Mitten in der zweiten Welle, in der ersten Woche neuer Einschränkungen: Wie ist die aktuelle Lage der Wirtschaft in Hannover und darüber hinaus? Gerade Branchen, die in der Region stark sind, stehen unter Druck. Aber es gibt ab und an einen positiven Aspekt und auch Lehren für die Zeit danach. Eine Diskussionsrunde Anfang November trug das zusammen: Corona-Update.

Noch stammen die jüngsten Konjunkturdaten, die für Niedersachsen zu haben sind, aus dem Oktober. Sie spiegeln auf der einen Seite eine Erholung im dritten Quartal wider mit einer ausgeprägt V-förmigen Aufwärtsbewegung des Konjunkturklimaindikators für Niedersachsen. Aber bereits zu diesem Zeitpunkt und mit einer gewissen Besserung im Rücken äußerten die Unternehmen die Angst vor einem zweiten Lockdown. Jetzt ist er da, zwar in einer nicht umfassenden Variante, aber trifft erneut die bereits besonders unter Druck stehenden Branchen: die für Hannover so bedeutende Messewirtschaft, den Tourismus, Gastronomie, die Veranstaltungsbranche, die Kultur. In anderen Wirtschaftsbereichen, etwa in Teilen der Industrie, sieht es dagegen besser aus. Diese Zweiteilung werde sich durch die erneuten Beschränkungen noch verstärken, so Maike Bielfeldt, Hauptgeschäftsführerin der IHK Hannover. Volker Müller, Chef der niedersächsischen Unternehmerverbände, wies darauf hin, dass Unternehmen mit Geschäftsverbindungen nach China vom dort jetzt spürbaren Aufschwung profitieren.

Aktuelle IHK-Konjunkturumfrage angekündigt

Die IHK-Chefin erläuterte in der Diskussionsrunde die Zahlen, kündigte aber eine aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern noch für den November an. Bielfeldt diskutierte neben Volker Müller mit Doris Petersen, Geschäftsführerin der Wirtschaftsfördergesellschaft Hannoverimpuls für Stadt und Region, mit Regionspräsident Hauke Jagau sowie Oberbürgermeister Belit Onay.

Übereinstimmende Lagebeurteilung

Große Übereinstimmung beim Blick auf die aktuelle Lage: Je nach Branche ist die Situation zum Teil äußerst ernst. In vielen Fällen, so Maike Bielfeldt, geht es nicht um Fragen wie etwa Investitionszurückhaltung oder Beschäftigungspläne, sondern schlicht um Sein oder Nichtsein: „Ein Teil der Unternehmen verfügt krisenbedingt auch nicht mehr über die entsprechenden Mittel und kämpft ums Überleben.“ Und: „Von einem wirklichen Aufschwung sind wir noch weit entfernt.“ Bielfeldt forderte angesichts der neuen Beschränkungen schnelle staatliche Hilfe für Unternehmen, die durch die Krise unverschuldet in Not geraten sind. Außerdem setzte sie sich für passgenaue Maßnahmen gegen die Pandemie ein, um einen generellen Lockdown zu vermeiden und damit die Auswirkungen auf die Wirtschaft so gering wie möglich zu halten, gleichzeitig aber die Gesundheit der Menschen so gut wie möglich zu schützen.

Wie lange dauern die Beschränkungen?

Zentrale Frage: Wie lange dauern die gegenwärtigen Beschränkungen? Passend die Anmerkung von Regionspräsident Hauke Jagau: „Wir fahren auf Sicht.“ Ebenso wie Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay hob Jagau die nach Branchen differenzierte Lage hervor. Onay sprach darüber hinaus einmal mehr die Wirkung der Pandemie als „Brandbeschleuniger“ für den Innenstadthandel an. Ähnlich gilt das auch für andere Branchen im Strukturwandel, etwa die Automobilindustrie. UVN-Chef Volker Müller warnte vor einer bevorstehenden Insolvenzwelle in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft.

Stabile Zahlen bei der Gründung

Andererseits wies Maike Bielfeldt auf nach wie vor stabile Zahlen bei der Unternehmensgründung hin. Und Hauke Jagau erinnerte an den Schub, den die Pandemie zum Beispiel bei Digitalisierung und Homeoffice gebracht hat. Der Regionspräsident sagte in diesem Zusammenhang, dass neue Formen der Zusammenarbeit auch Chancen für die Attraktivität ländlicher Räume bringen können.

Jetzt die Verwaltung beweglicher machen …

Die Wirtschaft auf der einen, die Verwaltung auf der anderen Seite: Das galt in gewisser Weise auch für die Diskussion Anfang im November mit Maike Bielfeldt und Volker Müller als Sprecher für die Unternehmen, Hauke Jagau und Belit Onay als Verwaltungschefs und Doris Petersen als Geschäftsführerin der regionalen Wirtschaftsförderung gewissermaßen mittendrin. Fazit der Runde  Auch in der Verwaltung hat die Pandemie Veränderungsbedarf offengelegt. Digitalisierung wird dabei helfen, „die Bremsen herauszunehmen“, wie es Belit Onay formulierte. Die Verwaltung müsse schneller und beweglicher werden, bekannten übereinstimmend der Oberbürgermeister und der Regionspräsident. IHK-Chefin Maike Bielfeldt rief in diesem Zusammenhang dazu auf, den „Corona-Drive“, der in den letzten Monaten unter dem Druck des Faktischen vieles Dinge ermöglicht hat, jetzt genau dafür zu nutzen.

… und Hannover attraktiver

Die Fünfer-Runde diskutierte auf Einladung von Hannoverimpuls mit dem HAZ-Redakteur Conrad von Meding als Moderator. Gastgeberin Doris Petersen wies darauf hin, das Hannovers Wirtschaftsförderung derzeit gefordert wie nie. „Wir haben mittlerweile mehr als 800 Betriebe individuell beraten, der Bedarf steigt wieder.“ Sie setzte sich für die Kreativwirtschaft mit ihren vielen Soloselbstständigen sowie Freiberuflern und Freiberuflerinnen ein: Die seien bisher bei den Zuschüssen und Förderungen teilweise durchs Raster gefallen. „Aber eine lebendige Kreativszene ist wichtig für die Attraktivität unserer Landeshauptstadt.“

In diese Richtung ging dann auch ein Gesprächsangebot von IHK-Chefin Bielfeldt an die Runde: Gemeinsam könne man daran arbeiten, die Region auch touristisch noch attraktiver zu machen und weiter zu erschließen.

Die ganze Diskussion mit Doris Petersen, Hauke Jagau, Belit Onay, Volker Müller und Maike Bielfeldt können Sie auf Youtube nachverfolgen: https://t1p.de/3ue8

 

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