Mit dem Auslaufen der EU-weiten Reisewarnung hoffen auch die Reisebüros wie beispielsweise das Reisekontor Weyhe auf die Rückkehr der Kunden. Es liegen schwere Wochen hinter den Inhabern.
Wenn jetzt viele Menschen in den nächsten Wochen ihren Urlaub für das nächste Jahr oder den Winter buchen, können wir es schaffen“. Dann wird es das Reisebüro von Michaela Kraatz und Peggy Koppisch in Weyhe auch noch über den 31. Oktober dieses Jahres hinaus geben. Dass sich die Lage einmal so für sie darstellen würde, hatten sich die beiden Reise-Expertinnen nach vielen guten Jahren nicht vorstellen können. Bereits 2019 sei kein ganz leichtes Jahr für ihr veranstalterunabhängiges Reisebüro gewesen – wegen der Pleite von Thomas Cook und der Airline Germania, die viele Flüge vom nahe gelegenen Bremen anbot. „Wir haben jahrelang gut gewirtschaftet und uns mit unserer Kompetenz und Beratung auch gegenüber dem Online-Reise-Geschäft gut behauptet“, sagt die 51-Jährige.
Nach der Feier zum Jubiläum kam die Corona-Krise
Im Dezember noch hatten sie das zehnjährige Bestehen ihres Reisekontors mit vielen Stammgästen gefeiert. Für die Hauptreisesaison in diesem Jahr waren schon viele Reisen verkauft – bis sich im März ihr Geschäft komplett umdrehte, man könnte auch sagen verabschiedete. Aus Buchungen wurden Stornierungen und aus Anfragen Nachfragen. Michaela Kraatz und ihre ein Jahr jüngere Geschäftspartnerin hatten alle Hände voll zu tun und gleichzeitig kam das Geschäft komplett zum Erliegen. Ihre einzige feste Angestellte mussten sie schweren Herzens freistellen. Der Umsatz sank um 90 Prozent, „eigentlich sogar um 100 Prozent“, schätzt sie. Die Soforthilfe habe ihnen natürlich geholfen, aber an die Wochen denkt sie nur ungern zurück: „Das war einfach nur furchtbar, wenn man diesem Zustand so ausgeliefert ist.“ Keine Perspektive zu haben und nur Reisen absagen zu müssen, sei auch an ihnen nicht spurlos vorbei gegangen. Und was sie richtig geärgert hat: „Die Veranstalter haben uns dabei ganz schön im Regen stehen lassen. Das muss man leider so deutlich sagen“, erklärt die Unternehmerin. Manche Anbieter hätten sogar die Telefonhotlines für Reisebüros abgeschaltet. „Dabei haben wir die ganzen Stornierungen für die abgewickelt. Und unsere Kunden hatten natürlich Fragen, die wir nicht beantworten konnten.“
Reiseveranstalter ließen sie im Regen stehen
Die Stimmung war dementsprechend mies –über Wochen. So kann es nicht weitergehen, dachten sich die beiden Anfang Juni, wenige Wochen nach den ersten Corona-Lockerungen im touristischen Bereich. Sie waren sich einig, der Krise mit Positivität und Optimismus zu begegnen, denn das zeichnet sie aus.
„Wenn unser Büro dunkel ist, dann kommt auch niemand auf die Idee eine Reise zu buchen.“ Ab diesem Moment standen wieder Blumen vor der Tür, vormittags ist das Büro seitdem wieder besetzt und Beratungstermine werden vergeben, was sich auch bereits
in ein paar Buchungen positiv bemerkbar gemacht hat. Zudem haben sich die beiden Frauen überlegt das Angebot ihres Reisebüros ein wenig umzubauen und in Zukunft auch mehr kleinere Veranstalter in ihr Programm aufzunehmen. Neben klassischen Pauschalreisen und Individualreisen, wollen sie künftig auch mehr Fahrrad- und Trekkingtouren oder Yoga- und Meditationsreisen anbieten sowie ein besonderes Augenmerk auf die Nachhaltigkeit der Reisen legen.
Internetseite des Reisekontor Weyhe
Reisebüro-Umsätze im Mai um 90 Prozent gesunken
Reisebüros in Deutschland haben im Mai bei den Umsätzen ein Minus von 90 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat verzeichnet. Kumuliert liegt der gesamte fakturierte
Reisebüroumsatz für die ersten fünf Monate 2020 bei minus 61,1 Prozent. Dies zeigt der ta.ts-Reisebürospiegel.
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