Die Auswirkungen der Corona-Krise treffen die Wirtschaft mit voller Härte. Beim Zirkus Charles Knie war alles bereit für den Saisonstart, als plötzlich alles ins Wasser fiel. Das Modehaus Kressmann hatte zum Glück die Inventur noch nicht gemacht. Zudem hofft man in Hildesheim mit einem Lieferservice für Stammkunden ein wenig Umsatz zu machen.

Alle Artisten waren angereist, die Generalprobe gelaufen, alles war bereit für den Saisonauftakt – und dann kam die Absage. Erst für die Premiere und das mehrtägige Gastspiel in Hannover, dann für dutzende Tourneeorte. „Wir haben erst einmal alles bis Mitte Mai abgesagt“, erklärt Sascha Melnjak, Chef des Zirkus Charles Knie, dem das Coronavirus von einem Moment auf den anderen praktisch die Geschäftsgrundlage entzogen hat. Zirkusvorstellungen – ganz gleich ob mit mehr oder weniger als 1000 Zuschauern – sind seit dem 13. März in Deutschland und inzwischen auch allen Nachbarländern undenkbar.

Der Großzirkus, über den die Niedersächsische Wirtschaft noch vor wenigen Wochen in einer Reportage voller Optimismus berichten konnte, ist von der Krise schwer getroffen worden, wie so viele Unternehmen und Selbstständige aktuell: Die Generalprobe am Abend des 12. März in Northeim konnte noch stattfinden. „Am Morgen danach kam dann die Absage“, blickt Melnjak zurück. Alle Artisten waren angereist, zum Teil aus fernen Ländern – nun wollten und mussten sie alle wieder heim. Bei den meisten sei das auch gelungen. Nur für das Ballettensemble aus Südamerika war kein Rückflug mehr zu bekommen. Vom 90-köpfigen Team sind jetzt noch rund 25 geblieben, die zunächst wieder am Stammsitz in Einbeck ihr Quartier bezogen haben. „Wir machen hier und da ein paar Arbeiten, versuchen uns zu beschäftigen.“ Die „Zirkusfamilie“ hält zusammen. Und nicht alle haben das Gefühl festzusitzen. Der für die Saison engagierte Bauchredner aus Italien ist sogar froh, jetzt nicht in seinen Heimatort in der Lombardei zurück zu müssen.

Sascha Melnjak versucht derweil den entstandenen Schaden zu begrenzen, wo es nur geht. Denn viel Geld ist bereits geflossen, ohne dass irgendwelche Einnahmen verbucht werden konnten. Allein 13 000 Euro habe die Werbung für das Gastspiel in Hannover verschlungen, 5000 Euro kosteten die Flüge für das Ballettensemble – 60 000 Euro für Werbematerialien, die jetzt unbrauchbar sind, sind praktisch weg. Man könne fast von Glück reden, dass die Artisten für jeden geleisteten Auftritt bezahlt würden. Vergeblich hat der Direktor in den vergangenen Tagen überlegt, ob es nicht noch irgendeine Einnahmequelle gibt. Aber da alle Märkte und Events abgesagt sind, bleibt auch kein guter Standort für einen Imbisswagen oder Ponyreiten.

Kurzarbeit hat der Zirkus bereits beantragt. Jetzt geht es darum, die laufenden Kosten zu reduzieren. Manche Kunden habe der Direktor sogar um eine Rechnungsreduzierung gebeten. „Die ein oder andere Rechnung sei daraufhin zurückgezogen worden“, freut sich Melnjak. Aber ob sie wirklich im Mai wieder auftreten können? Es bleibt abzuwarten.

 

Modehaus Kressmann – ausbessern und ausliefern
Seit Dienstagmorgen darf das Modehaus in der Hildesheimer Innenstadt seine Türen für den Publikumsverkehr nicht mehr öffnen. „Als wir abends die Pressekonferenz gesehen hatten, haben wir allen Beschäftigten sofort mitgeteilt, dass sie morgen nicht mehr kommen brauchen“, sagt Geschäftsleiter Heiko Heiß. Am Tag darauf hat das Traditionshaus seinen Plan allerdings noch einmal geändert, und eine „Rumpfmannschaft“ in den Laden bestellt, die allerhand Ausbesserungs- und Instandhaltungsarbeiten ausführt. „Es gibt eine Menge zu tun, was sonst schlecht zu machen ist.“ Vorhänge und Gardinen werden gewaschen, es wird gestrichen und repariert. „Gleichzeitig achten wir natürlich darauf, dass wir untereinander Abstand halten und die weiteren Hygieneregeln streng beachten.“

Das Elektromobil des Modehaus Kressmann aus Hildesheim.

Das Hildesheimer Modehaus Kressmann reagiert die auf die Schließung wegen Corona mit einem Kleidungs-Lieferservice für Stammkunden. Foto: Kressmann.

Unter normalen Umständen wäre gerade Hochsaison für das Modehaus. Das Geschäft ist voll mit Ware, die jetzt keine Abnehmer findet. Während er selbst mit einer „normalen Erkältung“ zu Hause war, kam Geschäftsleiter Heiß die Idee, eines Lieferdienstes für Stammkunden. Wer Interesse hat, meldet sich telefonisch, geht mit den Mitarbeitern des Geschäfts einen kurzen Fragenkatalog durch und bekommt dann zwei bis drei Outfits nach Hause geliefert. Angeboten wird der Service montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr über die Telefonnr. 05121/16790. „Das gute ist, dass wir so auch unsere Kompetenz in der Beratung weiter einsetzen können. Auch am Telefon höre man oft raus, ob die angegebene Größe wirklich passt oder ob doch ein weiterer Schnitt nötig ist“, erklärt Heiß.
Ausgeliefert wird per Elektroauto im Landkreis Hildesheim. Da der Dienst nur Stammkunden mit Kundenkarte angeboten wird, entfällt auch der Bezahlprozess an der Haustür. Die meisten haben dem Modehaus eine Einzugsermächtigung erteilt. Die Ware wird abgegeben und bei Nichtgefallen wieder abgeholt. „Schon kurz nach dem Start des Angebots am frühen Nachmittag, haben sich die ersten Kunden gemeldet“, berichtet Heiko Heiß.

Von den rund 70 Beschäftigten des Modehauses sind derzeit noch 12 Menschen im Einsatz. „Den März können wir noch gut abfangen, indem die Mitarbeiter Plusstunden abbauen oder Urlaub nehmen“, so der Geschäftsleiter. Im April wolle man die Lage neu bewerten, dann könne auch Kurzarbeit ein Thema werden. Vielleicht kann der Lieferdienst wenigstens einen kleinen positiven Beitrag leisten.

Internetseite des Modehaus Kressmann

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