Die Wertgarantie-Gruppe bewegt sich auf Vor-Corona-Niveau und setzt künftig ausschließlich auf die Versicherung von Reparaturkosten für technische Geräte.
Als Unternehmen sehr gut durch ein Jahr gekommen, das statt einer Rückkehr zur Normalität nach Corona einen Krieg inmitten Europas brachte: So blickt Wertgarantie-Chef Patrick Döring auf 2022. In einer von Krisen geprägten Zeit ist Kaufzurückhaltung für einen Reparaturkosten-Versicherer für technische Geräte und Fahrräder ein Thema. Es sei aber gelungen, im vergangenen Jahr an 2019 anzuschließen, so Döring, „das letzte planbare Jahr mit einem stabilen Konsumklima.“ Was in unter dem Strich bedeutet: Die Wertgarantie zählte rund 1,8 Millionen Neuverträge und erreicht damit Vor-Corona-Niveau. In den Bereichen Konsum-Elektronik und Fahrrad sei mit 7,2 Millionen Verträgen ein Rekordbestand erreicht worden, erklärte der Vorstandsvorsitzende bei der Bilanzvorstellung Mitte März.
Die Beitragseinnahmen betrugen 373 Mio. Euro und liegen damit rund 13 Mio. Euro unter Vorjahr. Allerdings wurden dabei die Tierkrankenversicherung Agila nur im ersten Halbjahr eingerechnet: Der Verkauf dieses Geschäfts mit Wirkung zum 1. Juni 2022 steht kurz vor dem Abschluss. Es fehlen lediglich noch letzte Genehmigungen, heißt es von Seiten der Wertgarantie. Der Konzernjahresüberschuss liegt mit gut 35 Mio. Euro knapp 4 Mio. Euro unter dem Ergebnis 2022.
Der hannoversche Spezialversicherer will sich künftig im eigenen Geschäft auf die technischen Bereiche konzentrieren. Die 1994 gegründete Agila wird von der britischen Pinnacle Pet übernommen. Dafür erhalten die Hannoveraner eine Beteiligung an der auf Tierversicherung und -gesundheit spezialisierten Gruppe mit Sitz in Borehamwood im Großraum London. Deren Höhe steht noch nicht endgültig fest, wird aber nach Dörings Worten zwischen 15 und 20 Prozent liegen. Döring selbst wird in den Aufsichtsrat von Pinnacle Pet einziehen.
Gut 90 der aktuell 770 Wertgarantie-Beschäftigten in Hannover arbeiten für die Agila. Sie wechseln zum neuen Eigentümer, werden aber weiter am bisherigen Standort in der hannoverschen Innenstadt arbeiten. Pinnacle Pet wurde erst 2021 von der Luxemburger JAB Holding Company als Beteiligungsgesellschaft einer traditionsreichen Unternehmerfamilie aus Ludwigshafen gemeinsam mit der BNP Paribas Cardif gegründet. Unter ihrem Dach wird derzeit ein europaweiter Tierkrankenversicherer geformt. Im vergangenen Jahr hatte Pinnacle Pet neben der Agila das Tierkrankengeschäft eines niederländischen Unternehmens übernommen und im Oktober die C&F Pet Insurance UK. Ohne Agila hat Pinnacle rund eine Million Verträge im Bestand. Die Hannoveraner steuern noch einmal mehr als 400.000 bei.
Die Agila-Beschäftigten eingerechnet, arbeiten derzeit europaweit rund 1200 Menschen für die Wertgarantie-Gruppe, die unter anderem in Österreich, Frankreich und Spanien technische Versicherungen anbietet.
Im vergangenen Jahr verzeichnete die Wertgarantie Zahlungen für Schäden in Höhe von rund 189 Mio. Euro. Die Schaden-Kosten-Quote lag bei 84 Prozent und damit knapp 3 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr. Patrick Döring weist dabei auf den Aspekt der Nachhaltigkeit hin: Von den technischen Geräten, die bei Wertgarantie versichert sind, werden 68 Prozent repariert und damit weiter genutzt. Bei den Fahrrädern sind es 97 Prozent. Der Rest fällt jeweils auf Diebstähle oder Totalschäden.
Nachhaltigkeit ist auch im Bonussystem für die Beschäftigten verankert: Die Verringerung des CO2-Fußabdrucks pro Mitarbeitendem ist ein Erfolgskriterium für die Bonuszahlungen.
Im Jubiläumsjahr – die Wertgarantie entstand 1963 als Versicherer für Fernsehgeräte – will das Unternehmen weiter wachsen. Auch ohne Agila peilt Gruppe Beitragseinnahmen im Bereich von 390 Mio. Euro an. Dabei setzt die Gruppe wie seit jeher auf den Vertrieb der Geräte- und Fahrradversicherungen über den Fachhandel, dessen Beschäftigte – wie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wertgarantie – unter anderem in der Wertgarantie Akademie geschult werden. Neu sind Versicherungen für Schmuck, Uhren und Hörgeräte. Ziel sei es, so Patrick Döring, die Zahl der versicherten Geräte pro Kunde zu steigern. Dazu zählen auch Gebrauchtgeräte: Wertgarantie will ab April anlässlich des 60-jährigen Bestehens ein Geburtstags-Komplettschutz anbieten, der dafür noch mehr Leistungen für Geräte umfasst – „egal, wo gekauft, egal, wie alt.“ So Patrick Döring.
