit hat sich SGH auch bei seiner jüngsten Neuentwicklung, dem Dynamic Discounting, zunütze gemacht, einer sogenannten Working Capital Plattform. Sie ermöglicht praktisch vollautomatisches Skonto, das so ausgestaltet wird, das Kunde und Lieferant davon profitieren. Vertrieben wird das Produkt von der SGH Finance, einem Tochterunternehmen, das Gerrit Hoppen vor zwei Jahren gegründet hat. Das Fintech hat erst vor wenigen Monaten neue Büroräume in Isernhagen bei Hannover bezogen. Bewusst fiel die Wahl nicht auf Hildesheim. „Die Kollegen dort sorgen dafür, dass die Prozesse bei unseren Bestandskunden reibungslos und fehlerfrei laufen“, erklärt Hoppen. Das kleine Team am Rande Hannovers sollte mehr Freiraum bekommen, um kreativ und agil zu arbeiten und neu zu denken und auch Fehler zu machen. „Das ist unser Thinktank“.
Für die nächsten Jahre hat sich SGH zum Ziel gesetzt, vor allem durch neue internationale Kunden zu wachsen. Den Großteil der Umsätze erwirtschaftet SGH bislang in Deutschland und Europa. Aber das internationale Geschäft wächst. Da sei man zuletzt recht erfolgreich gewesen. Allerdings dauert es in der Regel 16 bis 18 Monate vom ersten Kontakt bis zum Vertragsschluss. Dass es irgendwann nichts mehr zu tun gibt, weil die Digitalisierung immer weiter voranschreitet und Prozesse angeglichen werden, glaubt SGH-Geschäftsführer Hoppen nicht: „Trotz aller Bemühungen wird man sich nicht auf einheitliche Standards einigen können. Zudem sorgen der Fachkräftemangel und der
Kostendruck dafür, dass Unternehmen ihre Verfahren immer weiter optimieren werden – zum Beispiel mit uns“.