Digitalisierung, IHK-Finanzen und Kostendisziplin: Dazu Fragen an Maike Bielfeldt, die neue Hauptgeschäftsführerin der IHK Hannover, im zweiten Teil des NW-Interviews.

Frau Bielfeldt, der wirtschaftliche Einbruch trifft Deutschland in einer Zeit, in der ohnehin genug zu tun wäre: Digitalisierung, Energiewende, demografische Entwicklung, Klimaschutz und Nachhaltigkeit, Umbruch in der Automobilindustrie. Welche Themen sehen Sie ganz oben auf der Tagesordnung?

Alle. Aber ich habe grundsätzlich immer ein Faible für innovative Dinge. Digitalisierung, Energiewende. Gerade in Corona-Zeiten muss man hier die Chancen sehen.

Und das Thema Ausbildung liegt mir einfach auch sehr am Herzen. Aber das passt ja auch alles zu den aktuellen Herausforderungen. Und: Ich blicke nicht so sehr zurück, lieber nach vorn. Aber so sind ja auch die Unternehmen, das zeichnet den deutschen Mittelstand aus, das muss man einfach mal sagen. Das Findige, sich immer wieder neu einstellen, die Tüftler, die Ingenieure – und das bei Top-Qualität: Das sehe ich auch nach wie vor als den Weg, aus der Krise herauszukommen.

Ohne Digitalisierung geht nichts: Das gilt auch für eine Industrie- und Handelskammer.

Genau. Erst recht für eine IHK.

Welche Schritte stehen hier an?

Grundsätzlich hinterfrage ich alles: Warum ist das so, warum machen wir das nicht digital? Ich setze sehr auf Kooperation und Vernetzung. Bei allem, was wir machen, stelle ich die Frage, was andere Industrie- und Handelskammern machen, ob wir gemeinsam etwas entwickeln Und Einspareffekte erzielen können. Denn die Technologie, die im Hintergrund läuft, ist für den Kunden nicht sichtbar. Das sind Dinge, die ich lebe.

Auch das ganze Thema Weiterbildung, das in Corona-Zeiten ganz schwierig war, wird durch Digitalisierung verändert. Oder das Prüfungsmanagement, der ganze Bereich Ausbildung: Da kann man ganz viel digitalisieren. Und wir sind auch als IHK Hannover am 1. August mit dem Bildungsportal gestartet. Das ist ein Online-Portal, das in ganz Deutschland ausgerollt wird. Der erste Teil ist das elektronische Berichtsheft für Azubis. Und sukzessive wird über die nächsten Jahre das ganze Ausbildungshandling digitalisiert angeboten. Alles was, wir mit dem Staat zu tun haben, müssen wir sowieso bis Ende 2022 online umgesetzt haben. Das müssen wir nicht alleine erledigen, sondern mit allen anderen Industrie- und Handelskammern zusammen.

Und es gibt noch ganz viele Ideen, was man machen kann. Und das machen wir auch. Dafür brennt mein Herz.

Der sparsame Umgang mit den Mitgliedsbeiträgen der Unternehmen ist in der IHK Hannover seit langem ein hohes Gut. Aber wie wird sich der Wirtschaftseinbruch auf die Finanzierung der IHK auswirken und damit auf die Möglichkeit, solche Dinge umzusetzen?.

Das ist ja kein Widerspruch! Wenn ich jetzt nicht digitalisieren würde, wäre das ein Fehler. Durch das Kooperative, Gemeinsame und Digitale können wir doch nur effizienter und schlanker und schneller werden, vor allem auch im Interesse unserer Mitgliedsunternehmen.

Ich sage immer: Wir wollen gestalten und nicht verwalten. Wenn es unseren Mitarbeitern gelingt, die Dienstleistungen für unsere Mitglieder schnell und effizient durch Digitalisierung zu erbringen, dann ist es für jeden ein absoluter Gewinn.

Aber ganz klar: Ich werde weiterhin in der IHK auf die Kosten blicken. Ich bin dafür bekannt, dass ich nicht aus dem Vollen schöpfe. Ich arbeite eher über das Thema der Kooperation.

Aber der Wirtschaftseinbruch wird sich auf die IHK-Finanzen auswirken.

Ja, das wird alle betreffen. Jede IHK wird anders durch die Krise kommen, weil jede anders geführt und vorher anders ausgestattet war. In Hannover wissen wir aber, dass wir Anpassungen vornehmen müssen.

Als IHK-Chefin in Hannover gehören Sie auch der Hauptgeschäftsführung der IHK Niedersachsen an, der Arbeitsgemeinschaft der sieben niedersächsischen Industrie- und Handelskammern. Welche Aufgaben sehen Sie hier?

Das Geschäft kenne ich in der Tat, auch aus meiner vorherigen beruflichen Tätigkeit. Da habe ich die norddeutschen Industrie- und Handelskammern koordiniert. Insofern weiß ich, wie so eine Kooperation funktioniert, wie schwierig sie ist und welche Chancen und Stärken sie auch hat. Die IHK Hannover betreut ja etwa die Hälfte der Fachthemen – da bin ich dann diejenige, die die Prozesse vorantreibt. Ansonsten geht es vor allem darum, sich politisch abzustimmen, gemeinsame Positionen zu entwickeln und sie hier in Hannover zu platzieren – aber das geht nur in der Gemeinsamkeit, das halte ich für wichtig.

Stationen Ihrer Karriere bislang waren unter anderem Berlin, Hamburg und Wien: Was zeichnet die niedersächsische Landeshauptstadt diesen Metropolen gegenüber aus?

Das ist eine schwierige Frage. Früher kannte ich Hannover nur vom Durchfahren oder von den großen Einfallstraßen. Aber in dem Augenblick, in dem man rechts oder links davon ist, merkt man, wie schön die Stadt eigentlich ist. Mir ist das jedenfalls so gegangen. Ich kannte den Hauptbahnhof, den Flughafen und die Straßen, die für den Verkehr natürlich sehr angenehm sind – aber sie zeigen nicht das wahre Bild der Stadt. Da freue ich mich drauf, und auch auf die Eilenriede. Und dann die zentrale Lage: Man ist überall sehr schnell, durch die ICE-Verbindung, die Autobahn. Und genauso schnell ist man wieder zurück. Das ist großartig.

Das werde ich dann alles kennenlernen, und ich bin jetzt schon gespannt, was da auf uns zukommen wird. Den Rest kann ich Ihnen dann in einem Jahr beantworten, wenn ich weiß, wie es tatsächlich ist.

Welche Schlagzeilen wünschen Sie sich in einem Jahr – zum einen für die Entwicklung der Wirtschaft in Niedersachen, zum anderen für Ihre ersten zwölf Monate an der Spitze der IHK Hannover?

Für mich: Sie kann anpacken. Sie bringt frischen Wind in die IHK. Sie ist modern und offen. Für die Wirtschaft würde ich mir wünschen: Wir blicken nach vorne – es geht wieder los. Die Wirtschaft springt wieder an. Der Impfstoff ist gefunden. Deutschland ist noch moderner und noch digitalisierter geworden.

Und: Der Handel läuft! Denn die Innenstädte dürfen nicht aussterben. Das ist mir ein ganz wichtiges Anliegen.

Die Fragen stellten Stefan Noort und Klaus Pohlmann.

Hier geht’s zum ersten Teil des Interviews

 

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