Nach der Veröffentlichung der Sparpläne bei VW hat sich die Diskussion um die Transformation einer ganzen Branche noch einmal deutlich intensiviert – in Niedersachsen und nicht zuletzt am Automobilstandort Hannover. Die Sorgen sind groß.

In der niedersächsischen Landeshauptstadt ging Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay gemeinsam mit Vertretern der Beschäftigten von VW und Continental in die Öffentlichkeit. Zentrale Forderung: Eine verlässliche Politik, um die Transformation der Automobilindustrie umsetzen zu können. Erst wenige Tage zuvor war ein „Hannover-Appell“ zur Zukunft der Branche veröffentlicht worden: Die zeitliche Nähe sei Zufall gewesen, man habe die Entwicklung bei VW nicht vorhersehen können, hieß es dazu.

Onay kündigte weitere Gespräche mit dem Management hannoverscher Automotive-Unternehmen an, neben VW und Continental etwa auch ZF. Fast gleichzeitig mit den Veröffentlichung der VW-Pläne hatte der Verband der niedersächsischen Metallindustrie eine Studie vorgelegt, die sich unter anderem ebenfalls mit der Zukunft der Automobilindustrie in Niedersachsen und den Rahmenbedingungen auseinandersetzt.

Ad hoc vor die Presse

Wenn eines greifbar war bei der Ad-hoc-Pressekonferenz von Belit Onay zusammen mit Gewerkschaftsvertretern und Betriebsräten im hannoverschen Rathaus, dann die Sorge um den Auswirkungen der aktuellen Entwicklung bei VW auf Hannover und mögliche Domino-Effekte. Onay: „Hannover war ein Automobilstandort, ist ein Automobilstandort, und wir werden dafür kämpfen, dass Hannover ein Automobilstandort bleibt.“

Gemeinsam mit Betriebsräten und Gewerkschaftsvertretern forderte Onay vor allem Verlässlichkeit von der Bundespolitik bei der Unterstützung der E-Mobilität. Sascha Dudzik von der IG-Metall mahnte, den „gesellschaftlichen Konsens“ in diesem Bereich nicht aufzugeben. Im Vertrauen auf diesen Konsens, das machte er deutlich, befänden sich die Unternehmen jetzt auf dem Weg der Transformation. Wenn es durch einen Zick-Zack-Kurs Zweifel gebe, ob Elektromobilität überhaupt noch politisch gewollt sei, werde da zu Personalabbau führen. Am Verbrenner-Ausstieg bis 2035 will er festhalten, auch um nicht weitere Zweifel – und damit Absatzprobleme – für E-Autos zu schüren. Die Runde im hannoverschen Rathaus verzichtete auch weitgehend auf schrille Töne, wie sie in der Diskussion immer wieder zu hören waren.

Mehr Zeit für die Transformation

Hier unterscheidet  er sich von den Positionen der Verbandsseite: NiedersachsenMetall hatte auf Grundlage der IW-Studie mehr Zeit gefordert. Die Automobilindustrie brauche die Umsätze mit Verbrennern, um die Transformation stemmen zu können, so der Verband, und forderte außerdem Technologieoffenheit, zum Beispiel für E-Fuels.

Einig sind sich beide Seiten aber nicht nur in ihrer Forderung nach einer verlässlichen Wirtschaftspolitik, wie sie – und zwar nicht nur beim Bekenntnis zur E-Mobilität – auch von den Industrie- und Handelskammern gefordert wird. Es geht auch um Rahmenbedingungen, die verbessert werden müssten, etwa bei den Energiepreisen.

Um Elektromobilität auch unmittelbar im täglichen Umgang zu fördern, nannte Sascha Dudzik Vorteilsregelungen im innerstädtischen Verkehr, nicht limitierte Parkdauer, kostengünstiger Ladestrom oder Vorrang bei der Kfz-Anmeldung. Belit Onay wies darauf hin, dass Hannover in einigen Bereich weit vorangekommen ist. So sei die Landeshauptstadt führend bei öffentlichen Ladesäulen: Auf je zehn E-Autos in der Stadt komme eine Station. Er wolle in Hannover die Mobilität der Zukunft erlebbar machen, so Onay.

Wobei die Pläne für eine autoarme Innenstadt auch an den Produktionsstandorten aufmerksam verfolgt und hinterfragt werden, wie Sascha Dudzik deutlich machte. Diese beiden Stränge müssen noch zusammengebracht werden, sagte er.

 

 

 

 

 

 

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