Der Ausbildungsmarkt in der Region Hannover ist stabil. Während im Jahresvergleich sich die Zahl der Auszubildenden in Industrie, Handel und Handwerk kaum geändert steigt, setzt sich ein Trend fort: Seit einigen Jahren verzeichnen IHK, Handwerkskammer und Agentur für Arbeit einen zunehmenden Anteil bei den Auszubildenden mit ausländischem Pass. Grundsätzlich gilt aber auch weiterhin: Viele Unternehmen nicht alle Lehrstellen besetzen – oder finden überhaupt keine neuen Azubis.

Rund 4500 neue Ausbildungsverträge in der Region Hannover bei den IHK-Berufen: Das entspricht fast genau der Zahl des Vorjahres. Auch bei der Handwerkskammer Hannover liegt die Zahl der Neuverträge mit rund 1890 im Wesentlichen auf dem Stand 2023. Diese Zahlen veröffentlichten IHK und Handwerkskammer Ende Oktober gemeinsam mit der Arbeitsagentur.

Bedarf ohne Zugewanderte nicht zu decken

In diesem im Jahresvergleich stabilen Ausbildungsmarkt setzt sich auch eine Tendenz der vergangenen Jahre fort: Der Anteil der Auszubildenden mit ausländischen Pass steigt. Bei der IHK Hannover wurden aktuell rund 630 Verträge von Jugendlichen mit Migrations- oder Fluchtgeschichte gezählt. Ihr Anteil an den Ausbildungsverträgen insgesamt liegt damit in der Region Hannover bei etwa 14 Prozent. Die IHK weist auch darauf hin, dass die Zahl der Jugendlichen mit ausländischem Pass in ihrem Bereich seit 2015 um 188 Prozent gestiegen ist. „Der Bedarf an Nachwuchskräften ist ohne Zugewanderte nicht mehr zu decken“, sagte IHK-Chefin Bielfeldt.

Die Handwerkskammer verzeichnet ebenfalls einen Anstieg, nennt aber die Zahlen für die Azubis in der Region Hannover insgesamt, also über alle Lehrjahre hinweg und nicht allein die neu eingetragenen Verträge. In dieser Betrachtung machen in der Region Hannover derzeit 935 ausländische Jugendliche eine handwerkliche Ausbildung. Verglichen mit 2017 ist das ein Plus von 31 Prozent.

Auch der Zehnjahresvergleich der Agentur für Arbeit in der Region Hannover zeigt in die gleiche Richtung: Seit 2014 ist der Anteil der Jugendlichen ohne deutsche Staatsangehörigkeit in der Region Hannover von 7,6 Prozent auf 16,4 Prozent Ende vergangenen Jahres gestiegen.

Sprachförderung und Unterstützung bei der Integration erforderlich

Heike Döpke, Geschäftsführungsvorsitzende der Agentur für Arbeit Hannover, nannte diese Entwicklung „sehr erfreulich.“ IHK-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt sieht die Möglichkeiten aber noch nicht ausgeschöpft, forderte mehr unterstützende Angebote: „Unsere Ausbildungsbetriebe haben in Integrationsbetreuung und sprachliche Förderung investiert und werden das weiter ausbauen, aber wir erwarten hier auch entsprechende Flankierung mit Angeboten für frühzeitige Sprachförderung in den Schulen und beim Start in die Ausbildung.“

Ähnlich äußerte sich Dr. Carl-Michael Vogt, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Hannover: Angesichts des Beitrags, den Handwerksbetriebe zur Integration und Teilhabe leisten, werde deutlich, wie wichtig frühzeitige Sprachförderung für eine erfolgreiche Ausbildung sei: „Finanzielle Mittel für Sprach- und Integrationskurse zu kürzen, ist kurzsichtig und der völlig falsche Weg.“

Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt

Auch wenn der Ausbildungsmarkt in der Region Hannover sich auf dem Vorjahresniveau bewegt, können viele Unternehmen ihre Ausbildungsplätze gar nicht oder nur zum Teil besetzen: Fast die Hälfte der Firmen ist nach der jüngsten IHK-Ausbildungsumfrage davon betroffen. Die Arbeitsagentur verzeichnete in diesem Jahr auch eine höheres Angebot an Ausbildungsplätzen: Der Corona-Einbruch sei überwunden, so Agentur-Chefin Heike Döpke.

Entsprechend fordern IHK und Handwerkskammern, die Berufsorientierung insgesamt zu stärken, und das auch nicht allein durch eine noch aktivere Ansprache von Jugendliche mit Migrationshintergrund. Die Möglichkeiten auf dem Ausbildungsmarkt seien bei weitem noch nicht ausgeschöpft, so IHK-Chefin Maike Bielfeldt. Es gehe darum, die Ausbildung insgesamt attraktiver zu machen.

Deutschlandticket für Azubis – das wär’s gewesen

Zeichen der Wertschätzung wäre aus Sicht der Wirtschaft insbesondere auch ein vergünstigtes Deutschlandticket für Auszubildende gewesen. Das wurde von der Landesregierung aktuell aber auf Eis gelegt.

Für die Handwerkskammer wie Carl-Michael Vogt auf eine weitere Zielgruppe hin: Junge Menschen zwischen 15 und 24, die weder eine Schule besuchen noch in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis sind. Diese als NEETs bezeichnete Gruppe – Not in Education, Employment oder Training – gelt es zu erreichen, so Vogt.

Weitere Aspekte des Ausbildungsmarktes in der Region Hannover kurz gefasst:

  • Aktuell gibt es in der Region Hannover noch über 560 freie Lehrstellen, denen mehr als 650 suchende Jugendliche gegenüberstehen. IHK-Chefin Maike Bielfeldt rief junge Menschen dazu auf, sich weiter um Ausbildungsplätze zu bemühen: Der Einstieg ist aktuelle Ausbildungsjahr ist auch jetzt noch möglich, die Nachvermittlung läuft.
  • Das Alter der Auszubildenden steigt: In der Region Hannover sind rund 4800 alter als 25 Jahre. Neuorientierung nach einem abgebrochenen Studium oder auch aus der Arbeitslosigkeit heraus sind die Ursachen.
  • Das Handwerk verzeichnet einen steigenden Anteil von Azubis mit (Fach-)Hochschulreife: Er stieg in den vergangenen sieben Jahren von zwölf auf über 20 Prozent.

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