Fährt man, parallel zur A 2, auf der Bundesstraße von Lauenau nach Bad Nenndorf, liegen linker Hand am Ortsrand Rodenbergs die Werksgebäude des Verpackungsspezialisten Gissler & Pass. Hochmodern und zweckmäßig lassen sie nicht ahnen, dass von hier aus ein Faden direkt zu pazifischen Inseln, vielleicht sogar zur Schatzinsel – zu der Schatzinsel – führt.
Das niedersächsische Zweigwerk des Unternehmens mit Stammsitz in Jülich im Rheinland wurde 1961 gegründet und seitdem immer wieder ausgebaut, zuletzt 2014/15. Heute ist das Werk ein Kompetenzzentrum für die Just-in-time-Produktion hochwertiger, mehrfarbig flexo- und offsetbedruckter Verpackungen und Displays aus Wellpappe.
Im nahe gelegenen Kurort wollte man vor fast 60 Jahren keine Industrie, so fiel die Wahl auf Rodenberg. Heute arbeiten dort etwa 130 Menschen, tragen rund 45 Mio. Euro zum Umsatz von Gissler & Pass bei. Der lag im vergangenen Jahr bei rund 115 Mio. Euro, erwirtschaftet von 470 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit der Herstellung innovativer Verpackungslösungen, mit Dienstleistungen und Logistik rund um die Verpackung. Da liegt der Geruch von Papier und Farbe in der Luft, aber wo schnuppert man Meer und Abenteuer?
Folgen wir dem Schweizer Schriftsteller Alex Capus an die Westküste Südamerikas. Capus hat Fakten zu einer Erzählung verwoben, die bis zu Robert Louis Stevenson führt. Die Mutter aller Schatzkarten, schreibt er, sei in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgetaucht und weise den Weg zum unermesslichen Kirchenschatz von Lima. Kein Piratenschatz, sondern vor fast 200 Jahren gestohlen beim Versuch, ihn zu retten. Und vergraben auf der Isla del Coco vor Costa Rica. Das besagten die immer zahlreicher auftauchenden weiteren Karten. Ein Riesenthema damals. Stevenson habe sich davon, schreibt Capus, zu seinem Roman „Treasure Island“ anregen lassen, zu Deutsch „Die Schatzinsel“, mit Figuren wie Long John Silver und Jim Hawkins. Aber die Schatzkarten zogen auch den deutschen Unternehmersohn August Gissler in den Bann.
Der wird 1858 geboren. Sein älterer Bruder Hermann und Cousin Carl Wilhelm Pass steigen 1882 in die Papierindustrie ein – Ursprung der Firma Gissler & Pass, die sich heute unter die führenden europäischen Unternehmen der Branche einordnet. Auf der Suche nach neuen Abnehmern für seine Papierproduktion kaufte Walther Gissler 1924 in zweiter Generation ein Wellpappenwerk hinzu. Heute steht Thomas Gissler-Weber in vierter Generation an der Spitze des Familienunternehmens.
August Gissler, der Gründer-Bruder, aber wollte weg, weg, weg. Zwar hielt er gewissen Kontakt zu seiner Familie, war aber fest entschlossen, sein Leben nicht in der heimischen Papierfabrik zu verbringen, sondern als Seefahrer und Abenteurer. Er heuerte auf Handelsschiffen an und trifft eines Tages einen jungen Portugiesen, der ihm von sagenhaften Schätzen berichtet, die auf einem kleinen Eiland namens Cocos-Insel vergraben sein sollen. Der junge Mann hatte von einem geheimnisvollen Seemann eine Schatzkarte geerbt, und so kam August in den Besitz einer Kopie. Von diesem Zeitpunkt ist sein Schicksal besiegelt: Das Sehnsuchtsziel des seefahrenden Hünen aus dem Rheinland wurde die Schatzinsel Cocos Island. Er gründete kein Industrieunternehmen, sondern Gesellschaften zur Schatzsuche. Fast 20 Jahre grub er die Insel um, war deren Gouverneur, sollte deutsche Siedler holen. Nur Erfolg hatte er nicht.
Dr. Richard Gissler-Weber, der 2010 verstorbene Gründer des Rodenberger Werks, machte auf den Spuren seines Vorfahrens vor 40 Jahren einen Abstecher auf die Isla del Coco. Den mitgebrachten Metalldetektor jedoch packte er gar nicht erst aus. Sein Schatz waren Schachteln, statt Piraten dreht sich die Welt von Gissler & Pass um Wellpappe, Verpackungen und Displays. Und das seit fast genau 60 Jahren auch in Rodenberg, mit einem der insgesamt fünf Werke des Unternehmens, direkt an der B 442 und in Sichtweite der Autobahn.
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Klaus Pohlmann
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