Ein klassische Seitwärtsbewegung. So beurteilt IHKN-Hauptgeschäftsführerin Maike Bielfeldt die aktuelle Konjunkturentwicklung. Und das, obwohl der IHK-Konjunkturklimaindikator gestiegen ist.
Was auf den ersten Blick wie eine fortgesetzte Erholung aussieht, wertet Maike Bielfeldt eher als Verharren in einer Grauzone. Der IHK-Konjunkturklimaindikator ist um neun auf jetzt 94 Punkte gestiegen. Er ist damit aber noch ein gutes Stück vom langjährigen Durchschnitt entfernt, der bei 106 Punkten liegt. Und auch andere Zahlen aus der Konjunkturumfrage der niedersächsischen Industrie- und Handelskammern für die ersten drei Monate dieses Jahres lassen auf eine Seitwärtsbewegung schließen. So ist die aktuelle Geschäftslage der Unternehmen in Niedersachsen zufriedenstellend, hat sich aber seit Jahresbeginn gegenüber dem Vorquartal nicht verbessert. Nach einem Winter ohne Gasmangellage und einer ersten leichten Entspannung auf den Energiemärkten haben sich die Erwartungen der Unternehmen zwar verbessert. Aber nach wie vor liegt der Anteil der Unternehmen, die ein Verschlechterung der Situation in den kommenden Monaten erwarten, mit 33 Prozent deutlich über den Optimisten (13 %).
Kaum Veränderung auch bei den Auftragseingängen in der Industrie: Hier überwiegen ebenfalls die Unternehmen, die eine negative Entwicklung erwarten. Immerhin, so Maike Bielfeldt, die als Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen die Umfrageergebnisse in Hannover vorstellte, haben sich Zahlen nicht verschlechtert. Aber eben auch nicht verbessert.
Auch die Exporterwartungen passen in das mit Grautönen gemalte Bild. Hier haben sich die Zahlen der IHK-Umfrage leicht verbessert, bleiben aber im langjährigen Vergleich unterdurchschnittlich auf niedrigem Niveau. Bei einem schneller steigenden Welthandel drohen damit Marktanteilsverluste, so Maike Bielfeldt.
Betrachtet man die einzelnen Wirtschaftsbereiche, zeigt sich auch da ein verhaltenes Bild. Immerhin: Trotz der rückläufigen Auftragseingänge ist die Auftragslage in der Industrie noch ausreichend. Zwar haben sich die Lieferkettenprobleme etwas entspannt, die energieintensive Grundstoffindustrie muss aber mit den hohen Energiepreisen im internationalen Wettbewerb zurechtzukommen. Hier haben etliche Unternehmen die Produktion gedrosselt, so die IHKN. Die Investitions- und Beschäftigungspläne sind in diesem Industriebereich negativ: Das zeigt aus Sicht der Industrie- und Handelskammern die strukturellen Defizite des Industriestandorts Deutschland.
Die Lage in der Bauwirtschaft ist zwiespältig: Weniger Aufträge im Wohnungsbau, mehr dagegen weiterhin im Tiefbau und im Ausbaugewerbe. Nachholeffekte in der Gastronomie einerseits, Zurückhaltung angesichts steigender Preise andererseits. Insgesamt bleibt die Konsumneigung niedrig, mit entsprechenden Auswirkungen auf den Handel. Hier sind vor allem Möbel und Einrichtungsgegenstände betroffen. Insgesamt sei mit stagnierenden bis rückläufigen Einzelhandelsumsätzen zu rechnen, bis die Einkommen wieder steigen, so IHKN-Hauptgeschäftsführerin Bielfeldt.
Besonders im Blick: das Verkehrsgewerbe als einziger Wirtschaftsbereich, dessen Geschäftsklima sich gegenüber dem Jahresbeginn verschlechtert hat. Das Geschäftsvolumen wird nach Einschätzung der Spediteure sinken. Als Risikofaktoren werden Fachkräftemangel, Energiepreise und Arbeitskosten genannt.
Das gilt in gleicher Weise auch für die gesamte Wirtschaft. Fehlende Fachkräfte und die hohen Energie- und Rohstoffpreise liegen als Risiken nahezu gleichauf. Dabei stehen auf dem Arbeitsmarkt die großen Herausforderungen erst noch bevor, wenn die geburtenstarken Jahrgänge 1963 oder 1964 in den Ruhestand gehen. Von mehr als jedem zweiten Unternehmen werden die Arbeitskosten jetzt wieder als Risiko genannt.
Auch bei den Investitionen zögern die Unternehmen aktuell. Vor allem geht es aber um Ersatzbedarf. Der Ausbau von Produktionskapazitäten spielt dagegen eine vergleichsweise kleine Rolle. Unter dem Strich also diese Einschätzung: „Lahmender Konsum und stockende Investitionen bremsen das Wachsum“, so Maike Bielfeldt. „Im Laufe des Jahres dürften die steigenden Einkommen für eine allmähliche Belebung des Konsums sorgen. Mit einem Anstieg der Investitionen und Wachstum ist aber erst ab 2024 zu rechnen – vorausgesetzt, die Zinsen bleiben konstant.“