Werfen Sie doch mal einen Blick in unsere Rubrik Zeitreise. Vor 50 Jahren, also im Juni 1974, wies die Niedersächsische Wirtschaft auf ein gerade erschienenes Buch hin: „Die faule Gesellschaft“ von Hermann Marcus. Darin werde eindringlich dargelegt, so die NW-Buchbesprechung, dass der „arbeitswütige Deutsche“ auf dem besten Wege sei, ins andere Extrem der Faulheit umzuschlagen. Ein Kapital des Buches übrigens beschäftigte sich tatsächlich mit überbordender Bürokratie.
Ein halbes Jahrhundert später fragt das Handelsblatt, ob Deutschland zu einem Land der Couch-Potatoes verkommen sei. Immer weniger Menschen hätten Lust, sich richtig anzustrengen, lautet die These. Also steht wieder die Frage im Raum nach der Arbeitslust dieser Gesellschaft.
Klar, kommt alles wieder. Und: Ist schon Sommerloch? Typische Argumente, um diejenigen zu beschwichtigen, die solche Fragen wie die nach Fleiß und Motivation stellen. Schließlich habe es seit Mitte der 70er doch auch einen unerhörten Wohlstandszuwachs gegeben: fleißig, fleißig. Abgesehen davon: Wurde nicht auch Deutschland ein paar Wochen nach der NW-Veröffentlichung von 1974 Fußball-Weltmeister?
Doch Vorsicht: Geschichte wiederholt sich nicht. Dass die vergangenen 50 Jahre mit ihren Krisen und Boomphasen, aber vor allem mit einer ungeahnten Globalisierung, die Deutschland in die Hände spielte wie der jüngst verstorbene Franz Beckenbauer den Ball seinen Mitspielern vor die Füße, so erfolgreich waren, heißt nicht, dass es wieder so kommt. Jede Generation muss sich ihre Zukunft erarbeiten. So wie jede Fußballmannschaft ihre Titel. Und das war dann das Wort zur Europameisterschaft. (pm)
Ursprünglich als Wirtschaftspolitisches Streiflicht, später in einer eigenen Rubrik „Streiflichter“: Glossen begleiten die Niedersächsische Wirtschaft von Anfang an und hatten schon in Vorgänger-Publikationen ihren Platz. An dieser Stelle finden Sie jeden Freitag eine Glosse in dieser Tradition.