Die Verwaltungsrichter konnten wohl nicht anders, sobald ihnen die Frage vorlag: Steht der Umsatz des Handels im Vordergrund, reicht das als Begründung für einen verkaufsoffenen Sonntag nicht aus. Damit war die am ersten Septembersonntag geplante, genehmigte und mit reichlich Kosten – und Engagement – vorbereitete Verkaufsöffnung in Hildesheim vom Tisch.
Aber die Begründung wirkt wie aus der Zeit gefallen: Wer nicht gemerkt hat, dass der Einzelhandel derzeit Umsatz braucht wie nichts anderes, dürfte in den vergangenen Monaten in einer Parallelwelt gelebt haben. Und Großveranstaltungen, die als Anlass ausreichen würden, gehen wegen Corona nicht. Trotzdem wird gegen verkaufsoffene Sonntage geklagt. Oldenburg hat’s auch erwischt. Und andere Städte, Hameln etwa, zucken schon zurück.
Gleichzeitig bricht gerade eine Diskussion um die Innenstädte los. Vom Brandbeschleuniger Corona ist da immer wieder die Rede. Was heißt: Es brennt schon. Angefacht durch das Internet: Die grüne Bundestagsfraktion überlegte jetzt nochmal laut, den Online-Handel einzuschränken. Dürfte schwierig werden. Immerhin ist das Thema angekommen. Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay hat zu einer breiten Diskussion über die Zukunft der City aufgerufen, in der gerade über die Zukunft des Karstadt-Hauses gerätselt wird. Die IHK signalisierte sofort Unterstützung.
In dieser Situation wird dem Handel – und den Innenstädten – ein Instrument schlicht aus der Hand geschlagen. Und manche sinnieren fein darüber, dass Wohl und Wehe des Handels ja nicht an ein paar verkaufsoffenen Sonntagen liegen könne. Oder dass sechs Öffnungstage pro Woche genug seien. Im Einzelhandel sieht man das anders, sonst würden Sonntagsöffnungen ja gar nicht erst geplant. Warum hört man sich nicht auf die Stimmen aus der Branche, gerade jetzt? Stattdessen erleben wir so etwas wie eine gesamtgesellschaftliche Wette. Die eine Seite setzt einfach mal darauf, dass der Handel es schon schaffen wird. Der Einsatz aber ist hoch. Nicht nur die Zukunft der Innenstädte. Sondern auch Existenzen im Handel, sowohl von Unternehmerinnen und Unternehmern als auch ihrer Beschäftigten.pm
Ursprünglich als Wirtschaftspolitisches Streiflicht, später in einer eigenen Rubrik „Streiflichter“: Glossen begleiten die Niedersächsische Wirtschaft von Anfang an und hatten schon in Vorgänger-Publikationen ihren Platz. An dieser Stelle finden Sie jeden Freitag eine Glosse in dieser Tradition.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]