Dr. Mirko-Daniel Hoppe, Leiter Industrie und Verkehr der der IHK Hannover, kommentiert die aktuelle Lage der Konjunktur:
Jetzt diskutieren wir schon über Zehntelprozentpunkte. Zuletzt haben Regierung und Institute ihre Wachstumsprognosen auf niedrigem Niveau minimal angehoben. Aber alles bleibt unter einem halben Prozent. Dass die EU Deutschland zuletzt wieder schwächer bei nur plus 0,1 Prozent sah, zeigt umso mehr, wie dicht wir an einer Rezession entlangschrammen.
Mehr als ein leichtes Aufflackern des Konjunkturfeuers stellen aber auch die etwas lichteren Prognosen kaum dar. Eine wirkliche Erholung ist nicht auszumachen, selbst wenn Konsum und Exporte doch wieder leicht anspringen. Ein leichtes Plus birgt allerdings auch die Gefahr, dass sich Hoffnung breit macht: Es wird schon gehen, ohne die wirklichen Probleme anzupacken.
Es wird nicht gehen: Deutschland hat sich zur Wachstumsbremse Europas entwickelt. Nahezu alle anderen Länder – die ja mit denselben externen Einflüssen konfrontiert sind – entwickeln sich besser als Deutschland.
Apropos externe Einflüsse: Die weltweiten Risiken sind kaum noch zu überblicken, und hinter jeder Ecke lauert das nächste. Für die unmittelbar betroffenen Menschen ist das schon jetzt dramatisch. Aber das Arsenal möglicher Gefahren bedroht auch den Welthandel. Wird nur eine real, wären die Folgen erheblich. Und gleich mehrere? Kaum auszudenken. Wobei die deutsche Außenwirtschaft oft als größter Verlierer gilt.
Das Eis ist dünn und hat teilweise Risse. Unabhängig davon – oder umso mehr – müssen wir unsere Hausaufgaben machen. Es geht dabei um viel mehr als eine Konjunkturdelle. Die strukturellen
Probleme überwiegen. Der Standort droht seine Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Unternehmen stellen ihre Investitionen vor Ort zurück: Gründe sind sprunghafte Wirtschaftspolitik, Bürokratielast oder die Energiepreise. Die Liste ließe sich problemlos um langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren, Arbeitskräftemangel oder hohe Steuerlast erweitern. Da investiert man lieber gleich in den USA oder lässt es komplett.
Wir brauchen diese Investitionen aber dringend hier, damit unser Potenzialwachstum nicht verloren geht und wir im Falle eines Aufschwungs überhaupt wachsen können! Es ist, als ob die Wirtschaft auf einen Befreiungsschlag wartet: Endlich ein investitionsfreundlicher Kurs, der auch gehalten wird. Was die Unternehmen dabei am meisten suchen, ist Vertrauen in die Wirtschaftspolitik. Und eine wirkliche Reduzierung der Bürokratie. Beides stand zuletzt in der IHKN-Konjunkturumfrage als Voraussetzung für Investitionen hierzulande weit oben – noch vor Steuererleichterungen oder Investitionsprämien: Ein klares Signal.