Im ersten Halbjahr wieder ein Plus bei den Unternehmensgründungen in Niedersachsen. Und im Jahr 2022 war die Zahl neuer Unternehmen größer als die der Firmenaufgaben. Allerdings wächst aktuell die Zahl der Unternehmen, die ihre Tore schließen. Eine aktuelle Studie der IHK Niedersachsen zum Gründungsgeschehen zeigt eine durchwachsene Bilanz.
 

Im ersten Halbjahr dieses Jahres gab es rund sechs Prozent mehr Unternehmensgründungen als im gleichen Zeitraum 2022. Allerdings war im Vergleich der ersten sechs Monate 2022 gegenüber 2021 die Zahl der Neugründungen um 3,4 Prozent zurückgegangen. Damit zeigt sich in Niedersachsen wieder ein freundlicheres Bild, stellt die IHK Niedersachsen in ihrem jetzt veröffentlichten Fokus Gründung fest.

Auch 2022 gab es in Niedersachsen mehr Gründungen als Betriebsaufgaben. Diese weiterhin positive Differenz ist allerdings kleiner geworden, weil im vergangenen Jahr deutlich mehr Unternehmen ihre Tore schlossen: Die Zahl stieg gegenüber 2021 um 6,8 Prozent auf 37.000. Bei rund 52.000 Gründungen bedeutet das ein Plus neuer Unternehmen von 15.000 – rund 20 Prozent weniger als noch vor Jahresfrist.

Zahl der Gewerbeabmeldungen steigt

Eine Trendwende ist nicht in Sicht: Von Januar bis Juni stieg die Zahl der Gewerbeabmeldungen noch weiter an, um 11 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2022. Dennoch fällt die Gewerbebilanz – gerade im langjährigen Vergleich – aus Sicht der IHK Niedersachsen weiterhin ausgesprochen positiv aus. In einzelnen Branchen wie dem Gastgewerbe sowie Verkehr und Logistik sind jedoch bereits Rückgänge zu verzeichnen.

„Der typische Gründende in Niedersachsen ist männlich und startet mit einer klaren Geschäftsidee im Dienstleistungsbereich – und das zumeist im Nebenerwerb“, beschreibt Guido Langemann, Sprecher der Federführung Wirtschaftsförderung und Existenzgründung der IHK Niedersachsen die Situation. „Der Start in die Selbstständigkeit ist gegenwärtig ausgesprochen anspruchsvoll. So führen die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, die drastisch gestiegenen Energiekosten, die weiterhin hohe Inflation, die gestörten Lieferketten und insbesondere der Fachkräftemangel zu einem herausfordernden Marktumfeld, in dem auch viele etablierte Unternehmen um ihre Existenz kämpfen müssen,“ so Langemann weiter.

Unternehmensnachfolge ist aktuell schwierig

Sehr schwierig gestaltet sich seit ein paar Jahren die Unternehmensnachfolge. Es fehlt an geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten, bedingt durch den demografischen Wandel und den Fach- und Arbeitskräftemangel. Hinzu kommen durch die steigenden Zinsen drastisch höhere Finanzierungskosten.

Erfreulich ist aus Sicht der Industrie- und Handelskammern, dass gut drei Viertel aller Vorhaben als sogenannte Gründungen mit expliziter Geschäftsidee erfolgen. Lediglich rund ein Viertel der Gründungen finden aus Mangel an besseren Erwerbsalternativen statt.

Die Zahl der Haupterwerbsgründungen konnte 2022 um gut 3,6 Prozent auf über 23.500 zulegen. Dennoch erfolgt weiterhin über die Hälfte der Gründungen in Nieder-sachsen im Nebenerwerb (54,6 Prozent), der Spitzenwert des Vorjahres (über 31.000 Nebenerwerbsgründungen) wurde mit knapp 28.500 allerdings deutlich verfehlt.

Der Anteil der Gründerinnen wuchs gegenüber den Vorjahren auf nunmehr gut 38 Prozent. Aktuell erfolgen damit nahezu vier von zehn Gründungen von Einzelunternehmen durch Frauen.

Über 18 Prozent der Neugründungen von Einzelunternehmen in Niedersachsen erfolgen durch Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anteil der ausländischen Staatsangehörigen an der Gesamtbevölkerung derzeit lediglich bei knapp über 10 Prozent liegt. Sie wagen somit nach wie vor deutlich häufiger den Schritt in die Selbstständigkeit als Deutsche.

Zur Verbesserung des Gründungsklimas fordert die IHK Niedersachsen, die Bürokra-tie für Gründungen abzubauen und das Steuerecht zu vereinfachen. Zudem sollte für das Unternehmertum geworben werden und Gründungsthemen in die Lehrpläne von Schulen und Hochschulen aufgenommen werden. Und schließlich sollten die Rah-menbedingungen geschaffen werden, damit insbesondere mehr Frauen den Schritt in die Selbstständigkeit wagen.

 

Das Gründungsgeschehen in Niedersachsen in Zeiten multipler Krisen hat die IHK Niedersachsen im aktuellen Fokus Niedersachsen mit dem Titel „Gründungsgeschehen in Niedersachsen 2023“ zusammengefasst.

Der Fokus Niedersachen der IHKN erscheint in regelmäßigen Abständen zu aktuellen Themen. Alle Publikationen finden Sie unter www.fokus-niedersachsen.de

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