HgHaHaÜber 4000 ausstellende Unternehmen und Institutionen aus 63 Ländern in 15 Hallen, über 1100 Vorträge an den fünf Messetagen, rund 60 Delegationen aus aller Welt: Ein Blick auf die Hannover Messe (17. – 21. April) wenige Tage vor der Eröffnung. Und bei dieser Vorschau ging es in diesem Jahr nicht ohne ein Quantum Pathos.
 

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Fasst man nochmal grob zusammen, was die Hannover Messe in diesem Jahr prägen soll, dann geht das ungefähr so: Es gibt die D-Themen, die E- und die K-Themen. Und die Beziehungen zwischen ihnen. Beziehungsstatus: komplex.

D-Themen heißt: Digitalisierung. Messe-Chef Dr. Jochen Köckler warf wenige Tage vor Messebeginn die heißen Schlagworte in den Ring. Ganz oben auf seiner Liste: KI – Künstliche Intelligenz, und lernende Maschinen. Vielleicht noch mehr als die Ausstellung wird die Diskussion darum die Messe prägen. Sucht man auf der Messe-Website mit dem Stichwort Künstliche Intelligenz, liefert das gut 500 Treffer, gemessen an über 4000 ausstellenden Unternehmen und mehr als 10000 Produkten in der Datenbank. Bei Machine Learning sind es noch 200 mehr. Schwierig ist aber, abzugrenzen, wo Künstliche Intelligenz anfängt und wo sie bereits drinsteckt. Sicher ist nur, dass es um ein Thema geht, an dem sich die Zukunft der Industrie entscheidet.

Lassen wir ein weiteres D-Thema, obwohl weiterhin von hoher Bedeutung, mal beiseite: Industrie 4.0 hat die Hannover Messe während der vergangenen zehn Jahr bestimmt. Allerdings kann man sich fragen, ob Künstliche Intelligenz die Voraussetzung ist, um Industrie 4.0 in höchster Form umzusetzen: So viel zunächst zur den vielfältigen Beziehungen der Messe-Schwerpunkte untereinander in diesem Jahr.

Manufacturing-X als Messethema

Premiere allerdings feiert in diesem Jahr Manufacturing-X. Diese Vorstellung eines gemeinsamen Datenraumes kommt von der Plattform Industrie 4.0. Zitat aus einem im Herbst 2022 veröffentlichten Grundlagenpapier: „Eine digitale und souveräne Industrie braucht eine einfach verfügbare und durchgängige Datenvernetzung und die Bereitschaft zum multilateralen Teilen von Daten.“ Heißt: Die Industrie aller Branchen soll über diesen Datenraum digital zusammenarbeiten können. Hinter dem Projekt stehen Unternehmen, Industrieverbände und die Politik. Vorangetrieben werden soll es auf der Hannover Messe – dem „perfekten Schaufenster für Industrie 4.0.“ Sagt Jochen Köckler.

Und damit zu den E-Themen: Energie. Die wichtigsten Stichpunkte des Messechefs für dieses Jahr lauten Wasserstoff, Brennstoffzellen und Energiemanagement. Die Messe zählt allein rund 500 Unternehmen, die zeigen, was sie für die Erzeugung, den Transport, die Speicherung und den Verbrauch von Wasserstoff zu bieten haben. Von ihnen sind 300 im Ausstellungsbereich Hydrogen + Fuel Cells Europe unterwegs, der im Rahmen der Hannover Messe veranstaltet wird.

Wasserstoff als Energie- und Hoffnungsträger

Wasserstoff ist nicht nur Energie-, sondern vor allem Hoffnungsträger: Speicher für Strom aus erneuerbaren Quellen, aber auch der Stoff, aus dem die Pläne für nachhaltige, „grüne“ Stahlerzeugung sind. Energie, knapp und teuer geworden, aus nachhaltig produzieren und effizient einzusetzen, ist ein Thema der Hannover Messe – seit langem, aber heute mit ungleich höherer Bedeutung. Damit kommen die K-Themen ins Spiel: Alles, was für den Klimaschutz wichtig ist. CO2-neutrale Produktion ist für Jochen Köckler ein weiterer, in jeder Hinsicht zutiefst wichtiger Trend 2023: „Die Hannover Messe wird zu einer Klimaschutzmesse.“ Sicher ein typischer Köckler-Satz.

Klimaschutz – die Aufgabe unserer Generation: Das hatte Köckler schon im Februar mit Blick auf die Hannover Messe gesagt. Aus dieser Perspektive wird aber deutlich, wie komplex die Industrie und Digitalisierung, Energie und Klimaschutz verwoben sind. Weniger Emissionen, eine weniger oder am besten gar das Klima belastende Produktion, dabei aber wettbewerbsfähig bleiben, also eine Deindustrialisierung vermeiden: Das geht nur über Technologie, und für deren Perspektive ist digital. Energiemanagement: Software und Maschine, das zusammen spart Energie, bringt es Köckler auf den Punkt. Industrie 4.0 und Künstliche Intelligenz als Effizienztreiber, um knappe Ressourcen – nicht nur Energie – bestmöglich einzusetzen: Das macht die industrielle Produktion nicht nur nachhaltiger, sondern auch wettbewerbsfähiger. Dazu werden Daten benötigt, aussagekräftig und verfügbar – siehe Manufacturing-X. Am besten mit Netzen, die in Echtzeit übertragen können: Bei der Hannover Messe können in diesem Jahr alle Ausstellenden, die 5G nutzen wollen, auch darauf zurückgreifen.

Brutaler Effizienzdruck

Markus Asch, Chef der hessischen Rittal-Gruppe, sprach im Vorfeld der Hannover Messe 2023 von einem „fast schon brutalen Druck auf die Effizienz“. Und davon, dass die aktuellen, teils widersprüchlichen Anforderungen „uns an mancher Stelle überfordern.“

Messe-Ausblick mit Jochen Köckler, Indonesiens Botschafter Arif Havas Oegroseno und Rittal-Chef Markus Asch (v.l.).

Unverzichtbare Nachhaltigkeit, zerbröselnde Lieferketten in der Beschaffung, wegbrechende Märkte für den Absatz, Energieversorgung mit Preissprüngen und Unsicherheiten, Fachkräftemangel: Das, so Asch, sei nur zu meistern, wenn man beginnt, die Dinge anders zu sehen und ganzheitliche Lösungen zu finden: „Wir sind in der industriellen Transformation.“ Er forderte unter dem Stichwort Sektorenkopplung eine Vernetzung der industriellen Ökosysteme. Und dann ein Satz, der die hannoverschen Messeleute zutiefst freuden dürfte: „Und die Messe ist das Forum.“

Hannover Messe als Denkfabrik

Das zielt auf den so oft beschworenen Charakter des hannoverschen Industriegipfels als Querschnittsmesse. Hier kommt an fünf Messetagen das Know-how der Industrie zusammen. Und zwar nicht nur, um Lösungen zu zeigen, sondern um Lösungen zu finden: „Die Hannover Messe ist nicht nur Leistungsschau: Innovationen entstehen auf der Messe“, erklärte Asch, der auch Mitglied im Ausstellerbeirat der Messe ist. Mit den Themenforen, den über 1100 Vorträgen und Tausenden Fachleuten aus aller Welt werden die Messehallen zu Denkfabriken der Industrie. Und so soll Hannover eine Gegenposition einnehmen „zu Angst und Depression, zu negativer Einstellung“, wie Messechef Köckler nicht ohne gewisses Pathos erklärte. Bereits Wochen vor der Messe hatte er eine Botschaft formuliert, die von Hannover ausgehen soll: Die Industrie spielt eine entscheidende Rolle bei der Herausforderungen dieser Zeit. Ziemlich selbstbewusst hat die Messe diese Botschaft auch in ihre Werbung aufgenommen, bis hin zu einer ganzseitigen Zeitungsanzeige, bei dem das übliche „Save the Date“ – für die Hannover Messe der 17. bis 21. April – kurzerhand in ein „Save the World“ geändert war. Also: Die Industrie muss ihren ihren Beitrag leisten, und sie kann’s: „Wir haben es selber in der Hand.“

 

Mitfahrgelegenheit, autonom: Zwei Fahrzeuge des französischen Software-Spezialisten EasyMile sind während der Hannover Messe im Einsatz.

www.hannovermesse.de

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