Christian Grascha, IHK Hannover, kommentiert:
Die Wirtschaft ist die größte „Kundin“ der Verwaltung. Unternehmen investieren massiv in die digitale Transformation mit neuen Geschäftsmodellen und in digitale betriebliche Abläufe. Trotz einiger Fortschritte sind die Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Verwaltung allerdings in den allermeisten Fällen nicht digital und medienbruchfrei.
Die Wirtschaft erwartet Anstrengungen und entschlossenes Handeln vom Staat – um den Standort wettbewerbsfähig zu machen. Denn: Unternehmen würden nicht bloß profitieren, wenn die staatliche Verwaltung voll digitalisiert wäre. Die Digitalisierung ist schlicht eine absolute Notwendigkeit. Und wir haben nach wie vor großen Nachholbedarf. So belegt Deutschland beim Digital Economy and Society Index 2022 nur Platz 18 von 27.
Dabei ist gerade die Digitalisierung der Schlüssel zu mehr Schnelligkeit und Effizienz und damit zur Vereinfachung. Das Onlinezugangsgesetz sollte Abhilfe schaffen. Leider sind dessen Ziele bisher nicht erreicht worden. Vorgesehen war das Zieldatum Ende 2022. Ein neuer Termin soll künftig nicht gesetzt werden – was aber nicht dazu führen darf, dass die Vorhaben langsamer umgesetzt werden. Außerdem muss bei der Verwaltungsdigitalisierung der Bürokratieabbau gleich mitgedacht werden. Notwendig ist auch ein Masterplan im Sinne eines umfassenden Konzeptes und sowie die richtige Priorisierung.
Auch in Niedersachsen müssen die Digitalisierungsbemühungen dringend beschleunigt werden. Der Landesrechnungshof hat sich gerade erst mit vielen Defiziten auseinandergesetzt. Zwar gibt es an verschiedenen Stellen in der Verwaltung viel Engagement, es fehlt aber eine ressortübergreifende Strategie, mit der Maßnahmen gebündelt, klare Verantwortlichkeiten festgelegt und eine zentrale Steuerung umgesetzt
werden. Auch scheinen nachvollziehbare Prioritäten zu fehlen. Um deutlich mehr Geschwindigkeit aufzunehmen, bedarf es auch zusätzlichen Personals. Die Kritik scheint nachvollziehbar, aber völlig unabhängig von jeder Bestandsaufnahme: Unter dem Strich muss die Digitalisierung der Verwaltung deutlich schneller umgesetzt werden. Die Landesregierung ist dazu gefordert.
Viele Zugänge, die Unternehmen nutzen, befinden sich auf der kommunalen Ebene. Auch hier muss das Land stärker unterstützen, um flächendeckende Standards zu gewährleisten. Es darf keinen digitalen Flickenteppich geben.
Die Chancen der Digitalisierung des Staates insbesondere des Einsatzes von KI sind enorm, erfordern aber zügiges und entschlossenes Handeln. Es geht um Effizienz für mehr Nachhaltigkeit, Individualität von Lösungen, Vereinfachung von Abläufen und internationalen Wettbewerbsvorteilen durch mehr Geschwindigkeit. Die digitale Transformation findet global so oder so statt, die Frage ist, ob wir auf dem Platz das Spiel machen oder auf der Zuschauertribüne sitzen.