Im kommenden Frühjahr wird vom 30. April bis zum 4. Mai der Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover zu Gast sein. Erwartet werden rund 100.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei den etwa 1500 Veranstaltungen. Dabei will der Kirchentag ausdrücklich die Wirtschaft ansprechen.
 

Eins ist schon mal sicher: „Die Stimmung in der Stadt wird sich verändern.“ Während der fünf Tage des Evangelischen Kirchentages im kommenden Jahr. Sagt jedenfalls Kommunikationschef Mario Zeißig: Die Veranstaltungen in Hannover seien immer herausragend gewesen.

Bereits zum fünften Mal ist die Landeshauptstadt im kommenden Jahr Schauplatz des Treffens. Und mehr noch, in Hannover wurde der Kirchentag 1949 aus der Taufe gehoben. Dann 1967, danach 1983 mit lila Halstüchern unter dem Eindruck der geplanten Nato-Raketenstationierung, und zuletzt 2005. Hinzu kommen die Katholikentage 1924 und 1962 – Hannover hat einschlägige Erfahrung.

Die Stimmung wird sich verändern: In welchem gesellschaftlichen Umfeld der Kirchentag im kommenden Jahr stattfindet, ist aus heutiger Sicht höchst ungewiss. Das gilt nicht nur, aber auch, für die wirtschaftliche Lage.

Mutig – stark – beherzt

Dem etwas entgegensetzen, das erhoffen sich die Kirchentagsverantwortlichen unter dem Leitmotiv „mutig – stark – beherzt“. Hannover erlebt damit im kommenden Jahr vier Wochen nach der Industriemesse eine weitere Großveranstaltung. Rund 100.000 Menschen werden Kirchentag feiern einschließlich der voraussichtlich rund 5000 Helferinnen und Helfer. Die meisten Tickets werden übrigens nicht in Hannover gekauft – ein Großteil der Gäste kommen aus dem Bundesgebiet und anderen Ländern.

Die genaue Zahl der Teilnehmenden lässt sich dabei nicht einmal eindeutig bestimmt: Wer ein Ticket kauft oder wer einfach nur mal vorbeischaut, lässt sich aufgrund der vielen kostenlosen Veranstaltungen wie dem Abend der Begegnung, Open-Air-Konzerten und Großgottesdiensten vor Ort manchmal kaum auseinanderhalten.

Sicher ist, dass sehr viele junge Menschen kommen. Das betont auch Susanne Blasberg-Bense, als Dezernentin in Hannover unter anderem für Veranstaltungen zuständig. Für die Jahre 1989 bis 2015 ermittelte die Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (Fowid), dass mit 46 Prozent fast die Hälfte der Teilnehmenden jünger als 30 sind. Schülerinnen und Schüler, Studierende und Azubis stellen die größte Gruppe, wenn nach Berufen gefragt wird. Das passt zur Unterbringungsstatistik: Die Nachfrage nach Hotelzimmern ist nach den Fowid-Ergebnissen gering, gesucht sind insbesondere Gemeinschaftsquartiere.

Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund.

Hannover im Rampenlicht

Was die Aufmerksamkeit angeht, ist der Kirchentag für Hannover aber jedenfalls eine große Chance. Rund 1000 Journalisten werden sich im Frühjahr für das Event in der Landeshauptstadt akkreditieren. Die Eröffnungsveranstaltung überträgt der NDR, den Abschlussgottesdienst das ZDF. Und bereits im Vorfeld des Kirchentages gibt es immer wieder Vorbereitungstreffen in Hannover. So war Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund Anfang September in der Landeshauptstadt, um erste Kontakte zur Wirtschaft zu knüpfen. Sie steht nicht nur an der Spitze des Kirchentags, sondern ist auch Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft.

Respektvoll und kontrovers – und nicht per se gegen die Wirtschaft

In Hannover traf sie neben Susanne Blasberg-Bense die Wirtschaftsdezernentin Anja Ritschel sowie Vertreterinnen und Vertreter von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften. Siegesmund rief gerade auch Unternehmen auf, sich einzubringen, „um Demokratie und Zusammenhalt zu stärken. Sie sind die Basis für wirtschaftliche Stärke, Nachhaltigkeit und einen gerechten Wohlstand.“ Eine mögliche Sorge spricht sie direkt an: „Der Kirchentag positioniert sich zu häufig gegen die Wirtschaft? Das ist nicht so!“ Engagiert, aber respektvoll: So würden Kontroversen ausgetragen.

Dass die Wirtschaft während der fünf Tage von Hannover eine Rolle spielt, ist schon deshalb ausgemacht, weil der Kirchentag über den 1. Mai hinweg stattfindet. Von den Gewerkschaften kam bereits der Hinweis, sich entsprechend auszurichten: Tag der Arbeit und Kirchentag werden, so die Ankündigung, „nicht nebeneinander her laufen.“

Im Programm des Kirchentages finden sich Wirtschaftsthemen unter Überschriften wie Bildung, Mitbestimmung, Nachhaltigkeit oder Zukunft der Arbeit. Das genaue Programm soll im Januar veröffentlicht werden.

Neben den inhaltlichen Diskussionen setzt der Kirchentag auch sonst auf die Wirtschaft. Bei der Präsentation von Veranstaltungen wie etwa Konzerten: Hier ist Sponsoring durch Unternehmen möglich. Auch bei Logistik und Organisation ist Unterstützung gefragt, und das nicht nur ideell: Der Kirchentag vergibt Aufträge. Und achtet auf Nachhaltigkeit: Die Veranstaltung ist EMAS-zertifiziert.

Auch der Ticketverkauf ist bereits gestartet. Tatsächlich ist die Teilnahme an den meisten Veranstaltungen des Kirchentages nicht kostenlos. Veranstalter ist ein gemeinnütziger Verein in privater Trägerschaft. Für Unternehmen gibt es auch die Möglichkeit, ganze Ticketpakete zu erwerben.

Die Stadt entdecken

Wer dann im nächsten Frühjahr dabei ist, kann Teil einer Veranstaltung werden, von der eine ganz besondere Stimmung ausgeht. „Mit unvergesslichen Bildern“, so Mario Zeißig. Was unabhängig von den persönlichen Eindrücken und kirchlichen Impulsen sich auch ganz profan auf Hannover auswirkt, sagt Zeißig: „Teilnehmende entdecken die Stadt und kommen wieder – Kirchentag ist Treiber für den Städtetourismus.“

www.kirchentag.de

 

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