Impulse in der Region: Für die Zukunft der Energieversorgung. Für Fachkräftenachwuchs. Für Innenstädte, für starke Frauen – das waren die Themen des regionalen Jahresempfang der IHK Hannover in Hildesheim.
Eine „Wir-schaffen-das“-Mentalität angesichts besonderer Zeiten: Die beschwor Gerhard Oppermann gleich zu Beginn seiner Rede beim regionalen Jahresempfang der IHK Hannover in Hildesheim. Der IHK-Präsident wollte etwas von der Aufbruchsstimmung, die während der Hannover Messe und vielleicht ganz besonders beim Niedersachsenabend auf dem Messegelände spürbar war, in die HAWK-Aula tragen. Aber Oppermann war auch anzumerken, wie sehr ihn die aktuelle Situation insbesondere in der Ukraine bewegt: Zuversicht und Fortschrittshoffnung auch in Zeiten eines Krieges, „der uns alle beschäftigt: Weil wir mitfühlen mit dem Leid der Menschen, die dieser Krieg aus dem Alltag gerissen hat.“
Wirtschaftliche Abhängigkeiten entschärfen
Gleichzeitig wies Oppermann darauf hin, wie sehr in den vergangenen 15 Monaten wirtschaftliche Abhängigkeiten deutlich geworden sind, vor allem bei der Energieversorgung. Er ließ dabei die Frage noch unbeantwortet. ob ein Weiterbetrieb der verbliebenen deutschen Atomkraftwerke dabei nicht mehr Luft gegeben hätte: „Das werden wir heute nicht beantworten können, wohl aber in einigen Monaten.“
Subventionen kein Allheilmittel
Der IHK-Präsident warnte auch vor dem Glauben, mit staatlichen Subventionen alle Aufgaben lösen zu können. Er rief stattdessen dazu auf, mit Angeboten und Anreizen, mit ausreichend Zeit und dem richtigen politischen Rahmen die Transformation zu bewältigen. Niedersachsens Unternehmen sieht Oppermann dabei als innovative Treiber der Energiewende, vom Ausbau der regenerativen Energien bis zur Wasserstoffnutzung. Er forderte allerdings die Unterstützung der Politik dort, wo den Unternehmen auf dem Weg die Puste auszugehen droht. Wichtig seien außerdem endlich schnellere Verfahren und Entscheidungen, so Oppermann. Das betont die IHK auch in der Taskforce Energiewende des Landes.
Fachkräftemangel als drängendstes Problem
Als Mittel gegen das aktuell drängendste Problem der niedersächsischen Unternehmen, den Fach- und Arbeitskräftemangel, forderte Oppermann unbürokratische Möglichkeiten, um qualifizierte Menschen in Deutschland zu beschäftigten. Hier ist die IHK konkret unterwegs: Sie berät in Hannover Fachleute aus aller Welt, die mit ihren in der Heimat erworbenen Qualifikationen nach Niedersachsen kommen. Für IHK-Berufe wird auch die Gleichwertigkeit mit deutschen Abschlüssen geprüft: „Die Anerkennungsstelle der IHK Hannover leistet großartige Arbeit“, so Oppermann. Außerdem wies er auf das IHK-Projekt Adelante hin, bei dem junge Menschen aus Spanien nach Niedersachsen kommen – bald auch in den Landkreis Holzminden, kündigte Oppermann an. Eine weitere Initiative: Ein eigenes Team in der IHK Hannover, das sich seit Jahresbeginn mit Azubi-Marketing befasst und zum Beispiel einen „Job up Store“ als Informations- und Anlaufstelle für junge Menschen organisierte. „Beim Werben für die berufliche Bildung müssen wir solche neuen Wege gehen“, sagte der IHK-Präsident vor den rund 200 Gästen in Hildesheim.
Ausdrücklich forderte Oppermann die Unternehmerinnen und Unternehmer auf, bei der Wahl zur IHK-Vollversammlung in diesem Jahr ihr Stimmrecht zu nutzen. Ab Mitte Januar werden alle Unternehmen im Bereich der IHK Hannover informiert. Ab dann kann auch gewählt werden – bis zum 7. September dieses Jahres.
Dr. Riem Hussein: Schiedsrichterin und Unternehmerin
Von Montag bis Freitag kümmert sich Dr. Riem Hussein gemeinsam mit ihrem Bruder und ihrer Schwester um die Kunden ihrer Apotheke im Kurzentrum in Bad Harzburg. Am Wochenende pfeift sie Spiele in der ersten Bundesliga der Frauen, ist auch im Profi-Bereich bei den Männern oder im internationalen Fußball unterwegs. Und nun steht die 42-jährige gebürtige Bad Harzburgerin als Gastrednerin beim regionalen Jahresempfang der IHK Hannover in Hildesheim in der Aula der HAWK auf der Bühne. Die mehrfache Schiedsrichterin des Jahres spricht über ihre Karriere, über Frauenkarrieren allgemein und über frauentypisches im Beruf.
Und wünscht sich: „Wir Frauen sollten stärker in sein in Männerdomänen.“ Als weitere Beispiele von Frauen, die es in einer Männerdomäne nach oben geschafft haben, nennt sie Bibiana Steinhaus sowie Kolleginnen aus der Sportmoderation wie etwa Esther Sedlaczek. Aus ihrer Perspektive als Unternehmerin stellt sie fest, dass Frauen eine andere Art zu führen hätten als Männer. Sich vielleicht fragten, ob sie das überhaus können. „Das typische Thema Bescheidenheit.“ Für sie selbst stehe Teamwork an oberster Stelle.
Auf dem Platz sei dies, neben Motivation und Durchsetzungsfähigkeit, besonders wichtig. „Und ich bin sehr entscheidungsfreudig, das hilft mir sehr im Beruf und im Leben.“ Dem Thema Frauenquote erteilt sie jedoch eine klare Absage: „Ich bin der Meinung: Wir brauchen keine Quote.“
Attraktive Innenstadt muss von vielen getragen werden
IHK-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt diskutierte mit den beiden Vizepräsidenten Stefan Kühn aus Hildesheim und Carl Otto Künnecke aus Holzminden über die Herausforderungen der regionalen Wirtschaft.
Nicht zuletzt durch das bevorstehende Aus für das Galeria-Kaufhaus in Hildesheim ist die Zukunft der Innenstädte ein wichtiges Thema für die beiden Städte. Stefan Kühn warb dafür, alle, die von einer attraktiven Innenstadt profitieren, auch bei der Gestaltung miteinzubeziehen – Gastronomie, Handel, Dienstleister, Anwaltskanzleien und auch die Immobilienbesitzenden. Es sei gut, dass es in Hildesheim nun gelungen sei, alle an einen Tisch zu bringen. „Auch um Fachkräfte hier zu halten oder hierher zu bekommen, brauchen wir eine attraktive Innenstadt. Denn die Innenstadt prägt das Image einer Stadt“, sagte Kühn. Dies sei auch für die Fachkräftegewinnung entscheidend.
„Wir müssen die jungen Leute zurückgewinnen“
In Holzminden habe die Politik nun erkannt, dass man sich aktiv um die Innenstadt kümmern müsse, ergänzte Carl Otto Künnecke. So gebe es inzwischen beispielsweise eine Innenstadtmanagerin und erstmals seien mehr neue Geschäfte in der Stadt entstanden als geschlossen hätten. Mit dem Sensoria bekomme Holzminden zudem bald einen richtigen Leuchtturm. Das Duft- und Erlebniszentrum an der Weser, das im kommenden Jahr eröffnen soll, werde der Stadt gut tun.
Auch für die Fachkräftegewinnung müsse die Stadt aktiv werden: „Wir müssen die jungen Leute zurückgewinnen“, sagte Künnecke. Einen Beitrag zu einem attraktiven Holzminden wolle er zusammen mit seiner Tochter, die selbst aus Köln zurückgekehrt sei, auch mit dem create.Hub leisten, der in wenigen Wochen eröffnet. Es ist sowohl Digitallabor, Co-Working-Space und Ort für Veranstaltungen – „wir holen damit die Stadt aufs Land“, sagte Künnecke.