Die Talanx-Gruppe hat das Geschäftsjahr 2022 mit einem Rekord bei den Beitragseinnahmen und beim Konzernergebnis abgeschlossen.
Wie zufrieden Talanx-Chef Torsten Leue mit dem Jahr 2022 war, konnte man ihm bei der Online-Bilanzpressekonferenz Mitte März nicht nur ansehen: Abseits vom nüchternen Geschäftsberichtston sprach er von „tollen Geschäftszahlen.“ Und, was das Plus bei den Bruttoprämien angeht: „Acht Milliarden drauf: Das ist was.“
Tatsächlich stiegen die gebuchten Bruttoprämien im Talanx-Konzern in dieser Größenordnung, genau um 17,4 Prozent auf den Rekordwert von 53,4 Mrd. Euro. Und auch beim Konzernergebnis ein neues Allzeithoch: Es stieg im vergangenen Jahr um fast 16 Prozent auf 1,17 Mrd. Euro. Und das bei heftigem Gegenwind, im wahrsten Sinn des Wortes: Vor allem Stürme führten neben anderen Wetterereignissen zum höchsten Großschadenvolumen in der Unternehmensgeschichte mit fast 2,2 Mrd. Euro: „Der Klimawandel ist da“, kommentierte Talanx-Finanzvorstand Jan Wicke. Hinzu kommen kommen Corona und der russische Angrifskrieg gegen die Ukraine. In der kühlen Sprache von Unternehmensmitteilungen liest sich das unter dem Strich so: „Wir sind in einem stark veränderten Marktumfeld profitabel gewachsen, haben unsere sehr guten Ergebnisse nochmals gesteigert und unsere Resilienz bewiesen.“ Sagt Torsten Leue.
Weitere Zahlen eines guten Geschäftsjahres: Mit 12,9 Prozent liegt die Eigenkapitalrendite 2022 sowohl über dem Wert des Vorjahres (9,6 %) als auch über dem angestrebten Mindestwert (8,4 %). Auf der Grundlage dieser Zahlen soll die Talanx-Hauptversammlung eine eine deutliche Erhöhung der Dividende um 40 Cent auf 2 Euro je Aktie beschließen.
Auf im laufenden Geschäftsjahr will der hannoversche Versicherungskonzern das jetzt erreichte Niveau weiter steigern. Für 2023 erwartet die Gruppe ein Ergebnis von rund 1,4 Mrd. Euro. Das Geschäftsvolumen wird allerdings von diesem Jahr an neu gemessen: Statt wie bislang um gebuchte Bruttoprämien geht es künftig um den etwas anders zusammengesetzten Versicherungsumsatz. Am grundsätzlichen Ziel ließ ein augenscheinlich gut gelaunter Finanzvorstand Wicke aber keinen Zweifel: Es sei geradezu „die Mission der Talanx, weiter zu wachsen.“ Und das schneller als die Konkurrenz.
Die Zufriedenheit mit dem Geschäftsjahr 2022 zieht sich durch alle Bereiche. Die Erstversicherung, so Torsten Leue, hat ihr Ergebnis ebenso wie die Rückversicherung gesteigert. Die zum Talanx-Konzern gehörende Hannover Rück hatte wenige Tage zuvor ihre Geschäftszahlen vorgestellt mit einem Zuwachs bei der Bruttoprämie von fast 20 Prozent auf gut 33 Mrd. Euro. Bei konstanten Währungskursen hätte das Wachstum 12,7 Prozent betragen. Die umfangreichsten Großschäden in Schaden-Rückversicherung waren 2022 der Hurrikan Ian im vergangenen Herbst, das Hochwasser in Australien sowie die Februar-Stürme in Europa. Auch die Reservierungen im Hinblick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine beeinflussten das Geschäftsergebnis. Im Segment Personen-Rückversicherung war die Corona-Pandemie zwar weiterhin ein starker Einflussfaktor; die rückläufige Bedeutung der Pandemie setzte sich aber über den Jahresverlauf kontinuierlich fort. Insgesamt belief sich das operative Ergebnis der Hannover Rück 2,5 Mrd. Euro nach rund (1,7 Mrd. Euro im Jahr zuvor. Der Beitrag zum Talanx-Konzernergebnis legte um fast 100 Mio. Euro auf 707 Mio. Euro zu. In der Personen-Rückversicherung ist Corona noch spürbar, so Hannover-Rück-Chef Jean-Jaques Henchoz, aber rückläufig.
Die verschiedenen Erstversicherungssparten der Talanx haben insgesamt 541 Mio. Euro zum Konzernergebnis beigesteuert, fast zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Vor allem das internationale Geschäft habe dazu erheblich beigetragen, betonte Torsten Leue. Der Auslandsanteil an den Talanx-Prämieneinnahmen erreichte 83 Prozent, drei Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor.
Die etwas höhere Schaden-Kosten-Quote von 98,9 Prozent gegenüber 97,7 Prozent 2021 Leue vor allem mit Reserven, die für den Krieg in der Ukraine gebildet wurden, sowie den Folgen der Naturkatastrophen zurückzuführen. Für potenzielle Zahlungen an Kunden im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat die Talanx-Gruppe insgesamt 367 Mio. Euro reserviert. Das Großschadenvolumen infolge von Naturkatastrophen beläuft sich im Geschäftsjahr 2022 auf 1,5 Mrd. Euro, wovon allein 386 Mio. Euro den Hurrikan Ian entfielen.
Torsten Leue wies ausdrücklich auf die Entwicklung der Industrieversicherung hin. Hier liegt der Ursprung des vor 120 Jahren als Haftpflichtverband der Deutschen Industrie, kurz HDI, gegründeten Versicherer. Die Prämieneinnahmen stiegen im Geschäftsjahr 2022 mit knapp 18 Prozent auf 8,9 Mrd. Euro. Auch im Geschäftsbereich Privat- und Firmenversicherung International stiegen die gebuchten Bruttoprämien im Geschäftsjahr 2022 zweistellig um rund 16 Prozent auf 7,1 Mrd. Euro, und in gleicher Größenordnung stieg auch das operative Ergebnis auf 341 Mio. Euro. In diesem Bereich schlug auch der Verkauf des Russland-Geschäft mit einem Minus von 23 Mio. Euro zu Buche. Zufrieden wurde in Hannover aber registriert, dass das Talanx-Geschäft in allen Kernmärkten des Konzerns weltweit stattfand.
Allein im dritten Erstversicherungsbereich des Konzerns, der Privat- und Firmenversicherung Deutschland, blieben die Prämieneinnahmen mit 6 Mrd. Euro unter Vorjahr (6,2 Mrd. €), und auch das operative Ergebnis ging über mehr als 20 Mio. Euro auf 263 (286) Mio. Euro zurück. Höhere Versicherungsleistungen nach Großschäden und inflationsbedingt höhere Schadenkosten trugen zu dieser Entwicklung bei. Das höhere Zinsniveau wirkte sich aber positiv auf die Lebensversicherungsaktivitäten aus.
Das Kapitalanlageergebnis der Talanx lag im Wesentlichen aufgrund niedrigerer Abgangsergebnisse bei 3,7 Mrd. Euro und damit 1 Mrd. unter dem Vorjahr.