Wolfgang Rott vermarktet mit seinem Unternehmen CMM von Hannover aus Bands wie Iron Maiden, Fiddler‘s Green, Kissin‘ Dynamite oder Trans Siberian Orchestra. Und ist Mitinitiator des Kreuzfahrt-Events „70 000 Tons of Metal“.
Wolfgang Rott wirkt tiefenentspannt. Die „70 000 Tons of Metal“ ist gut über die Bühne gegangen. Bands und Musiker wie Kissin´Dynamite, Michael Schenker, Exodus oder Devin Townsend haben Anfang Januar rund 3000 Heavy-Metal-Fans aus 70 Nationen fünf Tage lang auf dem Kreuzfahrtschiff „Independence of the Seas“ zwischen Miami Beach und Cozumel in Mexiko in Schwingung gebracht. „Ich bin Reisen ja gewohnt. Aber danach ist man schon etwas ferngesteuert“, erzählt der 64-Jährige im Büro seiner Firma CMM – Communication Management Marketing GmbH in Hannover. Es war seine zehnte ´Tons´. „Mittlerweile ist vieles eingespielter, die Abläufe sind bekannt“, sagt Rott. Unvorhergesehenes passiert trotzdem: Auf dem Rückweg von Mexiko kämpften Veranstalter und Schiffscrew mit Windgeschwindigkeiten von über 100 Kilometern. Die Außenbühne musste besonders gesichert werden, damit alle Konzerte wie geplant laufen konnten.
Initiator des inzwischen größten Metal-Festivals auf einem Schiff sind der Schweizer Konzertveranstalter Andy Piller – und Wolfgang Rott. Piller konnte vom Balkon seines Apartments in Vancouver den Kreuzfahrthafen sehen. 2009 kam ihm die Idee, eine Heavy Metal-Kreuzfahrt zu veranstalten. „Am Anfang haben alle zu ihm gesagt: Du spinnst. Kreuzfahrten sind was für meine Oma oder maximal für meine Eltern“, blickt Rott zurück. Doch Piller blieb hartnäckig, warb bei Sponsoren Geld ein, gründete die Firma Ultimate Cruises. „Als das Grundkonzept stand, kam er zu mir und fragte mich: Kannst Du das vermarkten?“, erzählt Rott. 2011 hatte die erste 70 000 Tons of Metal Premiere.
Vorher mussten allerdings einige Hindernisse umschifft werden. Etwa: die Buchung der Künstler. Bei dem Event sollte es kein Backstage und auch ansonsten keine abgetrennten Bereiche geben. „Die Bands dachten, wir haben dann keine ruhige Minute. Ich bin dann persönlich zu Bands in Europa hingefahren und habe die Bands überredet“, so Rott. Eine davon war Blind Guardian. „Die haben mich nach der ersten ´Tons´ in den Arm genommen und sich bedankt, dass sie dabei waren.“ Heute stellt sich dieses Problem kaum. Die Bands, die schon mal auf dem Festival gespielt haben, kommen gern wieder. Schwierig war es außerdem, eine Kreuzfahrtgesellschaft zu finden. „Die dachten, da kommen lauter langhaarige Bombenleger aufs Schiff.“ Ähnliches vermuteten auch die Medien bei der Ankündigung der Premiere. Eine Schar von Journalisten hatte sich für die erste Heavy-Metal-Kreuzfahrt angemeldet. „Viele dachten, die Fans machen das Schiff kaputt“, schmunzelt Rott. Eine Fehleinschätzung. „Sie werden auf einem Metal-Festival viel weniger Aggression und viel weniger Gewalt sehen als auf einem anderen Festival. Die Fans trinken Bier, aber passen aufeinander auf“, erklärt Rott.
Das Spektrum der Teilnehmer reicht Rott zufolge „vom Automechaniker bis zum Banker“. Etwa die Hälfte der Metal-Fans kommt aus Europa, rund 50 Prozent davon sind Deutsche. Was zieht die Fans fünf Tage auf das Schiff in die Ferne? „Es haben unheimlich viele Leute versucht, das Festival zu beschreiben. Aber eigentlich kann man es nicht beschreiben. Es ist unheimlich familiär. Da sind Ehen geschlossen worden. Wir sagen immer United Nations of Heavy Metal“, so Rott. Mittlerweile hat das Festival viele Dauerbucher. 50 Kunden (Kategorie: schwarz) waren bereits zehn Mal dabei, 3500 Goldkunden waren bereits drei Mal an Bord. Für die Veranstalter bedeutet das: Die Frühbucher-Konzepte müssen modifiziert werden, zu schnell sind die Kapazitäten weg.
Rott ist seit Jahrzehnten in der Musikwelt verankert, bezeichnet sich selbst als „Dinosaurier“ der Branche. Obwohl er nach der Schule zunächst eine andere Richtung einschlug: Ausbildung an der niedersächsischen Verwaltungsakademie. Beamter bei der Stadt Seelze. Zuletzt, etwa Ende der 70er, arbeitete er im Liegenschaftsamt. „Dann kam die Band Eloy und fragte mich, ob ich für sie das Band-Management machen könnte. Da habe ich mein Gesuch auf Entlassung gestellt.“ Die Meilensteine danach: zehn Jahre PR-Manager des Open-Air-Festivals in Wacken, Europatour-Manager von Joe Cocker, Public Relations und Marketing für Iron Maiden.
1989 gründete Rott seine erste Firma, CMM Marketing, in Hannover. Seine Mission: PR und Marketing für internationale Bands. „Unser Job ist, eine Strategie zu entwickeln, die vor allem in den Bereichen Radio, Print, Online, Clubs und Tour-Promotion funktioniert“, so Rott. „Wir waren übrigens die Ersten, die Clubevents zur CD-Veröffentlichung gemacht haben. Und wir waren die Ersten, die Videos zur CD-Veröffentlichung gemacht haben.“ Als weiteres Geschäftsfeld kamen im Laufe der Jahre die Dienstleistungen eines Musiklabels hinzu. Der Bereich läuft und wird auch von immer mehr größeren Bands in Anspruch genommen.
Aktuell beschäftigt CMM neun Mitarbeiter, drei davon sind Auszubildende, plus einige Freelancer. „Wir haben eine gute Mischung aus Erfahrung und ungestümer Kreativität“. Mit 58 Jahren ist James Lansford sein ältester Mitarbeiter. Weil der gebürtige Amerikaner keinen Berufsabschluss und nicht in allen Bereichen das Wissen hatte, das für das Geschäft bei CMM notwendig war, suchte Rott nach einer Lösung. Er schaffte es, die Arbeitsagentur davon zu überzeugen, dass auch ein Mittfünfziger noch eine Umschulung zum Kaufmann für audiovisuelle Medien machen kann. Die Arbeitsagentur sagte die Förderung zu. Lansford teilte zwei Jahre lang in der Berufsschule die Schulbank mit Azubis, die weniger als halb so alt waren wie er. Im vergangenen Jahr schloss er seine Ausbildung nach viel Büffeln erfolgreich ab.
Rotts Pläne für die Zukunft? „Ruhestand wäre mir zu langweilig. Vielleicht ein bisschen weniger arbeiten“, meint der Manager. „Ich denke schon darüber nach, wie man das gestalten kann – zumal das auch eine Verantwortung für die Mitarbeiter ist. Mein Vorteil war, dass ich in allen Bereichen der Branche selbst gearbeitet habe. Das kriegen Sie heute gar nicht mehr hin. Das sieht man bei den Plattenfirmen, bei denen die Leute von der Uni kommen“, so Rott. Letztlich sei das, was er macht, ein peoples´ business. „Ich schreibe viele Mails. Aber wenn ich was erreichen will, muss ich mit den Leuten sprechen und ihnen in die Augen sehen.“